Das Coronavirus SARS-CoV-2 und die Lungenkrankheit COVID-19 nehmen für viele junge und sonst gesunde Menschen einen milden Verlauf. Besonders für Senioren und Vorerkrankte aller Altersgruppen ist die Sterblichkeitsrate hoch. Lesen Sie hier, mit welchen Grunderkrankungen SARS-CoV-2 besonders gefährlich wird.

Alle Entwicklungen finden Sie in unserem Coronavirus-Blog

Bei den meisten Menschen verläuft eine Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 glimpflich. Sie bekommen Husten und Fieber. Doch wer zu sogenannten Risikogruppen gehört, erkrankt mit grösserer Wahrscheinlichkeit schwer an COVID-19.

Nach den aktuellen Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) verlaufen 18 Prozent der nachgewiesenen Infektionen so schwer, dass die Betroffenen in ein Krankenhaus kommen. Doch wer ist überhaupt ein Risikopatient?

Ältere Menschen sind grösste Risikogruppe

Ab dem Alter von 50 bis 60 Jahren steigt das Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf nach Angaben des RKI stetig. Fast neun von zehn mit COVID-19 gestorbene Patienten (86 Prozent) waren laut RKI 70 Jahre alt oder älter.

Die Ursache für die hohe Sterblichkeitsrate bei Älteren liegt in ihrem weniger gut reagierenden Immunsystem. Dadurch zeigen Patienten im Seniorenalter seltener hohes Fieber. Bei diesem handelt es sich jedoch um eine notwendige Abwehrreaktion des Organismus gegen Krankheitserreger.

So lange halten sich Coronaviren auf Oberflächen
Quelle: The New England Journal of Medicine. © 1&1

Bleibt sie aus, kann sich das Virus ungehindert ausbreiten. Ohne Fieber fehlt ausserdem ein wichtiges Symptom, sodass Erkrankte erst später zum Arzt gehen und sich die Diagnose entsprechend verzögert, so das RKI.

Höheres Risiko bei hohem Alter und Vorerkrankung

Ein noch höheres Risiko sehen Experten, wenn neben einem hohen Alter auch Vorerkrankungen vorliegen. Das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) schätzt Patienten ab 80 Jahren mit mindestens einer Risikoerkrankung sowie Patienten im Alter von 60 bis 79 Jahren mit mindestens drei Risikoerkrankungen als "hoch gefährdet" ein.

"Wenn man diese Risikogruppen zusammenzählt und auf die Bevölkerung hochrechnet, gibt es etwa 5,5 Millionen Menschen bundesweit, die ein hohes Risiko haben, einen schweren COVID-19-Verlauf zu bekommen", fasst Studienleiter Jörg Bätzing die Zi-Analyse zusammen. Die Verteilung der Risikogruppen variiere regional zum Teil erheblich.

Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen besonders gefährdet

Bei COVID-19 handelt es sich um eine Erkrankung der Lunge, die durch das SARS-CoV-2 verursacht wird. In schweren Fällen zeigen sich ein schweres akutes Atemwegssyndrom, Atemnot bis hin zu einer Lungenentzündung.

Besonders gefährdet seien Patienten mit chronischen Atemwegs- und Lungenerkrankungen, sagt der Sprecher des Deutschen Lungentages, Marek Lommatzsch.

Je nach Erkrankung liessen sich jedoch Abstufungen machen. Demnach haben etwa gut therapierte Asthma-Patienten kein erhöhtes Risiko für schwere COVID-19-Verläufe.

Anders ist die Situation bei Menschen mit der chronischen Lungenkrankheit COPD: "Aus den bislang vorliegenden Daten gibt es Hinweise darauf, dass Patienten mit COPD ein höheres Risiko für schwere COVID-19-Verläufe haben", sagt Lommatzsch.

Zigarettenrauchen wird ebenfalls als Risikofaktor gehandelt - auch wenn die Datenlage dazu noch "dünn" sei, wie die "Deutsche Gesellschaft für Pneumologie" schreibt.

