Afghanistan kommt nicht zur Ruhe. Weniger als zwei Wochen nach einem schweren Autobombenanschlag in Kabul hat sich auf einer Hochzeitsfeier in der Hauptstadt ein Selbstmordattentäter in die Luft gesprengt. Über 60 Menschen starben. Mindestens dreimal so viele wurden verletzt.
Es sollte ein fröhliches Fest werden, endete aber in einer Tragödie: Bei einem Selbstmordattentat in einer Hochzeitshalle in der afghanischen Hauptstadt Kabul sind am späten Samstagabend mindestens 63 Menschen getötet worden. Mindestens 182 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte der Sprecher des Innenministeriums, Nasrat Rahimi, am Sonntagmorgen über Whatsapp mit.
Zunächst bekannte sich niemand zu dem Angriff. In der Vergangenheit hatte aber vor allem die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) sogenannte weiche Ziele - also wenig geschützte - angegriffen. Der Sprecher der radikalislamischen Taliban, Sabiullah Mudschahid, bestritt in einer Mitteilung eine Beteiligung der Gruppe an dem Anschlag und verurteilte die Tat.
Laut Rahimi ereignete sich die Explosion kurz vor 23.00 Uhr in der Hochzeitshalle "Dubai" im Südwesten der Stadt.
"Alle rannten schreiend nach draussen"
Bei Hochzeiten in Kabul feiern Männer und Frauen in getrennten Räumen. Zumeist sind Hunderte Gäste geladen. Üblicherweise wird nach 22 Uhr das Abendessen serviert.
Der Augenzeuge Mohammed Farhag, der an der Hochzeitsfeier teilgenommen hatte, war nach eigenen Angaben zum Zeitpunkt der Explosion im Bereich für die Frauen. Die Explosion habe sich im Männerbereich ereignet.
"Alle rannten schreiend und weinend nach draussen", sagte Farhag der Nachrichtenagentur afp. "Etwa 20 Minuten lang war die Halle voller Rauch. Fast alle im Männerbereich sind entweder tot oder verletzt." Auch zwei Stunden nach dem Anschlag seien immer noch Leichen aus der Halle gebracht worden.
Ein anderer Anwesender berichtete der "New York Times", alle Mitglieder der Musikband seien durch die Explosion von der Bühne gerissen worden.
Omaid Scharifi: "Bin in Stücke gerissen"
Noch in der Nacht in sozialen Medien geteilte Videos zeigten verzweifelte Menschen vor der Hochzeitshalle, die Familienmitglieder vermissten.
Bilder aus der Hochzeitshalle zeigten blutbefleckte weisse Stühle und viele zwischen oder noch auf ihnen liegende leblose Körper. Auf den Tischen standen noch volle Teller mit Essen und Getränkedosen.
Viele Afghanen drückten ihr Entsetzen über den Anschlag aus. "Ich bin in Stücke gerissen", schrieb der Künstler Omaid Scharifi auf Twitter. "Wie ist das zu rechtfertigen?! Was ist unsere Schuld?!"
Ein Angestellter eines Mobiltelefonladens, der Freunde in dem Anschlag verlor, drückte seine Wut darüber aus, dass die zahlreichen Sicherheitskräfte in der Hauptstadt derartige Angriffe nicht verhindern könnten. "Wir haben keine Regierung in diesem Land, wir haben nichts!", sagte er.
Ständige Bedrohung durch Anschläge
Der Anschlag auf die Hochzeitshalle war der 17. grössere Angriff in der Hauptstadt Kabul seit Januar. Bei den vorherigen 16 wurden laut Behördenangaben mindestens 113 Menschen getötet und mehr als 700 verletzt.
Allerdings sind Regierungsbeamte dafür bekannt, Opferzahlen für die Öffentlichkeit gering zu halten. Zu den Angriffen hatten sich zum einen die Taliban, zum anderen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bekannt.
Gerade Hochzeitsfeiern werden immer wieder das Ziel von Anschlägen. Am 12. Juli wurden sechs Menschen getötet, als sich ein Selbstmordattentäter bei einer Feier in der Provinz Nangarhar in die Luft sprengte.
Seit Juli des Vorjahres sprechen die USA mit hochrangigen Vertretern der radikalislamischen Taliban über eine politische Lösung des langjährigen Konflikts. Dabei geht es vor allem um Truppenabzüge und Garantien der Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen für Terroristen wird.
Beide Seiten hatten sich jüngst optimistisch gezeigt, bald zu einer Einigung zu kommen. Viele Afghanen befürchten allerdings, dass die Gewalt durch Anschläge des IS im Land weiter andauern könnte. (dpa/afp/mcf)
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