Gewalt auf einer Abschlussfahrt, ein Messerangriff, überforderte Polizei und ein Hotel im Ausnahmezustand: Auf Mallorca gerät in der Nacht zum 16. April eine Schülerreise ausser Kontrolle. Der Vorfall sorgt für Diskussionen – auch über die Folgen des Massentourismus auf der Insel.

Mehr Panorama-News

Was als ausgelassene Abschlussfahrt begann, endete für viele Jugendliche mit Polizeieinsatz und Krankenwagen. Im beliebten Ferienort Alcúdia im Norden der Insel geriet eine Schülergruppe in einen handfesten Streit.

Laut der mallorquinischen Zeitung "Diario de Mallorca" entwickelte sich am 16. April aus einer kleineren Auseinandersetzung eine Massenschlägerei mit über 200 Beteiligten. Zunächst kam es in einem Nachtclub zu Handgreiflichkeiten, dann verlagerte sich die Gewalt auf die Strasse – und schliesslich ins Hotel "Bellevue". Dort waren zu der Zeit etwa 2.700 Jugendliche aus verschiedenen Ländern untergebracht, viele auf Abschlussfahrt.

24-Jähriger mit Messer verletzt

Die örtlichen Einsatzkräfte waren mit der Situation offenbar schnell überfordert. Zu viele Beteiligte, zu viele Schauplätze – der Einsatz geriet ausser Kontrolle. Erst mit Unterstützung der Guardia Civil gelang es, die Lage unter Kontrolle zu bringen. "Es herrschte Chaos", sagte ein Beamter gegenüber "Diario de Mallorca". Zurück blieben verletzte Jugendliche, beschädigtes Inventar – und viele traumatisierte Gäste.

Besonders dramatisch: Ein 24-jähriger Portugiese wurde mit einem Messer im Bauch verletzt. Lebensgefahr bestand laut Polizei nicht. Wie die "Bild"-Zeitung berichtet, handelt es sich beim mutmasslichen Täter um einen 18-jährigen Landsmann des Opfers. Er verliess Mallorca am Morgen nach der Tat in Richtung Portugal. Wenige Tage später wurde er auf einer Fähre nach Valencia festgenommen. Die spanischen Behörden prüfen nun strafrechtliche Schritte.

Mallorca: Bar von "Goodbye Deutschland"-Auswanderer abgebrannt

Bar von "Goodbye Deutschland"-Auswanderer abgebrannt - Polizei ermittelt

Schon zum zweiten Mal ist an Sohel Abdoulkhanzadehs Bar "Chucca" auf Mallorca Feuer gelegt worden. Die Polizei ermittelt.

Massentourismus auf Mallorca in der Kritik

Die Massenschlägerei fällt in eine Phase wachsender Unzufriedenheit mit dem Tourismus auf der Insel. Mallorca ist seit Jahrzehnten eines der beliebtesten Urlaubsziele Europas - jährlich besuchen mehr als 10 Millionen Menschen die Insel. Für viele Bewohner ist der Tourismus ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, er sichert Arbeitsplätze und Einkommen. Doch der Preis dafür wird zunehmend spürbar.

Die Zahl der Unterkünfte wächst, Verkehrsbelastung, Müllaufkommen und Mietpreise steigen. Vor allem in der Hochsaison sind Orte wie Palma, Magaluf oder Alcúdia regelmässig überfüllt. Auch die Wohnsituation hat sich verschärft: Immer mehr Wohnungen werden an Touristen vermietet, während Einheimische kaum noch bezahlbaren Wohnraum finden.

Hinzu kommt der so genannte Billigtourismus - etwa in Form von Partyreisen oder überdimensionierten Gruppenreisen mit hohem Alkoholkonsum und wenig Rücksicht auf Regeln und Anwohner. Der Vorfall in Alcúdia, bei dem hunderte feiernde Jugendliche in einer Massenschlägerei endeten, steht sinnbildlich für diese Entwicklung.

Bevölkerung geht auf die Strasse

Der Unmut der Bevölkerung wächst daher: Bei Protesten in Palma forderten vor wenigen Wochen Tausende mehr Regulierung - unter anderem strengere Auflagen für Ferienwohnungen, Beschränkungen für Reisegruppen und eine konsequente Durchsetzung von Lärmschutz- und Verhaltensregeln.

Die Balearenregierung hat bereits reagiert: Sie kündigte an, die Zahl der Gästebetten zu deckeln, neue Genehmigungen für Ferienwohnungen auszusetzen und stärker gegen illegale Vermietungen vorzugehen.

Doch wird das reichen? Viele Bewohner bezweifeln das - und fürchten, dass der soziale Frieden auf der Insel dauerhaft Schaden nimmt, wenn sich nichts Grundlegendes ändert.

Verwendete Quellen: