Gitterstäbe durchflexen, Fenster einschlagen, Vitrine zertrümmern - die Diebe, die spektakulär in Dresdens Grünes Gewölbe eingebrochen sind und Juwelenschmuck von unschätzbarem Wert haben mitgehen lassen, gingen zwar professionell vor, hatten aber relativ leichtes Spiel. Rufe nach mehr Sicherheit werden laut.
Der genaue Tathergang ist noch nicht abschliessend geklärt, doch die Einbrecher hatten offensichtlich nicht allzu schweres Spiel: Am frühen Montagmorgen drangen sie über ein Fenster im Erdgeschoss in das Dresdner Residenzschloss ein, indem sie zuerst die Gitterstäbe durchtrennten und danach die Scheibe einschlugen.
Dann marschierten sie gezielt in das Grüne Gewölbe, zertrümmerten mit einer Axt die Vitrine und stahlen zahlreiche Schmuckstücke mit Diamanten und Brillanten. Als die alarmierte Polizei am Tatort eintraf, waren die Diebe bereits über alle Berge.
Museen sind "kein Banksafe"
Noch steht das Ausmass des Verlustes, mit dem das berühmte barocke Schatzkammermuseum international in die Schlagzeilen geraten ist, nicht endgültig fest. Doch die Diskussion über die Sicherheit ist bereits in vollem Gange.
Fest steht: Die Museen in Deutschland stecken im Zwiespalt zwischen Sicherung der Objekte und Zugang für die Öffentlichkeit.
"Museen sind öffentliche Institutionen, wir wollen öffentliche Häuser sein, die natürlich Besucherinnen und Besucher ansprechen möchten", sagte der Präsident des Deutschen Museumsbundes, Eckart Köhne, der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Wir sind eben kein Banksafe. Und das bringt ein gewisses Risiko mit sich."
"Sicherheitsmassnahmen in Dresden haben gegriffen"
Bei der Sicherung der Bestände spiele bauliche Sicherheit eine grosse Rolle, sagte Köhne, der auch Direktor des Badischen Landesmuseums in Karlsruhe ist. Dabei arbeiteten die Museumsträger jeweils zusammen mit Bauämtern, Baubehörden und zuständigen Stellen. "Da ist es schon so wie bei einem Eigenheim, dass man natürlich auch nicht alle zwei Jahre ein Update machen kann."
Viele Sicherheitssysteme funktionieren aus Sicht des Museumsexperten. "In Dresden ist der Einbruch ja sofort bemerkt worden, ist auf Video aufgezeichnet worden. Die Sicherheitsmassnahmen haben also schon gegriffen. Es ist nicht unbemerkt geblieben, was es auch gibt", sagte Köhne mit Blick auf den Einbruch im Grünen Gewölbe. "Wenn genug Brutalität und kriminelle Energie vorhanden sind, kommt es eben zu solchen Fällen."
Die Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen, Marion Ackermann, sagte: "Wir werden uns Fragen stellen, was man an der Sicherheit verschärfen muss. Wir waren auf dem Stand, das ist das, was man tun kann. Hundertprozentige Sicherheit gibt es nicht."
Es gibt auch Wiederholungseinbrüche
Auf Verbandsebene wurde bereits reagiert. "Der Museumsbund hat einen neuen Arbeitskreis Gebäudemanagement und Sicherheit gegründet im letzten Jahr. Insofern haben wir da ein Forum geschaffen, um sich auszutauschen. Aber hundertprozentige Sicherheit ist einfach nicht zu kriegen."
Überprüfungen der Sicherheitssysteme seien üblich, "umso mehr, wenn so etwas vorgefallen ist". Es kommt auch zu Wiederholungseinbrüchen. "Man ist gehalten, die Abläufe immer wieder zu überprüfen und zu schauen, dass zumindest die Mittel und Möglichkeiten, die man hat, auch funktionieren und vor allem die Kommunikation funktioniert."
Auch die Deutsche Burgenvereinigung hat vor einer unzureichenden Sicherung von Kunstschätzen gewarnt. In vielen Museen seien wichtige historische Artefakte nur ungenügend gesichert, teilte die Vereinigung mit Sitz auf der Marksburg in Braubach in Rheinland-Pfalz am Dienstag mit.
"Bestimmt ist in Dresden im Bewusstsein der Bedeutung der Exponate alles für deren Sicherheit getan worden. Trotzdem haben aber Verbrecher einen Weg gefunden, sämtliche Sicherheitsvorkehrungen auszuschalten beziehungsweise zu umgehen", hiess es. Man rufe deshalb alle Verantwortlichen dazu auf, die Sicherheit wichtiger kulturhistorischer Zeugnisse zu gewährleisten.
Täter gehen häufig mit grosser Brutalität vor
Laut Köhne vom Museumsbund gibt es "eine spezielle Art von Kriminalität mittlerweile, die einem wirklich Sorgen macht". Es sei üblich, dass das Sicherungspersonal nicht selbst eingreift. "Die Täter gehen manchmal auch mit grosser Brutalität vor." Das Gewaltpotenzial sei da sehr hoch "und die Wachleute sind ja keine ausgebildeten Einzelkämpfer".
Da gehe es darum, möglichst schnell die Polizei zu holen. "Es ist sicherlich nicht so, dass man da Menschen braucht, die Helden spielen. Menschenleben muss man definitiv schützen."
Der Verbandschef verwies auf spektakuläre Fälle in jüngster Zeit. "Es scheint so zu sein, dass Juwelen im Moment stark bedroht sind. Es gab jetzt einige Fälle, wo tatsächlich Juwelen entwendet worden sind."
Das mache Sorgen, weil es auch eine neue Art der Kriminalität sei. "Da sind ja keine Trickdiebe unterwegs, sondern da wird mit roher Gewalt vorgegangen. Das ist eine Qualität, der man begegnen muss."
Der Deutsche Museumsbund vertritt die Museen und ihre Mitarbeiter. Der Verband will Menschen, Institutionen und Themen rund ums Museum zusammenbringen. Damit soll qualitätsvolle Museumsarbeit und Austausch zwischen Museumsfachleuten gefördert werden. (hub/dpa/AFP)
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