- Das Mittelmeer wird erneut zur Todesfalle.
- Bei schwerer See verunglückt ein Boot mit Migranten kurz vor Erreichen des rettenden Ufers.
- Nun beginnt die Suche nach den Verantwortlichen.
Überlebende verharren in Decken gehüllt am Ufer, Rettungskräfte bergen Leichen aus dem Ionischen Meer: Erste Fotos zeigen das Ausmass des Bootsunglücks vor der süditalienischen Küste. Laut italienischer Küstenwache sind 43 Leichen gefunden worden.
Diese seien am Strand Steccato di Cutro in der Provinz Crotone in Kalabrien und im Meer entdeckt worden, hatten die italienische Nachrichtenagentur Ansa und der Fernsehsender RAI zuvor gemeldet. Die Küstenwache sprach am Sonntag von 80 geretteten Überlebenden.
"Dies ist ein böses Erwachen"
Die Opferzahl könne noch deutlich steigen, weil viele Leichen noch nicht aus dem Meer geborgen seien, meldete Ansa. Einige der Überlebenden hätten von mindestens 250 Menschen an Bord berichtet, andere von 180 gesprochen.
Laut Ansa waren auch viele Kinder und Frauen unter den Opfern. Ein Teil der Toten trieb auf dem Meer, andere seien am Strand gefunden worden. Steccato di Cutro ist ein Seebad in der Gemeinde Cutro am Zeh des italienischen Stiefels. Dort gib es verschiedene grössere Hotels.
"Dies ist ein böses Erwachen, das die Gemeinschaft aufwecken muss, damit ähnliche Tragödien nicht passieren", schrieb der Präsident des italienischen Roten Kreuzes, Rosario Valastro, auf Twitter. Italiens Innenminister Matteo Piantedosi forderte in einer ersten Reaktion ein schärferes Vorgehen gegen Schleuser. Es müsse verhindert werden, dass die Boote überhaupt in See stechen würden, forderte er.
Nach ersten Informationen waren die Migranten auf einem Fischerkutter unterwegs gewesen. Dieser sei bei schwerem Seegang auseinandergebrochen. Die Menschen seien ertrunken. Zur Nationalität der Opfer und zum Ausgangshafen des Kutters gab es zunächst keine Informationen.
Mittelmeerroute: Mehr als 25.000 Tote seit 2014
Jedes Jahr versuchen Tausende Migranten auf oft wenig seetauglichen Booten aus Nordafrika nach Italien und damit nach Europa zu gelangen. Viele versuchen auch aus Griechenland über das Ionische Meer Italien zu erreichen. Nach einem Bericht der Internationalen Organisation für Migration (IOM) starben seit Beginn der Erfassungen im Jahr 2014 mehr als 25.000 Menschen beim Versuch, auf der Mittelmeerroute nach Europa zu kommen.
Bei einer der schwersten Flüchtlingskatastrophen kamen im April 2015 vor der libyschen Küste zwischen 800 und 900 Menschen um. Das vollkommen überfüllte Schiff war gesunken, weil die Menschen an Bord in Panik geraten waren, als ein anderes Schiff zur Rettung nahte. Das Wrack wurde vom Meeresgrund geborgen, ein Schlepper Ende 2016 in Catania (Sizilien) zu 18 Jahren Haft verurteilt.
Nach Angaben des italienischen Innenministeriums sind in diesem Jahr bis einschliesslich Donnerstag schon 13.067 Migranten auf dem Seeweg ins Land gekommen, weit mehr als doppelt so viele wie im gleichen Vorjahreszeitraum (5273).
Ein neues Gesetz der rechten Regierung von Giorgia Meloni, das in der vorigen Woche vom Senat verabschiedet wurde, erschwert zudem die Arbeit ziviler Seenotretter. Der Grossteil der Migranten gelangt allerdings mit eigenen Schiffen und Booten nach Italien. (dpa/fte)
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