Massenüberwachung, extralegale Tötungen und Terrorfinanzierung: Wer über solche Themen berichtet, begibt sich auf dünnes Eis - und riskiert manchmal sogar Freiheit und Leben. Whistleblower nehmen dieses Risiko in Kauf, um die Allgemeinheit über Missstände aufzuklären. Wir stellen Ihnen einige der wichtigsten Whistleblower der 2000er Jahre vor.

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Coleen Rowley

Coleen Rowley brachte das Fehlverhalten in den amerikanischen Behörden vor dem 11. September ans Licht. Sie sagte vor dem Justizausschuss des Senats zu einigen Problemen aus, mit denen das FBI und die Geheimdienste konfrontiert waren.

Im Mai 2002 äusserte Rowley vor dem Senat, sie habe Bedenken hinsichtlich der FBI-Massnahmen in den Ereignissen vor dem 11. September. Im folgenden Jahr schrieb sie im Zusammenhang mit der Untersuchung des Joint Intelligence Committee ein Memo an den damaligen FBI-Direktor Robert Mueller, das zu einer zweijährigen Untersuchung des Generalinspektors des Justizministeriums führte.

In ihrem Memo kritisierte sie das FBI dafür, dass es Informationen von Feldagenten über weitere Ermittlungen gegen Zacarias Moussaoui, einen mutmasslichen Terroristen, und einen möglichen Angriff auf die Vereinigten Staaten ignoriert hatte. Sie war eine von drei Whistleblowern, die vom TIME Magazine zur Person des Jahres gewählt wurden.

Joseph Darby

Der US-Militärpolizist Joseph Darby deckte den Folter-Skandal im irakischen Gefängnis Abu Ghraib auf. Im Januar 2004 übergab Darby eine CD mit eindeutigen Beweisen für Misshandlungen an Gefangenen an einen Special Agent des US Army Criminal Investigation Command, das selbst im Abu-Ghraib-Gefängnis stationiert war.

Die Bilder, die er an die Behörden weiterleitete, hatte er von einem der Haupttäter - dem Soldaten Charles Graner – erhalten. Zusammen mit seiner damaligen Freundin Lynndie England ist Graner zum Gesicht des Abu-Ghraib-Skandals geworden.

Darby selbst sagte über seine Beweggründe, die Taten aufzudecken: "Es vergewaltigte alles, woran ich persönlich glaube, und alles, was man mir an Ehrenregeln der Kriegsführung beigebracht hatte."

Während sich die Welt über die Vorgänge im Irak empörte, war Joseph Darby immer wieder Opfer von Anfeindungen geworden. Die Situation wurde für den Whistleblower schliesslich so bedrohlich, dass er zusammen mit seiner Frau in ein Opferschutz-Programm aufgenommen werden musste.

Thomas Drake

Thomas Drake, ehemaliger NSA-Mitarbeiter für Softwaretests, gab interne Informationen über das Massenüberwachungsprogramm "Project Trailblazer" an die Presse weiter. Drake ist einer der prominentesten Namen in einer langen Liste ehemaliger NSA-Mitarbeiter, die wegen der Bedenken an den geheimen Programmen des Geheimdienstes an die Öffentlichkeit gingen.

2005 hatte Drake die "Baltimore Sun" kontaktiert. Daraufhin veröffentlichte die Zeitung mehrere Artikel über die Prozesse innerhalb der NSA. Nach den Veröffentlichungen von Edward Snowden sagte Drake aus, dass die durch Snowden offengelegten Programme der NSA "nur die Spitze des Eisbergs" seien.

2010 wurde Drake als Spion angeklagt. Die Ankläger konnten die Anschuldigungen vor Gericht jedoch nicht halten. Schliesslich wurde er für den Missbrauch eines Computersystems zu einem Jahr auf Bewährung verurteilt.

2014 sagte er dann im Zuge der PRISM-Affäre auch vor dem NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages aus.

Everett Stern

Der gebürtige New Yorker Everett Stern begann im Oktober 2010, als Compliance-Beauftragter im Kampf gegen Geldwäsche bei der HSBC-Bank in New Castle (Delaware) zu arbeiten. Im Laufe seiner Arbeit entdeckte Stern verdächtige Finanztransaktionen, die im Zusammenhang mit Terrororganisationen standen.

