Über Nacht haben sich die nachgewiesenen Infektionen mit dem Erreger Sars-CoV-2 in Südkorea erneut fast verdoppelt, Japan meldet ebenfalls steigende Zahlen. Auch in Europa gibt es Sorge vor einer Ausbreitung des Virus. In der Ukraine gibt es "mittelalterliche Proteste".

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Die vom neuartigen Coronavirus ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 breitet sich nicht nur in China rasant aus. Auch nebenan auf der koreanischen Halbinsel spitzt sich die Lage zu.

Wie die Gesundheitsbehörden am Samstag mitteilten, kamen in Südkorea über Nacht 142 neue Ansteckungen mit dem Erreger Sars-CoV-2 hinzu. Damit stieg die Zahl der erfassten Fälle auf 346 - so viele wie nirgendwo ausserhalb Chinas, wo Covid-19 im Dezember ausgebrochen war.

Mehrere Ex-Passagiere des Kreuzfahrtschiffs "Diamond Princess", das wegen des Coronavirus zwei Wochen im japanischen Yokohama unter Quarantäne stand, sind unterdessen in Berlin eingetroffen.

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Coronavirus: In China derzeit 76.288 Infizierte

Die aus China gemeldeten Zahlen liegen nach wie vor um ein Vielfaches höher als die aller anderen Länder zusammengerechnet: Wie die Gesundheitskommission in Peking am Samstag mitteilte, fielen dem Virus in der Volksrepublik weitere 109 Menschen zum Opfer. Insgesamt forderte die Epidemie demnach schon rund 2350 Menschenleben in der Volksrepublik. Zudem sei die Zahl der neu bestätigten Infektionen um 397 auf nun 76.288 Fälle gestiegen.

Die mit Abstand meisten Todesfälle und Infektionen wurden erneut aus der besonders schwer betroffenen Provinz Hubei gemeldet, wo Covid-19 ursprünglich in der Millionenstadt Wuhan ausgebrochen war. Ausserhalb des chinesischen Festlands sind bislang 15 Todesfälle durch das Coronavirus und mehr als 1300 Infektionen bestätigt worden, 16 davon in Deutschland.

"Diamond Princess": Viele japanische Schiffspassagiere erkrankt

An Bord einer italienischen Maschine landeten am Samstagmorgen mehrere Ex-Passagiere der "Diamond Princess" im militärischen Teil des Flughafens Tegel, wie das Auswärtige Amt mitteilte. Dort sollten sie von einem Amtsarzt im Empfang genommen und untersucht werden. Laut Behörden sollten die Rückkehrer zwei Wochen lang zu Hause isoliert werden. Über die Berliner Passagiere hatte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) am Donnerstag gesagt, diese seien negativ auf das neuartige Coronavirus Sars CoV-2 getestet worden.

Die Rückkehrer waren auf der "Diamond Princess" gewesen, die wegen des Virus bis Mittwoch unter Quarantäne gestanden hatte. Mehrere Hundert Passagiere erkrankten und wurden in Krankenhäuser gebracht, wo zwei von ihnen starben. 970 negativ getestete Passagiere haben seit Ende der Quarantäne das Schiff verlassen.

Von den rund 750 bestätigten Infektionen in Japan entfallen allein 634 auf Menschen, die sich an Bord des Schiffs befanden - und die Zahlen steigen weiter an. Zählt man die erkrankten Schiffspassagiere mit, liegt Japan bei den Fallzahlen noch vor Südkorea an zweiter Stelle hinter China.

Ukraine: Steine auf Bus mit Wuhan-Rückkehrern

Weniger freundlich wurden China-Heimkehrer in der Ukraine empfangen. Aus Sorge vor dem Coronavirus Sars-CoV-2 waren am Donnerstag mehr als 70 Reisende aus China mit Bussen in ein Sanatorium in Nowi Sanschary knapp 300 Kilometer östlich der Hauptstadt gebracht worden.

Auf dem Weg dorthin hatte ein wütender Mob gegen die Rückkehr demonstriert. Die Menschen blockierten eine Verbindungsstrasse, attackierten den Bus und warfen mit Steinen mehrere Scheiben ein. Einige der Demonstranten waren mit Eisenstangen bewaffnet. Mehrere Hundert Polizisten waren im Einsatz, um die Lage zu beruhigen.

