- Kritiker befürchten, dass die Aufarbeitung der DDR-Vergangenheit zur Marginalie wird.
- Die Bundesbehörde für die Stasi-Unterlagen gibt es nicht mehr.
- Wie geht es weiter?
Nach knapp 30 Jahren ist die Stasi-Unterlagen-Behörde Geschichte. Die Einrichtung mit dem riesigen Archiv geretteter Dokumente galt als Errungenschaft der friedlichen Revolution und wurde nun geschlossen.
Für Millionen Stasi-Akten sowie Tausende Fotos und Tonträger der DDR-Staatssicherheit ist seit Donnerstag das Bundesarchiv zuständig. Die Überführung der Akten sollte am Abend (19:00 Uhr) mit einem Festakt in Berlin gewürdigt werden.
Erwartet wurden dazu im Zeughaushof des Deutschen Historischen Museums Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), der erste Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen und Altbundespräsident
Nach rund zehn Jahren im Amt sollte dort auch der letzte Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, offiziell verabschiedet werden.
Grütters: Stasi-Akten bleiben unverzichtbar
Kulturstaatsministerin Grütters wertete es laut vorab verbreiteter Mitteilung als politisches Signal, dass die Akten am Tag des DDR-Volksaufstandes vor 68 Jahren offiziell überführt wurden. Unter dem Dach des Bundesarchivs sollen die Dokumente als Teil des gesamtstaatlichen Gedächtnisses dauerhaft bewahrt werden.
Die Akten bleiben laut Grütters unverzichtbar, "als Möglichkeit, das Unrecht der SED-Diktatur zur Sprache (zu) bringen, aber auch als Aufforderung zur differenzierten Auseinandersetzung mit Leid und Verantwortung".
"Diese Zeugnisse der SED-Diktatur vor der Vernichtung bewahrt zu haben, ist bleibendes Verdienst und Vermächtnis der DDR-Bürgerrechtsbewegung", sagte Grütters.
Akten bleiben weiterhin offen
Bei der Stasi-Unterlagen-Behörde wurden allein knapp 3,5 Millionen Anträge von Menschen gestellt, die persönlich einen Blick in Papiere werfen wollten, die die Stasi heimlich über sie anlegte. Bei der Bundesbehörde gingen seit ihrem Bestehen insgesamt 7,3 Millionen Ersuchen und Anträge ein, auch von Behörden und Wissenschaftlern.
Der Bundestag hatte beschlossen, dass das Gesetz für die Stasi-Unterlagen weiter gilt. Die Akten bleiben demnach offen, Auskünfte werden weiter erteilt. Die rund 1.300 Mitarbeiter der bisherigen Jahn-Behörde wurden vom Bundesarchiv übernommen.
Das Archiv bleibt aber am historischen Ort der einstigen Stasi-Zentrale in Berlin sowie an den 13 ostdeutschen Standorten. Das Amt von Jahn wurde mit der neuen Struktur abgeschafft.
Neu hingegen ist die Stelle eines SED-Opferbeauftragten, der direkt beim Bundestag angesiedelt ist. Dafür gewählt wurde die einstige DDR-Oppositionelle Evelyn Zupke. Sie begann am Donnerstag ihr Arbeit.
Zur Stasi-Hinterlassenschaft gehören allein mehr als 111 Kilometer Schriftgut. Zudem lagern bis heute in mehr als 15.000 Säcken zerrissene und noch nicht erschlossene Papiere.
Die in grossem Stil geplante, virtuelle Rekonstruktion kam bislang nicht zustande. 2019 rekonstruierten laut Jahn Mitarbeiter per Hand den Inhalt von sieben Säcken. Wie das Rekonstruktions-Projekt weitergeht, ist unklar. (dpa/ari)
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