Wer die nächtlichen Aufnahmen einer Wildkamera sieht, denkt sofort an Bruno und den Sommer 2006, in dem es ansonsten nur noch die Fussball-WM gab. Brunos Nachfolger kommt aus der gleichen Gegend - und ist auf der Suche nach Liebe.
In Bayern streunt 13 Jahre nach Bruno wieder ein Bär herum. Eine Wildtierkamera hatte das Tier im Landkreis Garmisch-Partenkirchen aufgenommen. Bayern sei gut auf den Besuch vorbereitet, heisst es von den Behörden.
Fast eineinhalb Jahrzehnte nach dem Desaster mit Braunbär Bruno, dessen unerwarteter Besuch seinerzeit mitten ins deutsche WM-"Sommermärchen" platzte, beruhigt diese Aussage.
Brunos Abschuss 2006 war eine Lehre
Der unbeholfene Umgang mit dem umtriebigen Bruno endete im Juni 2006 mit dessen Abschuss oberhalb des Spitzingsees. Bruno war durch Ortschaften gelaufen, hatte Schafe gerissen und Bienenstöcke geplündert.
Ein eigens aus Finnland angeheuertes Team aus Jägern und Hunden scheiterte an dem Versuch, Bruno zu stoppen. Der Name des Jägers, der ihn letzten Endes zur Strecke brachte, wurde seitdem nicht öffentlich.
Zu gross war der mediale Hype um Bruno, zu emotional - bis hin zu offenem Hass - die Reaktionen auf seinen Tod. Heute steht der erlegte Gigant präpariert im Museum Mensch und Natur im Münchner Schloss Nymphenburg.
170 Jahre lang hatte sich vor Bruno in Bayern kein Bär in freier Wildbahn blicken lassen. Als Konsequenz aus dem Sommer 2006 erstellten Experten einen Managementplan zum Umgang mit einem möglichen neuen Einwanderer. Den dürfen sie jetzt aus der Schublade ziehen.
Um was geht es in dem Managementplan?
Er regelt Dinge wie Zuständigkeiten und Ausgleichszahlungen an Bauern, wenn ein Bär Weidetiere reisst oder Honig stiehlt. Ziel ist ein möglichst konfliktarmes Miteinander von Mensch und Bär.
Almbauern, Naturschützer, Wissenschaftler und Behörden haben an dem Plan mitgewirkt. Die Sicherheit des Menschen habe Priorität, heisst es darin. Wirtschaftlicher Schaden solle vermieden oder ausgeglichen werden.
Bären sind streng geschützt. Nur wenn alle Mittel scheitern, könnte ein Bär erneut enden wie Bruno: "Das Entfernen von Bären aus der freien Wildbahn ist Ultima Ratio", heisst es in dem Plan.
Was fressen Bären ?
Ein Braunbär mag keineswegs nur Fleisch. Nur etwa ein Viertel seiner Nahrung besteht daraus. Ansonsten verspeist er Waldbeeren, Knollen, Knospen, Pilze und Vogeleier. Auch Fische verschmäht er nicht. Er liebt Süsses - und plündert darum gerne mal Bienenstöcke.
Der neue Bär ist sehr scheu - kann sich das ändern?
Das kann unter Umständen geschehen. Eine grosse Gefahr ist, dass er durch Essenreste und Abfälle angelockt wird - und lernt, dass es in der Nähe von Menschen Nahrhaftes zu holen gibt.
Bruno wurde vermutlich auch deshalb zum Problembären, weil er von seiner Mutter Jurka lernte, dass es in der Nähe von Siedlungen etwas zu fressen gibt.
Deshalb warnt das bayerische Landesamt für Umwelt (LfU) strikt davor, Essensreste wegzuwerfen - oder den Bären gar zu füttern.
Was sagen Almbauern und Naturschützer?
Die Almsaison ist beendet, Tiere stehen nur noch auf Weiden in den Tälern nahe Dörfern - die der Bär bisher mied. Er kommt wie Bruno aus dem italienischen Trentino nördlich des Gardasees.
Die Sprecherin des Landesamts für Umweltschutz sagte nach Information der "Bild"-Zeitung, dass Brunos Nachfolger "auf der Suche nach einem Geschlechtspartner" sei.
Hans Stöckl, Geschäftsführer des Almwirtschaftlichen Vereins Oberbayern, macht ihm diesbezüglich wenig Hoffnung: "Wenn er männlich ist und auf der Suche nach einer Partnerin, wird er bei uns wohl keine finden und weiterziehen."
Das sei auch die Hoffnung der Bauern: "Dass er sich wieder vom Acker macht". Bei den Bauern geht die Angst vor einem Déjà-vu um: "Sobald er unsere Viecher anpackt, müssen wir uns überlegen, was wir mit dem anstellen", sagt Hubert Gröbl aus dem Ettaler Ortsteil Graswang. Bruno nahm Gröbl 2006 zwei Ziegen.
Graswangs Bürgermeister warnt den Bären
Ettals Bürgermeister Josef Pössinger von den Freien Wählern wird so deutlich, als könne ihn der Bär verstehen: "Solange er sich wie ein normaler Bär verhält, werden wir ihn nicht zu sehen kriegen. Kritisch wär's, wenn die Bauern vor gerissenen Schafen stehen. Dann gäb's Ärger."
Es wäre zwar eine Herausforderung, aber auch ein Gewinn, wenn sich ein Braunbär dauerhaft in Deutschland niederlasse, findet hingegen der Umweltverband WWF.
Besonders für Imker und Nutztierhalter müsse es dann unkomplizierte Beratungsangebote und finanzielle Unterstützung geben, sagt WWF-Wildtierexperte Moritz Klose. "Das ist entscheidend für ein konfliktfreies Miteinander." In Slowenien sei dies gelungen. (hau/dpa)
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