Sommerurlaub ade? Seit rund zwei Monaten ist das Reisen in der EU nur noch sehr begrenzt möglich. Nun sollten die Reise-Einschränkungen ganz vorsichtig gelockert werden, empfiehlt die EU-Kommission. Heute präsentiert sie ihre Vorschläge.
Der Sommerurlaub muss aus Sicht der EU-Kommission wegen der Coronakrise nicht zwingend ausfallen. "Wir werden definitiv im Sommer eine Touristensaison haben, allerdings mit Sicherheitsmassnahmen und Einschränkungen", sagte EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni der "Süddeutschen Zeitung".
An diesem Mittwoch präsentiert die Brüsseler Behörde Empfehlungen an die EU-Staaten, wie es doch noch klappen könnte - ohne dass es zu einem heftigen Anstieg an Corona-Infektionen kommt. Die Vorschläge im Überblick:
Die Grenzfrage in der Coronakrise
Die Grenzkontrollen sollten nach Ansicht der EU-Behörde vorsichtig und abgestimmt gelockert werden - aber nur, falls die Virus-Situation es zulässt. Zu forsches Vorgehen könne zu einem Wiederanstieg an Infektionen führen, heisst es im Entwurf der Empfehlungen, der der dpa vorliegt.
Sobald die Viruszirkulation reduziert worden sei, sollten pauschale Einschränkungen durch gezielte Massnahmen ersetzt werden. Zunächst solle dort gelockert werden, wo die epidemiologische Situation in beiden Ländern vergleichbar sei.
Es müsse genügend Test- und Krankenhauskapazitäten geben. Zudem sollten die Hygiene-Vorgaben in beiden Ländern gleich sein. Abstandsgebote müssten eingehalten und Infektionsketten verfolgt werden können. Freiwillige Apps könnten dabei helfen.
Deutschland und die Grenzkontrollen
Deutschland kontrolliert seit Mitte März seine Grenzen zu mehreren Nachbarstaaten. Innenminister
Die Entscheidung, ob sie über Freitag hinaus verlängert werden, ist wahrscheinlich ebenfalls an diesem Mittwoch zu erwarten. Bundeskanzlerin
Auch in der Regierungsbefragung Merkels im Bundestag dürften Fragen zu weiteren Lockerungen etwa an den Grenzen zu den Nachbarstaaten kommen.
Warum sind offene Grenzen so wichtig
Die EU-Kommission betont den Stellenwert des freien Reisens - für die schwer von der Pandemie getroffene Branche, aber auch für Bürgerinnen und Bürger. Wenn man es koordiniert und sicher angehe, könnten die kommenden Monate den Europäern dringend benötigte Erholung verschaffen. Dann könnten die Menschen Freunde und Familie über Ländergrenzen hinweg wiedersehen.
Voraussetzungen für den Sommerurlaub 2020
Die EU-Kommission macht mehrere Vorgaben. Am wichtigsten sei, dass die Ausbreitung des Virus im Zielland deutlich zurückgegangen sei und für längere Zeit auf niedrigem Niveau bleibe. Zudem müsse es ausreichend Kapazitäten im Gesundheitssystem geben, damit Krankenhäuser nicht von einem möglichen Anstieg an Infektionen überwältigt würden.
Auch müsse es ausreichend COVID-19-Tests geben. Vor ihrem Urlaub sollten Verbraucher auf einer Online-Karte prüfen können, wie die Situation in ihrem Zielort ist. Eine solche Karte, in denen einzelne Regionen angezeigt werden können, solle nun aufgesetzt werden.
Hygienepflichten für Hotels
Das Personal von Hotels müsse geschult werden, Gäste sollten regelmässig über Neuigkeiten der Behörden informiert werden. Für den Fall eines Corona-Ausbruchs müsse eine Kontaktverfolgung gewährleistet sein.
Für Restaurants oder Cafés solle eine Maximalzahl an Gästen festgelegt werden. Zudem könnten Slots für die Mahlzeiten, den Pool oder das Fitnessstudio erwogen werden. Grundlegende Corona-Regeln müssten eingehalten werden: etwa ein Mindestabstand oder regelmässiges Händewaschen.
Gutschein oder Erstattung?
In dieser Frage bleibt die EU-Kommission hart. Verbraucher sollten im Falle abgesagter Reisen weiterhin die Wahl haben. Nach EU-Recht müssen Anbieter die Kosten für Flugtickets und Pauschalreisen erstatten. Deutschland will Verbraucher jedoch dazu verpflichten, bei Absagen in der Coronakrise vorerst einen Gutschein statt einer Erstattung zu akzeptieren.
Weil die EU-Kommission zuletzt wenig Entgegenkommen gezeigt hatte, gibt es in der Koalition zunehmend Stimmen, nach Alternativen zu suchen - etwa einen Fonds für die Reisebranche. Andere Staaten haben bereits nationale Regelungen erlassen, die dem EU-Recht widersprechen.
Die EU-Kommission empfiehlt den EU-Staaten nun, die Gutscheine möglichst attraktiv zu machen. Sie sollten gegen eine Insolvenz des Anbieters abgesichert werden und bis zu ihrem Ablauf gegen Geld eingetauscht werden können. Ausserdem sollten sie auch für andere Produkte des Unternehmens genutzt werden können.
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Auch die Quarantänevorschriften für EU-Bürger, die in ein anderes EU-Land reisen, sollten aufgehoben werden, fordern 18 Präsidiumsmitglieder und Leiter nationaler Delegationen der Europäischen Volkspartei (EVP) am Dienstag in einem Brief an ihre deutsche Parteifreundin. Das Schreiben lag dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Mittwoch) und der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vor.
Auch deutsche Politiker und der Handel machen Druck
"Wir wollen, dass die EU-Bürger möglichst bald wieder in Europa reisen können", sagte der Tourismusbeauftragte Thomas Bareiss den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Grünen-Bundestagsfraktion wird laut RND am Donnerstag einen Antrag in den Bundestag mit der Forderung an die Bundesregierung einbringen, "schnellstmöglich alle aktuellen mit Blick auf die Infektionslage nicht zwingend notwendigen Einschränkungen im Personenverkehr in Grenzregionen zurückzunehmen".
Der Hauptgeschäftsführer des Einzelhandelsverbandes HDE, Stefan Genth, forderte die EU-Kommission im "Tagesspiegel" auf, den Binnenmarkt "so schnell wie möglich wieder vollständigherzustellen".
FDP-Fraktionsvize Michael Theurer mahnte im "Handelsblatt", Innenminister Horst Seehofer (CSU) müsse "endlich seine Blockade gegen Grenzöffnungen aufgeben." Dagegen mahnte der CDU-Innenexperte Armin Schuster im RND zur Vorsicht: "Wir sollten die Grenzkontrollen nicht sofort beenden, weil das nicht synchron laufen würde zu den inländischen Lockerungen. Ausserdem behalten andere Länder ihre Grenzkontrollen ebenfalls bei. Würden wir die Kontrollen komplett aufheben, wäre es Gesundheitsämtern in bestimmten Landkreisen nicht mehr möglich, Infektionsketten nachzuvollziehen." (jwo/dpa)
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