Kunstfälschungen haben schon oft für Skandale gesorgt. Auch bei dem Werk "Die Mühle von Wijk" bestehen Zweifel an der Herkunft. Eine Überprüfung mittels künstlicher Intelligenz sollte nun Aufschluss darüber bringen, ob dieses Werk ein echter van Gogh ist - oder nicht.

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Mindestens 500.000 Euro müssen Interessenten am Dienstag in Hamburg für das Gemälde "Die Mühle von Wijk" bieten. Denn bei dem Bild, das im Hamburger Auktionshaus Dechow versteigert werden soll, handelt es sich mutmasslich um ein frühes Werk von Vincent van Gogh (1853-1890). Sicher ist das aber nicht.

Zweifel an der wahren Herkunft des Bildes sät das Amsterdamer Van-Gogh-Museum, die führende Instanz bei der Beurteilung der Echtheit von angeblichen Bildern des Meisters.

Man habe "dieses Gemälde untersucht und denkt nicht, dass das Werk von Vincent van Gogh gemacht wurde", teilte das Museum auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit. Anders sieht das der Experte für künstliche Intelligenz (KI), Wolfgang Reuter.

Der führende Data Scientist beim Münchner Unternehmen Alexander Thamm hat das Gemälde mittels einer KI untersucht. Das Ergebnis: "Die Mühle von Wijk" stammt mit 89 prozentiger Wahrscheinlichkeit tatsächlich von van Gogh.

KI prüft digitalen Fingerabdruck von Künstlern

Reuters Modell kann nicht nur bei Fragen zu van Gogh angewandt werden. "Ob Rembrandt, da Vinci oder van Gogh – jeder hat Stilelemente und Muster, die der Algorithmus selbst erkennt und lernt", erklärte er gegenüber der "Bild".

Die von ihm entwickelte KI könne anhand von Daten zu den Künstlern einen digitalen Fingerabdruck der einzelnen Maler erstellen, "den ein Fälscher nicht hundertprozentig erkennen und nachahmen kann". Um "Die Mühle von Wijk" zu testen, sei die KI zuvor mit insgesamt mehr als 1.000 Werken van Goghs trainiert worden.

Bei der Überprüfung der Bilder erhält der Algorithmus dann pro Kunstwerk 100 zufällig ausgewählte Bildausschnitte. Diese werden daraufhin untersucht, ob sie für den Maler charakteristische Merkmale aufweisen oder nicht.

Bereits gesicherte Fälschungen erkennt Reuters KI in drei Viertel der Fälle. Allerdings variiere die Präzision des Algorithmus von Künstler zu Künstler.

Auf der Website von Alexander Thamm gibt der Experte ausserdem zu bedenken, "dass bei der angewandten Methode auch immer ein bestimmter Anteil an Originalen positiv, also als verdächtig oder auffällig klassifiziert wird". Die Falsch-Positiv-Rate der KI betrage im Schnitt elf Prozent.

Auch Reuters Methode könne deshalb kein absolutes Ergebnis liefern. Selbiges treffe aber auch auf alle anderen Methoden zur Überprüfung der Echtheit von Gemälden zu.

Kunsthistoriker: "Die Mühle von Wijk" ist ein van Gogh

Auf solch eine "klassische" Einschätzung zu dem Gemälde beruft sich auch das Auktionshaus Dechow. Denn auch der emeritierte Professor und Kieler Kunsthistoriker Ulrich Kuder (77) ist davon überzeugt, dass es sich bei "Die Mühle von Wijk" um einen echten van Gogh handelt.

Bei der Präsentation des Bildes am Montag erklärte er, es sei eine von dem Maler angefertigte Kopie eines anderen Werks. Van Gogh habe sich damals für den niederländischen Maler Jacob van Ruisdael begeistert, der um 1760 "Die Mühle von Wijk bij Duurstede" gemalt habe.

Der Kunsthistoriker glaubt, dass das Gemälde in die Frühphase van Goghs gehört. Es passe zur Haager Schule, der auch die frühen Werke van Goghs zugerechnet werden. Ausserdem trage das Bild die ungewöhnliche Signatur "van Gogh".

"Das macht kein Fälscher", betonte der Professor. "Ein Fälscher weiss, dass van Gogh mit 'Vincent' signiert hat." In einem Brief habe sich van Gogh einmal beschwert, dass Franzosen seinen Nachnamen nicht richtig aussprechen können.

Das könne erklären, warum er in der Signatur vom Nach- zum Vornamen wechselte. Der Schriftzug auf der "Mühle von Wijk" entspreche ansonsten genau van Goghs Handschrift. Nur der Maler selbst habe den schwungvollen Bogen zwischen dem G und dem H so in die noch nasse Ölfarbe pinseln können.

Keine Beweise für Echtheit - aber viele Indizien

Das Auktionshaus, das auf die Versteigerung grosser Bagger, Industriemaschinen und anderer Anlagen spezialisiert ist, verweist zudem auf ein chemisches Gutachten zur Farbe des Bildes.

Diese sei von schlechter Qualität, die in der Hochzeit der Van-Gogh-Fälscher nach 1900 wahrscheinlich nicht mehr im Handel gewesen sei, erklärte Kuder.

Das Gemälde soll 1904 von einem Leipziger Kaufmann in Paris erworben worden sein. Er vererbte es an seine Enkelin, die es nach ihrem Umzug nach Neustadt in Holstein an die gegenwärtigen Privatbesitzer in der Nähe von Kiel verkaufte.

Der Projektleiter beim Auktionshaus Dechow, Jens-Peter Franz, sagte, es habe 1994 für einen fünfstelligen D-Mark-Betrag den Besitzer gewechselt. Franz bedauerte, dass das Amsterdamer Museum seine Einschätzung zu dem Bild nicht begründet hat. Das Auktionshaus gehe mit den Zweifeln ganz transparent um: "Wir können nicht beweisen, dass es echt ist, aber es gibt sehr viele Indizien."

Auch Van-Gogh-Experten haben sich schon geirrt

Auch Kuders Einschätzung zufolge müssen man "vorsichtig sein, wenn von van Gogh die Rede ist. Der erste Gedanke ist: Fälschung." Aber er habe bislang von keinem stichhaltigen Argument gehört, welches das Gemälde als Fälschung entlarvt.

Kuder erklärte, die grossen Auktionshäuser für Kunst würden niemals ein Bild versteigern, dessen Echtheit nicht vom Amsterdamer Van-Gogh-Museum bestätigt worden sei. Aber die niederländischen Experten hätten sich schon einmal geirrt.

Sie hätten einen Ruf zu verlieren. Er hoffe, dass die Monopolstellung des Museums gebrochen wird. Ein Hamburger Interessent sagte am Montag, er nehme das Risiko in Kauf: "Wenn es kein echter van Gogh ist, dann habe ich ein schönes Bild." (dpa/thp)

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