Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner hat sich für eine neue Welthandelsordnung ausgesprochen, um die Macht von Diktaturen einzuhegen und Demokratien zu stärken. Der Vorstandsvorsitzende des Medienkonzerns kritisierte in einer Gesprächsrunde der Deutschen Presse-Agentur in Berlin, er könne "Doppelstandards" vieler Firmen nicht verstehen: Dass Unternehmen einerseits im eigenen Betrieb einen korrekten Umgang mit Gender-Anreden vorschrieben "und gleichzeitig Tausende von Arbeitsplätzen dorthin verlagern, wo Kinderarbeit herrscht, Frauen keine Rechte haben und auf Homosexualität die Todesstrafe steht. Ich frage mich, wie man diese Widersprüche aushalten kann."
Der 61 Jahre alte Manager stellte sein in dieser Woche in Deutschland erschienenes Buch "Der Freiheitshandel. Warum Geschäfte mit Diktatoren unsere Demokratie gefährden" vor. In den USA wurde das Buch in einer anderen Version bereits im vergangenen Jahr publiziert.
In dem rund 190 Seiten langen Werk kritisiert Döpfner, dass das Konzept "Wandel durch Handel" nicht funktioniert habe. Diktaturen seien gestärkt worden. Die Demokratie sei in der Defensive.
Um der Entwicklung entgegenzuwirken, schlägt Döpfner, der seit mehr als 20 Jahren Vorstandsvorsitzender von Springer ("Bild", "Welt") ist, eine neue "Freiheitshandelsallianz" vor. Er schreibt, die Welthandelsorganisation WTO sei gescheitert. "Es braucht eine neue Welthandelsordnung", heisst es im Buch. Freihandel müsse neu definiert und organisiert werden, in einem multinationalen Rechtsrahmen des wirklich freien Handels.
In dem von Döpfner skizzierten wirtschaftlichen Bündnis der Demokratien zählt er drei Kategorien auf: Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit, Einhaltung der Menschenrechte und Einhaltung von Klimazielen. Mitglieder sollen demnach zollfrei und uneingeschränkt freien Handel miteinander treiben können. Nichtmitglieder könnten ebenfalls Handel mit Mitgliedern treiben - aber mit hohen Zöllen belegt. Döpfner setzt auf die Entstehung einer starken freiheitlichen Wertegemeinschaft.
Bei der Buchvorstellung sagte Döpfner: "Es kann nicht sein, dass ein Rechtsstaat mit einem Nicht-Rechtsstaat auf Basis unterschiedlicher Regeln Handel treibt. Das kann auf die Dauer nicht gut gehen." Er ergänzte: "Es kann auch nicht gut gehen, wenn in dem einen Land Menschenrechte unter höchsten und immer höher werdenden ESG-Standards (Umwelt-, Sozial- und Führungsstandards), Diversity- und Inklusions-Zielen verfolgt werden - und in anderen Ländern Menschen verurteilt werden, nur weil sie homosexuell sind. Oder Frauen, weil ihnen Ehebruch unterstellt wird, gesteinigt werden."
In dem Buch geht der Verlagschef auch auf die Medien ein. Im Kapitel "Das Problem: Freiheit ist zerbrechlich" heisst es unter anderem: "Ob Russland oder China, die Türkei oder Weissrussland, Katar oder Saudi-Arabien, Syrien, Afghanistan oder der Iran: Diskriminierung, Homophobie, Verletzung von Frauenrechten und aggressive Niederschlagung der Opposition nehmen in all diesen Ländern zu. Die Unterdrückung freier Medien in autokratischen oder totalitären Staaten sorgt dafür, dass Missstände nicht aufgedeckt werden."
Döpfner zeigte sich überzeugt, dass eine neue Welthandelsordnung zu positiven Effekten führen würde. Er sagte bei der Buchvorstellung: "Ich glaube, dass davon vor allen Dingen die einkommensschwachen Bevölkerungsschichten profitieren werden. Denn was dann natürlich passiert: Es werden Arbeitsplätze zurückverlagert." © dpa
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