COVID-19 besonders gefährlich bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Patienten mit Vorerkrankungen am Herzen werden eindeutig der Risikogruppe für schwere Krankheitsverläufe zugeordnet. Eine Infektion mit einem Virus stelle für das Herz eine zusätzliche Belastung dar und könne zur Überforderung führen, warnt das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung.

Zudem ist bekannt, dass das Coronavirus Thrombosen, Herzmuskelentzündungen und Herzrhythmusstörungen auslösen kann.

Coronavirus: Angriffsfläche bei unterdrücktem Immunsystem

Patienten mit Krebserkrankungen scheinen nach Angaben des RKI ebenfalls anfälliger für einen schweren Krankheitsverlauf zu sein. Das liegt daran, dass ihr Immunsystem durch den Krebs oder die Therapie oftmals geschwächt ist.

Auch die Behandlung von HIV und Autoimmunerkrankungen oder die von Menschen mit einem Spenderorgan basieren auf einer langfristigen Unterdrückung des Immunsystems, zum Beispiel durch Steroide. Dadurch werden Krankheitsausbrüche sowie Abstossungsreaktionen verhindert.

In der Folge ist das Immunsystem all dieser Patienten jedoch geschwächt, sodass sie für Viruserkrankungen empfänglicher sind.

Erhöhter Blutdruck als Risiko?

In der RKI-Liste findet sich auch Hypertonie (Bluthochdruck) als Risikofaktor. Eine Überhäufigkeit von schweren COVID-19-Fällen bei Bluthochdruck-Patienten gebe es jedoch nur auf den ersten Blick, meint dagegen der Vorsitzende der Deutschen Hochdruckliga, Ulrich Wenzel.

Es sei bekannt, dass Bluthochdruck vor allem bei älteren Menschen auftrete. "Von daher ist es nicht verwunderlich, dass die Rate von Bluthochdruck-Erkrankungen bei den in der Regel älteren Patienten mit schweren COVID-19-Verläufen ebenfalls hoch ist." Pauschal lasse sich eine Risikoabschätzung dazu derzeit noch nicht treffen.

Übergewicht könnte ebenfalls Risikofaktor sein

Der Faktor Übergewicht rückt zunehmend ins Blickfeld der Mediziner. "Eine ganze Reihe von Studien hat gezeigt, dass eine Adipositas tatsächlich den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung erschweren und verkomplizieren kann", erklärt Jens Aberle, Endokrinologe am Hamburger Universitätsklinikum.

Vorläufige Untersuchungen aus Frankreich zeigten demnach zuletzt einen Zusammenhang zwischen dem Body-Mass-Index (BMI) und der COVID-19-Komplikationsrate.

"Daraus geht klar hervor: Je höher der BMI ist, desto häufiger treten schwere COVID-19-Verläufe auf und desto häufiger sind Patienten auch gestorben", erklärt der Facharzt für Stoffwechsel.

Eine Theorie sei, dass das Immunsystem durch das erhöhte Körpergewicht grundsätzlich aktiviert und in der Folge bei einer Virusinfektion überlastet werden könne, erklärt Aberle.

Diabetiker nicht von vorneherein eine Risikogruppe

"Es sind bislang zu wenige Zusammenhänge mit Diabetes bekannt, um das Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung abschliessend bewerten zu können", sagt der Sprecher der Deutschen Diabetes Gesellschaft, Baptist Gallwitz.

Statt Diabetes-Patienten pauschal als Risikogruppe einzustufen, plädiert der Tübinger Professor dafür, nach Alter und Vorerkrankungen zu differenzieren.

Ältere Patienten mit sogenanntem Diabetes Typ 2 wiesen oft auch weitere Risikofaktoren auf. "Das sind sicher Patienten, die bei einer Coronavirus-Infektion ein höheres Risiko für einen schweren Verlauf haben."