Stern deckte ein multinationales Geldwäschenetzwerk auf, das über eine gambische Firma Namens "Tajco Ltd." mehrere Millionen Dollar für die Hisbollah wusch. Als er seinen Vorgesetzten über seine Entdeckung informierte, ignorierte dieser wiederholt die eindeutigen Beweise. Schliesslich wandte sich Stern an das FBI und die CIA, um die Behörden über die Manipulation in Kenntnis zu setzen. Die darauf folgenden Ermittlungen deckten weitere Geldwäscheoperationen der HSBC im Iran, Nordkorea, Mexiko und Sudan auf.

Im Dezember 2012 kam HSBC zu einer Einigung mit den US-Behörden, wonach das Unternehmen eine Rekordstrafe von 1,92 Milliarden US-Dollar zahlen und seine Kontrollen zur Bekämpfung der Geldwäsche verbessern musste.

Chelsea Manning

Die ehemalige US-Army-Soldatin Chelsea Manning sass für die Weitergabe von circa 750.000 geheimen oder sensiblen Dokumenten an WikiLeaks von 2010 bis 2017 in Haft. Geboren als Bradley Edward Maning, gab sie 2013 bekannt, transsexuell zu sein und künftig den Namen Chelsea Manning führen zu wollen.

Als Analystin der US-Army hatte Manning 2009 Zugriff auf eine geheime Datenbank des US-Militärs. Anfang 2010 leitete sie die geheimen Daten an WikiLeaks weiter. Ein Teil der von ihr geleakten Dokumente wurden durch die Enthüllungsplattform des australischen Aktivisten Julian Assange unter den Namen "Iraq War Logs" und "Afghan War Diary" veröffentlicht. Unter den von ihr weitergegebenen Dokumenten befand sich auch das "Collateral Murder"-Video, welches den Angriff eines amerikanischen Helikopters auf Zivilisten und Fotografen in Baghdad zeigt.

Inzwischen befindet sich Manning wieder in Haft, da sie sich weiterhin weigert, gegen den WikiLeaks Gründer Julian Assange auszusagen.

Edward Snowden

Der vielleicht bekannteste Whistleblower dieser Liste ist Edward Snowden. Im Mai 2013 übergab der NSA-Mitarbeiter geheime Dokumente an den Journalisten Glenn Greenwald und die britische Zeitung "The Guardian". In den von ihm bereitgestellten Dokumenten werden verschiedene Massenüberwachungsprogramme der NSA und deren verbündete Geheimdienste beschrieben.

Die Informationen, die Snowden bereitstellte, belegten ein gigantisches System der Massenüberwachung. Neben der NSA waren auch britische, kanadische, australische und weitere Geheimdienste in den Skandal verwickelt. Die Dokumente zeigen die Methodik hinter den NSA-Programmen wie PRISM, XKeyscore, Tempora, MUSCULAR und STATEROOM. Die Veröffentlichungen belegen auch, wie die Geheimdienste andere Regierungen ausspionierten und Internetprovider zur Kooperation zwangen.

Edward Snowden sitzt noch immer in Russland fest. In Amerika droht ihm weiterhin ein Strafprozess unter dem umstrittenen "Espionage Act".

John Doe

2015 spielte ein Whistleblower unter dem Pseudonym John Doe der "Süddeutschen Zeitung" mehr als 11,5 Millionen Dokumente zu. Sie wurden nach der Veröffentlichung als "Panama Papers" bekannt.

Die "Panama Papers" deckten auf, wie 140 Politiker, Prominente, Drogenhändler, mutmassliche Waffenhändler und die globale Elite ihren Reichtum (sowohl legal als auch illegal) und fragwürdige Geschäftsabschlüsse durch schwer zu durchschauende Unternehmensstrukturen und Steueroasen verschleierten.

Im Zentrum der "Panama Papers" steht die Anwaltskanzlei Mossack Fonseca. Die Dokumente gaben einen beispiellosen Einblick in die geheime Branche der Offshore-Finanzierung und wie sie verwendet wurde, um alle Arten von schändlichem Verhalten zu verbergen.

In seinem veröffentlichten Manifest begründet der Whistleblower sein Handeln: "Ich habe mich dazu entschlossen, Mossack Fonseca dem Urteil der Weltöffentlichkeit auszusetzen, weil ich der Meinung bin, dass die Kanzleigründer, Angestellten und Kunden für ihre Rolle bei diesen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen werden sollten."

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