Unzählige Mütter und Väter haben Tipps von Jesper Juul in die Erziehung ihrer Kinder einfliessen lassen. Nun ist der Familienexperte gestorben. Sein Werk bleibt.
Der dänische Familientherapeut und Bestseller-Autor Jesper Juul ist tot. Er sei nach langer und schwerer Krankheit am Donnerstag bei sich zu Hause in der dänischen Kleinstadt Odder friedlich eingeschlafen, sagte der Gründer und Leiter der Organisation Familylab Deutschland, Mathias Voelchert, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Der Pädagoge wurde 71 Jahre alt.
"Sieben Jahre gekämpft"
Juul habe seit Jahren starke Schmerzen gehabt, gegen die auch Medikamente nicht geholfen hätten. "Er hat jetzt sieben Jahre gekämpft, jetzt ging es nicht mehr", sagte Voelchert.
Juul galt als einer der führenden Familienexperten und verfasste zahlreiche Erziehungsratgeber wie "Dein kompetentes Kind" (1997). Er hatte 2004 die Organisation Familylab International gegründet, die sich auf die Beratung von Eltern in Erziehungsfragen spezialisiert hat. 2006 gründete Voelchert dann den deutschen Familylab-Ableger.
Zentrales Thema von Juuls Arbeit sei die Gleichwürdigkeit gewesen, sagte Voelchert über seinen Weggefährten. Unter dem Begriff versteht man, dass Kinder und Schwache dieselben Rechte wie andere in der Gesellschaft haben. "Es ist die Pflicht der Starken, für die Schwachen zu sorgen und sie nicht auszubeuten oder schlecht zu behandeln", sagte Voelchert.
Der US-Psychiater Walter Kempler und der dänische Kinderpsychiater Mogens A. Lund zählten zu Juuls Mentoren und Freunden. Nach seinem Studium, das er sich unter anderem mit Ferienjobs als Kellner in Deutschland finanziert hatte, liess er sich einst in Dänemark, den Niederlanden und in den USA zum Familientherapeuten ausbilden.
Wegen schwerer Nervenkrankheit im Rollstuhl
1979 gründete Juul gemeinsam mit Lund, dessen Frau und in Kooperation mit Kempler das Kempler Institute of Scandinavia, ein Vierteljahrhundert später folgte das Familylab. In den vergangenen Jahren sass Juul schliesslich wegen einer schweren Nervenkrankheit vom Bauchnabel abwärts gelähmt im Rollstuhl.
Mit seinen Werken hat Juul unzähligen Eltern bei der Erziehung unter die Arme gegriffen. Er selbst sei dabei nicht der beste Vater für seinen Sohn Nicolai gewesen, verriet der Däne im Juli 2016 dem Magazin "Nido".
"In den ersten Lebensjahren meines Sohnes war ich einer der furchtbarsten Väter, die man sich vorstellen kann", sagte er. Er habe seinem Sprössling auch mal einen Klaps auf den Hintern verpasst. Mit den Jahren sei er dann ein eher weicher Vater geworden und in ständiger Angst gewesen, dass er seinem Sohn schaden könne. © dpa
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