Arno Funke, Leipzig 1999
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Mit einem Erpresserschreiben, das 1988 beim Kaufhaus des Westens, dem KaDeWe, eingeht, beginnt die Geschichte um den Erpresser Arno Funke alias "Dagobert". Er fordert damals 500.000 Mark und zündet als Warnung eine Bombe im Kaufhaus. Verletzt wird niemand. Der Kaufhauskonzern Hertie geht auf die Forderung ein und zahlt. Vier Jahre später dann die nächste Forderung an den Karstadt-Konzern: 1 Million Mark. 1992 liest man in einer Zeitungsannonce im Hamburger Abendblatt: "Onkel Dagobert grüsst seine Neffen". Es ist das von Funke geforderte Zeichen, das die Zahlungsbereitschaft des Konzerns verdeutlicht. So kommt Funke zu dem Spitznamen "Dagobert".
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Für eine Geldübergabe zeichnet Arno Funke eine Skizze zur Verdeutlichung des Ablaufs. Mit dem Hinweis: "Fallen Sie bitte nicht mit dem Geld ins Wasser!" Mehrere Geldübergaben im September und Oktober 1992 schlagen fehl.
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Weil sich der Karstadt-Konzern weigert, die Millionenforderung zu erfüllen, verübt "Dagobert" in Hamburg, Bremen und Hannover Anschläge in Karstadt-Kaufhäusern. Im Oktober 1992 zeigt der Leiter der Sonderkommission, Ulrich Tille, eine Sonnenbrille und einen Werkzeugkasten aus dem Besitz von "Dagobert", sowie ein Muster eines Diktiergerätes, wie es der Erpresser benutzt hatte. Kurz zuvor war Arno Funke der Polizei erneut entwischt.
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Im April 1993 zeigt Kriminalkommissar Arthur Heins auf einer Pressekonferenz der Polizei in Berlin Beweisstücke, die der Kaufhaus-Erpresser "Dagobert" an verschiedenen Orten hinterlassen hatte. Wenige Tage zuvor war im Stadtteil Berlin-Britz die elfte Geldübergabe zwischen dem Täter und der Polizei gescheitert. Der Erpresser verschwand in der Kanalisation, bevor die Beamten zugreifen konnten.
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Mit dieser selbstgebauten Holzkiste gelang "Dagobert" die Flucht durch die Kanalisation. Die Kiste wurde über einen Gullydeckel gestellt, so konnte sie Arno Funke von unten öffnen und unbemerkt entkommen.
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Zwischen 1988 und 1993 liess Arno Funke sechs Bomben in Kaufhäusern des Konzerns Karstadt explodieren und erpresste das KaDeWe erfolgreich um 500.000 Mark. Für eine der Geldübergaben - insgesamt scheiterten 29 von ihnen - baute "Dagobert" eine Lore. Heute steht sie in der Polizeihistorischen Sammlung der Polizei Berlin.
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Nach fast zweijähriger Fahndung mit zahllosen Pannen wird der Kaufhaus-Erpresser "Dagobert" schliesslich am 22. April 1994 von der Polizei verhaftet. Von dieser Telefonzelle im Berliner Bezirk Treptow aus wollte der 44-jährige Arno Funke den 30. Versuch einer Geldübergabe mit dem Hamburger Karstadt-Konzern vereinbaren. Beim Verlassen der Telefonzelle konnten ihn die Beamten überwältigen.
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Polizisten und Juristen stehen vor dem Haus im Marmaraweg 12 in Berlin-Mariendorf, in dem der arbeitslose Elektriker Arno Funke mit seiner Frau und seinem Sohn in einer 70-Quadratmeter-Wohnung wohnte.
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Durch ein Laken verdeckt wird am 22. April 1994 die Ehefrau von Arno Funke von zwei Beamten durch den Garten zu ihrer Wohnung im Berliner Bezirk Tempelhof gebracht.
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Am 17. Januar 1995 beginnt der Prozess gegen Arno Funke am Berliner Landgericht und wird zum Medienspektakel: Mehr als 70 Medienvertreter haben sich akkreditieren lassen. Das sind mehr als beim einstigen Honecker-Verfahren.
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Im Prozess um Sprengstoffanschläge in sechs Fällen und räuberische Erpressung wird Arno Funke (r.) von seinem Anwalt Wolfgang Ziegler vertreten. In erster Instanz wird er zu sieben Jahren und neun Monaten Haft verurteilt, er legt Revision ein und wird im Juni 1996 zu neun Jahren Haft verurteilt. Funke erkennt Schadenersatzansprüche in Höhe von fünf Millionen Mark an. Im Prozess attestiert ihm ein Gutachter verminderte Schuldfähigkeit, weil er bei seiner Arbeit als Lackierer giftige Dämpfe eingeatmet hatte und diese sein Gehirn schädigten.
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Trotz der Erpressungen und mehrerer Bombenanschläge gab es für "Dagobert" in der Bevölkerung teils grosse Unterstützung. Bei einem Bundesligaspiel von Eintracht Frankfurt gegen den Hamburger SV am 30. April 1994 forderten Fans des HSV im Frankfurter Waldstadion: "Freiheit für Dagobert" .
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Schon 1994 wird die Suche nach "Dagobert" unter der Regie von Roland Suso Richter verfilmt. In "Das Phantom - Die Jagd nach Dagobert" übernehmen Jörg Gudzuhn und Dieter Pfaff die Rolle der Kommissare. Simone Thomalla spielt die Kaufhausassistentin Gina Lohr.
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Wegen guter Führung kommt Funke in den offenen Vollzug und kann deshalb 1999 eine Lesung in einer Leipziger Boulevard-Buchhandlung halten und seine Bücher signieren. Zuvor liest er im Programm von "Leipzig liest", dem Literaturfest zur Leipziger Buchmesse aus seinem Roman "Mein Leben als Dagobert".
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Am 14. August 2000 wird Arno Funke frühzeitig aus der Haftanstalt Plötzensee entlassen. Der inzwischen 50-Jährige will einen Neuanfang wagen - als Autor und Zeichner. Bei einer Münchner Produktionsfirma ist er offiziell als Drehbuchautor angestellt.
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2004 stellt Arno Funke - inzwischen Karikaturist beim Satiremagazin "Eulenspiegel" - sein Buch "Ente kross" im Rahmen der Ausstellung "Duckomenta" in der Urania in Berlin vor.
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Auch im Fernsehen ist Arno Funke alias "Dagobert" weiter präsent: 2013 nimmt er an der RTL-Show "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" sowie an der Vox-Sendung "Das perfekte Promi-Dinner" teil. Am Frankfurter Flughafen, auf dem Weg in das australische Dschungelcamp, zeichnet er eine Karikatur für einen Fan.
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Auch beim Public Viewing der RTL-Show "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus" im Berliner Hotel Pullmann Schweizer Hof Anfang 2024 ist er dabei (4. v. l.). Das Honorar nach seiner Teilnahme im Dschungelcamp 2013 überwies Funke nach Spiegel-Informationen an Karstadt.