Ein Mann und eine Frau starten eine Tour auf den Grossglockner – die 33-Jährige kehrt nicht zurück. Die Österreicherin erfriert kurz vor dem Gipfel. Nun wird gegen ihren Begleiter ermittelt. Details, die ans Licht kommen, geben Rätsel auf.

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Der Grossglockner ist mit 3.798 Metern der höchste Berg Österreichs und für viele Bergsteiger ein beliebtes Ziel. Eine 33-jährige Österreicherin kam nun beim Aufstieg ums Leben. Sie war in Begleitung ihres 36-jährigen Partners, die beiden starteten am Samstagmorgen von einem Parkplatz in Kals ihre Tour, wie es in einer Pressemitteilung der Polizei Tirol heisst. Über den Stüdlgrat wollten der Mann und die Frau zum Gipfel gelangen, zurück sollte es über den Kleinglockner und die Adlersruhe gehen. Ausgestattet waren sie zwar mit einer Hochtourenausrüstung, "aufgrund konditioneller und technischer Schwierigkeiten" ging der Aufstieg laut Polizei jedoch nur schleppend voran.

Erst gegen Mitternacht waren die beiden kurz vor dem Gipfel angelangt – die letzten 50 Meter konnte die Frau jedoch vor Erschöpfung nicht mehr bewältigen. Der 36-jährige Österreicher stieg daraufhin zur Adlersruhe ab, um Hilfe zu holen. Bergrettung und Alpinpolizisten machten sich noch in der Nacht zu Fuss auf den Weg. Wegen starken Windes war eine Hubschrauberrettung bei Tagesanbruch nicht möglich. Die Bergretter erreichten um etwa 10:10 Uhr die Frau – sie war bereits gestorben. Ein Arzt stellte als Todesursache Erfrieren fest.

Ermittlungen gegen den 36-jährigen Begleiter

Die Staatsanwaltschaft Innsbruck hat nun Ermittlungen gegen den 36-Jährigen eingeleitet, wie die Austria Presse Agentur (APA) berichtet. Der Österreicher wird der fahrlässigen Tötung verdächtigt. Der Tiroler Polizei zufolge habe es ein "Führerverhältnis" zwischen dem Mann und der Frau gegeben, wie die "Kleine Zeitung" berichtet.

Der 36-Jährige habe die Tour geplant und sei der erfahrenere Bergsteiger gewesen. Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung seien bei solchen Fällen das übliche Prozedere und nicht ungewöhnlich, erklärte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft der APA.

Polizeihubschrauber war vor Ort

Unterdessen werden weitere Details über die Nacht bekannt: Laut einem ORF-Bericht war bereits am Samstagabend ein Polizeihubschrauber am Grossglockner unterwegs. Ein Polizeisprecher erklärte, dass andere Bergsteiger gegen 20:15 Uhr Lichter am Grossglockner gemeldet hätten – offenbar die Taschenlampen des Paares. Über eine Webcam und Erhebungen vor Ort habe man "ermittelt, wer die zwei Personen sein könnten". Daraufhin habe man "unzählige Male versucht, die zwei Personen zu erreichen" – vergebens.

Gegen 22:00 Uhr habe die Polizei dann einen Hubschrauber angefordert, der eine halbe Stunde später vor Ort am Grossglockner war. Die beiden Personen hätten laut Polizei jedoch "nicht auf sich aufmerksam gemacht, sodass zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen werden konnte, dass keine alpine Notlage vorgelegen ist, weshalb der Hubschrauber weitergeflogen ist".

Hätten die beiden auf sich aufmerksam gemacht, wäre das Unglück dann nicht passiert? Der Ortsstellenleiter der Bergrettung Kals äussert sich vorsichtig: "Wir wissen es nicht", sagte er der "Allgäuer Zeitung". "Man muss ja auch erst eine Rettungsaktion starten. Das Absetzen einer Mannschaft vom Hubschrauber war aufgrund des starken Windes nicht möglich. Es hätte so oder so mehrere Stunden gedauert, um zu dem Paar zu kommen."

Handyempfang am Gipfel?

Auch eine weitere Frage drängt sich auf: Warum hatte der 36-Jährige nicht schon kurz vor dem Gipfel den Notruf gewählt, sondern war zur Adlersruhe abgestiegen? Laut Bergrettung gebe es am Gipfel Empfang. "Prinzipiell ist Handyempfang, aber es ist schwierig, wenn der Wind so brutal geht – es war orkanartiger Wind, es war super kalt, es war sicher eine extreme Ausnahmesituation für die zwei", erklärte ein Bergretter dem ORF. "Vielleicht ist das Handy ausgefallen, vielleicht hat es eine technische Schwierigkeit gegeben. Vielleicht haben es die Leute mit kalten Fingern nicht mehr richtig bedienen können. Das weiss man nicht, das muss ermittelt werden."

Zudem betonte der Bergretter, keine voreiligen Schlüsse zu ziehen. Der Körper und speziell das Gehirn funktioniere unter Kälte und Stress "nicht mehr so, wie es normal funktioniert".

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