- Das Saarland hat im Rahmen eines Modellprojekts zahlreiche Lockerungen vorgenommen.
- Die hohe Sieben-Tage-Inzidenz führte nach weniger als einer Woche bereits zur Ausweitung der Testpflicht – die Corona-Ampel sprang auf Gelb. Einrichtungen wie die Aussengastronomie sind weiterhin geöffnet.
- Die "Bundesnotbremse" kann durch eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes zum Lockdown führen.
Das Saarland hat am Dienstag nach Ostern einen Modell-Versuch basierend auf Corona-Tests gestartet. Seither galten verschiedene Lockerungen, die jeweils an einen negativen Test gebunden waren. Kinos, Theater und Konzerthäuser durften wieder öffnen. Die Voraussetzung dafür war die Kontaktnachverfolgung durch die Einrichtungen, die Besucher mussten einen aktuellen, negativen Test vorlegen.
Restaurants konnten ihre Aussengastronomie wieder in Betrieb nehmen und Gäste nach vorheriger Terminbuchung empfangen. Eine Kontaktnachverfolgung durch die Gastronomie war ebenfalls Pflicht. Kontaktsportarten wie Fussball waren im Aussenbereich ebenso erlaubt wie kontaktfreier Sport in der Halle – jeweils mit negativem Test.
Testpflicht wieder ausgeweitet
Zu Beginn der Modellphase stand die sogenannte Corona-Ampel auf Grün. Bei einem gesteigerten Infektionsgeschehen sollten zusätzliche Massnahmen in Kraft treten und die Ampel auf Gelb oder sogar Rot geschaltet werden. "Der Ministerrat hat die aktuelle Infektionslage im Saarland ständig im Blick und bestimmt diese Stufe", heisst es auf Anfrage unserer Redaktion an das saarländische Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie. "Dabei werden unter anderem der landesweite Inzidenzwert, die epidemiologische Lage als auch die Situation in den Krankenhäusern und auf den Intensivstationen berücksichtigt."
Die Freiheiten im Saarland waren von kurzer Dauer. Bereits sechs Tage nach Beginn des Modell-Versuchs lag die landesweite Inzidenz drei Tage in Folge über 100. Für diesen Fall sah der Drei-Stufen-Plan des Saarlands die "Gelbe Ampel" und damit eine Ausweitung der Testpflicht vor.
Kunden müssen seither im Einzelhandel, beim Friseur oder bei Kosmetikern ein aktuelles, negatives Testergebnis vorweisen, Ausnahmen gelten für die Grundversorgung. "Wir haben zu Beginn des Saarland-Modells immer wieder betont, dass bei einem Anstieg der Infektionen weitere Testpflichten eingeführt werden und wir die Ursachen des weiteren Infektionsgeschehens genau analysieren", erklärt die saarländische Gesundheitsministerin Monika Bachmann. "Je mehr wir testen, desto mehr Infektionen decken wir auf – das wird uns in Kombination mit der digitalen Kontaktnachverfolgung helfen, die Infektionsketten schnell zu durchbrechen."
Mutationen verantwortlich für steigende Zahlen
In den meisten Bundesländern ist eine Zunahme der Sieben-Tage-Inzidenz zu beobachten, im Saarland ist diese Entwicklung laut aktuellem Lagebericht des RKI vom 13. April besonders stark. Inzwischen liegt die Sieben-Tages-Inzidenz bei 133, von den Erkrankten werden nach Angaben des Gesundheitsministeriums 172 stationär behandelt, davon 55 intensivmedizinisch. Insgesamt sind 2.343 Personen aktiv infiziert (Stand 14.4.). Zum Vergleich: Am 6. April zu Beginn des Modell-Versuchs waren es noch 1.612 Infizierte.
In saarländischen Kliniken müssen aktuell vermehrt jüngere Patienten auf der Intensivstation behandelt werden, berichtet der Saarländische Rundfunk. Dies sei auf die Impfungen der älteren Menschen zurückzuführen, allerdings auch auf die Mutanten, ein riskanteres Sozialverhalten und die generell hohe Inzidenz.
Die Verbreitung der Coronavirusmutationen führt nach den Meldungen der Gesundheitsämter zu einer Zunahme der Infektionsfälle, besonders im familiären sowie beruflichen Bereich. "Regelmässige Testungen sind daher noch bedeutender, um Infektionsketten frühzeitig zu erkennen und einzugrenzen", betont Gesundheitsministerin Bachmann.
Die Notbremse droht
Wenn das Infektionsgeschehen nicht unter Kontrolle bleibt, erfolgt ein konsequenter Lockdown. "Bei einer drohenden Überlastung des Gesundheitssystems sieht der Drei-Stufen-Plan innerhalb des Saarland-Modells die sogenannte Rote Ampel vor", heisst es auf Anfrage seitens des Gesundheitsministeriums. In diesem Fall werden alle Öffnungsschritte zurückgenommen.
Der Saarland-Modellversuch könnte aber auch durch eine einheitlich geregelte "Bundesnotbremse" beendet werden. Das Kabinett hat dazu Ergänzungen des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, die die vereinbarte Notbremse bei einer Inzidenz von über 100 verbindlich für alle Bundesländer vorschreiben. Zu den Regelungen zählen unter anderem strikte Kontaktbeschränkungen und Ausgangssperren. Zudem dürften Geschäfte, Freizeiteinrichtungen oder Restaurants in Hotspots nicht mehr öffnen.
Verwendete Quellen:
- Schriftliche Anfrage an das saarländische Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie
- Saarländisches Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Saarland-Modell: Ampel springt von Grün auf Gelb
- Saarländisches Ministerium für Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie: Die Ampel des Saarland-Modells
- Robert-Koch-Institut: Aktueller Lage-/Situationsbericht des RKI zu COVID-19 vom 13.4.2021
- Saarländischer Rundfunk. Mehr jüngere Covid-19-Intensivpatienten im Saarland
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