Glücksspiele aller Art gibt es schon sehr lange. Die Lotterie ist allerdings erst gut 500 Jahre alt. Sie stammt vermutlich aus Flandern oder Genua, von wo sie sich rasch über ganz Europa verbreitete. Denn mit Lotterien konnten Fürsten schnell ihre Schatullen füllen.

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Lotto war bei der Bevölkerung sehr beliebt, vor allem bei denen die wenig hatten. Sie hofften auf plötzlichen Reichtum, wurde jedoch meist nur ärmer. Deshalb blieben Lotterien lange sehr umstritten und wurden zeitweise auch verboten. Bis zum Lotto von heute, dessen Erlös dem Staat oder sozialen Einrichtungen zugute kommt, war es ein weiter Weg - wir zeichnen die Geschichte des Lottos nach.

Ursprünge aus Flandern

Wer die Lotterie erfunden hat, ist nicht sicher festzustellen. Es gibt jedoch zwei frühe Hinweise, die als Ursprünge des Lottos gelten. Der älteste stammt aus dem Jahr 1445. Damals musste die Stadt Sluis in Flandern ein neues Stadttor errichten, doch die Stadtkasse war leer. So verfielen die Stadtväter auf die neuartige Idee, Lose (auf niederländisch "Lot") für eine Lotterie zu verkaufen. Die örtlichen Kaufleute stifteten den Preis. Dieses erste Lotto war ein voller Erfolg und ermöglichte den Bau des Stadttortes.

Bald nutzen viele Städte und Fürsten aber auch Geschäftemacher und Betrüger die einfache Methode, um an Geld zu kommen. Mit Lotterien, die damals in Deutschland noch "Glückshafen" oder "Glückstopf" hiessen, wurden Schlösser, Gärten, Armeen oder öffentliche Bauten finanziert. Bekannte Beispiele dafür sind das "Neue Palais" Friedrich des Grossen in Potsdam oder das Zuchthaus in Bremen. Oft genug war Betrug mit im Spiel, so dass Lotterien in manchen Gebieten verboten wurden. Die Kirche bekämpfte das Glücksspiel von Anfang an.

Die bisher beschriebene Art der Lotterie nennt man passiv, weil die Teilnehmer ihre Glückszahlen nicht selbst wählen können, sondern ein Los mit einer festen Nummer oder Anteile davon kaufen müssen. Heutige Beispiele dafür sind das Spiel 77, die Klassenlotterie oder die spanische Weihnachtslotterie.

Ursprünge aus Italien

Der andere Ursprung der Lotterie ist in Italien zu suchen, genauer in Genua. Man kann es als zaghaften Versuch von Demokratie verstehen, was die Genuesen da alle zwei Jahre trieben, das "Lotto di Genova". Nach einem Staatsstreich in dem geschäftstüchtigen Stadtstaat wurden erstmals 1575 aus einer 90-köpfigen Bürgerliste fünf Senatoren in den Stadtrat gewählt. Dabei erweckt der Ausdruck "gewählt" einen falschen Eindruck, denn über die fünf Senatoren wurde per Los entschieden. Die Bürger wetteten nebenher auf den Ausgang dieses Losentscheids.

Die Stadt übernahm bald die Organisation dieser Wetten und führte 1643 - unabhängig von der Senatorenwahl - das reine Zahlenspiel "Lotto" ein, die klassische italienische Zahlenlotterie "5 aus 90" war geboren. Die fünf Nummern zog übrigens ein Waisenknabe aus dem Topf.

Weil man in dieser Form der Lotterie seine Glückszahlen selbst auswählen kann, wird sie aktiv genannt. Diese "Zahlenlotto" verbreitete sich rasch über Italien, zu "5 aus 90" trat noch die Variante "5 aus 120". In Mailand wurde Lotto 1665, in Rom 1670 eingeführt. In Neapel fand die erste Lotterie 1682 statt.

Von Italien nach ganz Europa

Zahlenlotto war zunächst nur in Italien populär. Erst als 1731 das Glücksspielverbot der Kirche von Papst Clemens XII. aufgehoben und Lotterien sogar gesegnet wurden, fand das Zahlenlotto seinen weg über die Alpen. Die erste Lotterie nach dem Prinzip "5 aus 90" in Deutschland fand 1735 in Bayern statt. Kurfürst Karl Albrecht hatte jedoch nicht den gewünschten Erfolg. Seine Lotterie ging nach fünf Ausspielungen Pleite. Der Grund dafür lag in den damals üblichen Gewinnplänen, die die Einnahmen nicht berücksichtigten. Die Bayern hatten als Hauptgewinn 21.000 Gulden ausgelobt, aber nur knapp 1.500 Gulden eingenommen.

Trotz der schlechten Erfahrung nahmen sich die Fürsten, die ja ohnehin schon mit den beliebten Waren- und Geldlotterien eine Menge verdienten, des Zahlenlottos an. In Preussen und in Österreich-Ungarn wurde es zum Beispiel 1763 eingeführt, als das Glücksspiel zum staatlichen Monopol wurde. Preussenkönig Friedrich der Grosse veranstaltete das Lotto "5 aus 90" unter eigener Regie, während Kaiserin Maria Theresia die Lottokonzession verpachtete. Damit war sie erfolgreicher und Friedrich der Grosse ging später ebenfalls dazu über, die Lottokonzession zu verpachten. Dies hatte den Vorteil, dass das Risiko ganz beim Pächter lag, die Einnahmen jedoch sicher dem Staat zugutekamen. Es folgten viele andere Reichsfürsten und auch Städte diesem Beispiel.

Zahlenlotterien wurden dermassen beliebt, dass sich Sorgen wegen Spielsucht breit machten. Viele Menschen stürzten sich ins Unglück, verkauften Haus und Hof, um ihre Spielchancen durch den Kauf von immer mehr Tippscheinen zu erhöhen. In den aufgeklärten Salons dieser Zeit wurden leidenschaftliche Diskussionen über Sinn und Unsinn des Zahlenlottos geführt. Letztlich siegte in Deutschland die Moral. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde das Zahlenlotto verboten. Nur in Süddeutschland blieb es noch bis 1862 erhalten. Andere Lotterien waren jedoch im ganzen Reich weiterhin erlaubt.

Erst 1955 wurde das Zahlenlotto in der Form "6 aus 49", wie wir es heute kennen, in der Bundesrepublik wieder eingeführt. Die Zusatzzahl kam 1956 hinzu. Die DDR hatte bereits 1953 das Zahlenlotto "5 aus 90" eingeführt. 1973 folgte das "Tele-Lotto 5 aus 35". Nach der Wiedervereinigung wurden diese Lotterien zugunsten des "6 aus 49" eingestellt.

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