Bei einem gut eingestellten Diabetes Typ 1, der vor allem in der Kindheit auftritt, sei kein erhöhtes Risiko auszumachen. "Das gleiche gilt auch für jüngere Menschen mit Typ 2 Diabetes ohne eine weitere Begleiterkrankung", betont Gallwitz.

RKI zählt Leberkranke zur Risikogruppe

Ob Leberkranke zur Risikogruppe zählen, ist noch nicht abschliessend geklärt. Dazu liegen unterschiedliche Einschätzungen vor. Das RKI zählt Patienten mit chronischen Lebererkrankungen zur Risikogruppe.

Seltener ins Gesicht fassen? So geht's!

Um eine Ansteckung mit dem Coronavirus zu vermeiden, raten Ärzte dazu, sich nicht zu oft ins Gesicht zu fassen. Doch das ist leichter gesagt als getan.

Die Deutsche Leberhilfe ist da vorsichtiger: "Bislang ist unklar, ob Leberkranke generell ein höheres Risiko von schweren COVID-19-Verläufen haben", heisst es in einer aktuellen Stellungnahme. Es gebe aber erste Hinweise, dass Fettleber-Erkrankungen das Risiko schwerer Verläufe erhöhen könnten.

SARS-CoV-2: Hygieneregeln unbedingt befolgen

Insbesondere zum Schutz von Risikogruppen aber auch für alle anderen gilt: Die empfohlenen Hygienemassnahmen sind für die weitere Ausbreitung des Virus SARS-CoV-2 entscheidend und unbedingt zu beachten. (ff/Nina Bürger)

Das sind wichtige Hygieneregeln zur Vorbeugung:

  • Wegdrehen beim Niesen oder Husten. Zwischen sich selbst und der anderen Person mindestens eineinhalb Meter Abstand halten.
  • Beim Husten und Niesen die Armbeuge vor Mund und Nase halten. Papiertaschentücher nur einmal benutzen und umgehend in einem Mülleimer mit Deckel entsorgen.
  • Wichtig: Gründliches Händewaschen von mindestens 20 Sekunden nach dem Naseputzen, Niesen oder Husten - mit einem Desinfektionsmittel auf Alkoholbasis oder mit Wasser und Seife.
  • Desinfektionsmittel benutzen, gerade nach Kontakt mit Gegenständen, die von vielen anderen auch berührt wurden. Das Mittel sollte als "penegrenzt viruzid", "viruzid" oder "viruzid plus" deklariert sein.
  • Menschenansammlungen und Kontakt zu Erkrankten meiden.
  • Aktive Information über das Krankheitsbild.
  • Bei Verdacht auf COVID-19-Erkrankung nicht unangemeldet in eine Arztpraxis gehen, sondern sich vorher telefonisch beim Hausarzt oder bei einer anderen beratenden Stelle melden.

Verwendete Quellen:

  • Robert-Koch-Institut: "Informationen und Hilfestellungen für Personen mit einem höheren Risiko für einen schweren COVID-19-Krankheitsverlauf"
  • Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin: "Risikoabschätzung bei Patienten mit chronischen Atemwegs-und Lungenerkrankungen im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie"
  • Deutsche Diabetes Gesellschaft: "Menschen mit Diabetes sind nicht grundsätzlich COVID-19-Risikopatienten"
  • Deutsche Hochdruckliga: "Empfehlungen zur Risikoeinstufung von Hypertonikern im Rahmen der SARS-CoV-2-Pandemie"
  • Deutsche Leberhilfe: "Neuartiges Coronavirus: Infos für Leberkranke, Links und Anlaufstellen"
  • Internisten im Netz: "Coronavirus. Empfehlungen für Herzpatienten"
  • Deutsche Herzstiftung: "Coronavirus: Informationen für Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen und angeborenem Herzfehler"
  • Krebsinformationsdienst: "Coronavirus. Was Krebspatienten beachten sollten"
  • Lungeninformationsdienst: "Coronavirus. Infos für Menschen mit Lungenkrankheiten"
  • dpa
JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.