Nach dem brutalen Mord an einem dreijährigen Jungen ist seine Halbschwester zu mehr als sieben Jahren Jugendhaft verurteilt worden. Das Tatmotiv aber bleibt auch nach dem Urteil des Landgerichts Detmold eher im Dunkeln.
Das Motiv für die Tat ist auch nach dem Urteil eher vage geblieben. Ein Gerichtssprecher nannte das Wort Geschwisterrivalität. Der Anwalt der 15-Jährigen wollte sich auf dem Gerichtsflur des Landgerichts Detmold zum Schutz der Persönlichkeit seiner Mandantin zum Warum nicht weiter äussern.
Siebeneinhalb Jahre Haft wegen Mordes
Kurz zuvor war am Mittwoch die Jugendliche wegen Mordes zu einer Jugendhaft von siebeneinhalb Jahren verurteilt worden. Für das Landgericht in Nordrhein-Westfalen hatte der zweitägige Prozess eindeutig erwiesen, dass das Mädchen am Abend des 6. November 2019 ihren dreijährigen Halbbruder im Schlaf getötet hat. Nach dem Ergebnis der Obduktion starb das Kleinkind durch 28 Messerstiche.
"Beim Strafrahmen hat das Gericht positiv bewertet, dass die jetzt Verurteilte ein umfassendes und uneingeschränktes Geständnis abgelegt hat", sagte Gerichtssprecher Wolfram Wormuth nach der Urteilsbegründung. Der ganze Prozess fand zum Schutz der 15-Jährigen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Mädchen habe in der Verhandlung keine Ausflüchte geäussert, sagte der Sprecher. Auch sei die 15-Jährige nicht vorbestraft. Auch das sei ihr bei der Strafbemessung positiv angerechnet worden.
Auch habe das Gericht die schwierigen persönlichen Lebensverhältnisse bewertet. Details wollte der Sprecher zum Schutz des Mädchens nicht nennen. Bei der Höhe der Strafe habe aber auch das Bild der "erheblichen Brutalität" am Tatort eine Rolle gespielt.
Höchststrafe von zehn Jahren wäre möglich gewesen
Während die Mutter der beiden Kinder nach dem Urteil auf dem Gerichtsflur in Tränen ausbrach, äusserte sich der Verteidiger der 15-Jährigen. Nach dem Verlauf der Hauptverhandlung sei das Urteil nachvollziehbar, sagte Helmut Wöhler. Der Anwalt hatte für seine Mandantin eine Jugendstrafe zwischen sechs und sieben Jahren gefordert, während sich die Anklage für acht Jahre ausgesprochen hatte. Nach dem Jugendstrafrecht wäre eine Höchststrafe von zehn Jahren wegen Mordes möglich gewesen.
Seiner Mandantin sei vor dem Prozess klar gewesen, dass sie eine Strafe bekommt. "Ich glaube nicht, dass ihr jetzt bereits bewusst ist, was das Urteil für sie bedeutet", sagte ihr Verteidiger. Direkt gesprochen habe er nach dem Schuldspruch zu dem Zeitpunkt mit ihr noch nicht. Wöhler sprach von einem aussergewöhnlichen Verfahren, bei dem besonders die Suche nach dem Motiv im Vordergrund gestanden habe. Details wollte er nicht nennen, verwies aber auf den psychiatrischen Gutachter, der die Schuldfähigkeit der 15-Jährigen nach seiner Schilderung am zweiten Prozesstag bejaht hatte.
Der Fall hatte bundesweit Entsetzen ausgelöst. Laut Anklage hat die Jugendliche mit 28 Stichen auf ihren schlafenden Halbbruder eingestochen und den Dreijährigen getötet. Die Eltern waren zu diesem Zeitpunkt nicht in der Wohnung. Die 15-Jährige selbst hatte sich nach ihrer Festnahme als Täterin bezeichnet, aber Erinnerungslücken angegeben. Angehörige hatten am Abend die Leiche des Jungen gefunden und die Polizei alarmiert.
Mädchen hatte tiefe Abneigung gegen Halbbruder entwickelt
Die Jugendliche war am Folgetag im etwa neun Kilometer entfernten Lemgo festgenommen worden. Ein Zeuge hatte sie bei ihrer Flucht beobachtet und die Polizei gerufen. Als ein Beamter die 15-Jährige festnahm, leistete sie keinen Widerstand und war nach Angaben der Detmolder Staatsanwaltschaft in "ruhiger Verfassung".
Sie soll die Nacht zuvor im Freien verbracht und den Weg in die Nachbarstadt zu Fuss auf unbefestigten Wegen zurückgelegt haben.
Bereits kurz nach ihrer Festnahme hatte die Staatsanwaltschaft davon gesprochen, dass das Mädchen wohl eine tiefe Abneigung gegen den Halbbruder entwickelt habe. Laut Verteidiger hatte seine Mandantin mit dem psychiatrischen Gutachter kooperiert. Ob die 15-Jährige jetzt nach dem Urteil selbst weiss, warum sie getötet hat, dazu wollte Wöhler nichts sagen. © dpa
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