• Auf offener Strasse wird der Kriminalreporter Peter R. de Vries in Amsterdam Opfer eines Attentats.
  • Der Mordversuch an dem Journalisten hat in den Niederlanden für Entsetzen gesorgt.
  • Derweil sucht die Polizei nach den Hinterleuten des Angriffs und de Vries kämpft um sein Leben.

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Am zweiten Tag nach dem Mordanschlag ist der Gesundheitszustand des niederländischen Reporters Peter R. de Vries (64) nach wie vor äusserst kritisch. "Peter kämpft noch immer um sein Leben", sagte der Chef des TV-Senders RTL, Peter van der Vorst. "Wir beten alle um ein Wunder." De Vries arbeitete für den Sender.

Der Reporter war am Dienstagabend mit schweren Kopfverletzungen in ein Amsterdamer Krankenhaus gebracht worden. Ein Mann hatte mehrere Schüsse auf ihn abgegeben.

Der Angriff ereignete sich gegen 19.30 Uhr, als de Vries ein Fernsehstudio in der Amsterdamer Innenstadt verliess, wo er zuvor in einer Talk-Show aufgetreten war. Augenzeugen berichteten dem Fernsehsender NOS, sie hätten fünf Schüsse gehört, der Journalist sei am Kopf getroffen worden. Das Justizministerium kündigte an, dass Sicherheitsmassnahmen verschärft werden sollten, um den Rechtsstaat zu schützen.

Inzwischen laufen die Ermittlungen auf Hochtouren. Amsterdams Polizeichef Frank Paauw zufolge wurden nach dem Angriff zunächst drei Menschen festgenommen, darunter wahrscheinlich der Schütze. Am Mittwoch wurde einer der Männer wieder freigelassen, die beiden anderen kamen in Haft.

Einer von ihnen, ein 35 Jahre alter Pole mit Wohnsitz im Südosten der Niederlande, soll erst in der vergangenen Woche wegen Bedrohung für kurze Zeit festgenommen worden sein, berichten mehrere Medien. Am Freitag werden beide dem Haftrichter vorgeführt.

Das organisierte Verbrechen könnte hinter der Tat in Amsterdam stecken

Noch ist aber nicht deutlich, wer hinter der Tat steckt. Die Hinweise verdichten sich, dass das organisierte Verbrechen verantwortlich ist. De Vries ist seit Beginn 2020 Vertrauensperson des Kronzeugen in einem grossen Strafprozess, der zur Zeit in Amsterdam läuft. Medienberichten zufolge soll der Prozess gegen den mutmasslichen Drogenboss Ridouan Taghi gerichtet sein.

Dieser gilt als meistgesuchter Verbrecher der Niederlande, seine Organisation wird von Staatsanwälten als "gut geölte Tötungsmaschine" beschrieben. De Vries hatte 2019 auf Twitter erklärt, er sei von Polizei und Justiz informiert worden, dass er auf Taghis "Abschussliste" stehe.

Er war mehrfach bedroht worden, hatte Personenschutz jedoch strikt abgelehnt. Bereits 2019 war der Verteidiger des Kronzeugen erschossen worden, zuvor hatte man auch den Bruder des Kronzeugen getötet.

Der Schock nach dem Anschlag auf de Vries sitzt tief

Der Anschlag auf de Vries hat die Niederlande geschockt und auch Entsetzen im Ausland ausgelöst. Der Reporter gilt in den Niederlanden als furchtloser Kämpfer für Gerechtigkeit, Bürgermeisterin Halsema würdigte ihn als "Nationalhelden".

De Vries ist der führende Kriminalreporter der Niederlande und tritt regelmässig auch als Sprecher von Opfern bei Prozessen auf. Er hatte zudem an der Aufklärung mehrerer spektakulärer Fälle mitgewirkt. Regelmässig ist er Gast bei TV-Talkshows.

International bekannt wurde der Reporter 1987 mit seinem Bestseller über die Entführung des Bierbrauers Freddy Heineken. 2008 gewannt er einen Emmy Award für seine Reportagen über den Fall von Natalee Holloway. Die Amerikanerin war 2005 auf Aruba verschwunden und vermutlich von einem Niederländer getötet worden.

Auch Vertreter der EU und von Regierungen verurteilten den Anschlag als Angriff auf den Rechtsstaat. Internationale Journalistenverbände sprachen von einem Anschlag auf die Unabhängigkeit des Journalismus in Europa und forderten eine rückhaltlose Aufklärung.

In den vergangenen Jahren kam es auch in anderen EU-Ländern zu tödlichen Angriffen auf Journalisten. In Athen wurde im April der Kriminaljournalist Giorgos Karaivaz erschossen. 2017 sorgte der Mord an der Enthüllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia in Malta weltweit für Empörung. 2018 wurde in der Slowakei zudem der Journalist Jan Kuciak erschossen. (dpa/afp/thp)

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