Präsident Wolodymyr Selenskyj verurteilte die gewaltsamen Ausschreitungen verurteilt. "Wir sagen ständig, dass die Ukraine Europa sei. Doch gestern schien es, dass wir ein Europa des Mittelalters sind", sagte der Staatschef am Freitag in Kiew.

Neun Polizisten wurden verletzt und knapp zwei Dutzend Randalierer festgenommen. Selenskyj vermutete hinter den Protesten auch politische Hintergründe.

Lage in Südkorea spitzt sich zu

Südkoreas Behörden meldeten einen zweiten Todesfall in Verbindung mit dem Virus. Demnach handelt es sich um eine 54-jährige Frau, die am Freitag nach dem Transfer vom Daenam-Krankenhaus im südöstlichen Cheongdo in eine Klinik der Küstenmetropole Busan starb. Einen Tag zuvor war bei einem Mann, der in derselben Klinik in Cheongdo behandelt worden war, das Virus nach dem Tod nachgewiesen worden.

Die Mehrheit der neuen Fälle in Südkorea konzentriert sich weiterhin auf die südöstliche Grossstadt Daegu und deren Umgebung. Mehr als 100 Infizierungen standen nach den Angaben der Behörden in Verbindung mit der Daenam-Klinik und einer christlichen Sekte. 38 weitere Mitglieder der Shincheonji-Kirche von Jesus in Daegu und anderen Orten hätten sich angesteckt. Die Behörden vermuten, dass die rasante Verbreitung des Virus unter den Mitgliedern von einer infizierten 61-jährigen Sektenanhängerin ausging. Sie habe trotz Krankheitssymptomen zunächst einen Virustest verweigert.

Coronavirus-Epidemie wirkt sich auf die Wirtschaft aus

Unterdessen werden die Auswirkungen der Epidemie auf die chinesische Wirtschaft immer sichtbarer. Wie der chinesische Autoverband CPCA mitteilte, brachen die Verkäufe vom 1. bis 16. Februar im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 92 Prozent ein. Waren 2019 in den ersten beiden Februarwochen noch 59 930 Autos verkauft worden, konnten die Händler jetzt nur noch 4909 Fahrzeuge absetzen.

Grosse Teile der chinesischen Wirtschaft sind wegen der Ausbreitung des Coronavirus sowie den damit verbundenen Massnahmen in den vergangenen Wochen praktisch zum Erliegen gekommen. Für deutsche Hersteller wie Mercedes-Benz, Audi, BMW, Volkswagen und Porsche ist China der wichtigste Markt. Bei VW steht die Volksrepublik für gut 40 Prozent der Auslieferungen. Und bei der Umstellung auf Elektro-Autos sind die Konzerne auf Batteriezellen aus China angewiesen.

Im Iran, wo Berichten zufolge binnen 48 Stunden vier Patienten an den Folgen der Lungenkrankheit gestorben sein sollen, überschattete die Furcht vor dem Virus auch die Parlamentswahl am Freitag In den Wahllokalen trugen viele Wähler sowie Wahlbeobachter Masken. Es gab auch Spekulationen, dass die Wahlbeteiligung aus Sorge vor einer Ansteckung mit dem Erreger niedriger ausfallen könnte.

Italien: Einige Verdachtsfälle in der Lombardei

Auch in Teilen Italiens gibt es Sorge vor einer Ausbreitung des Virus. Im nordöstlichen Venetien starb laut der Regionalregierung ein Mann, der als Verdachtsfall für eine Neuinfektion mit Sars-CoV-2 gilt. Er war einer von zwei älteren Patienten in der Provinz, bei denen eine vermutete Ansteckung mit dem Erreger noch nicht offiziell bestätigt war.

Die Fallzahlen steigen besonders in der an Venetien grenzenden Lombardei: Am Freitagabend erhöhte sich die Zahl nachgewiesener Infektionen um weitere 8 auf 14. Mehrere Ortschaften mit zusammen rund 50.000 Einwohnern wurden von den Behörden faktisch abgeschottet. Wer kann, sollte möglichst zuhause zu bleiben, teils wurde die Schliessung von Schulen, Bars und anderen öffentlichen Einrichtungen angeordnet. (hub/dpa)

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