Nach dem Flugzeugabsturz des Airbus A320 von Germanwings herrscht Entsetzen. Die Nachricht vom Tod der 150 Insassen des Fluges von Barcelona nach Düsseldorf hat neben tiefer Trauer auch Angst ausgelöst: Deutsche Airlines galten immer als besonders sicher. Flugsicherheits-Experte Ulrich Paulus erklärt im Interview, wo beim Fliegen die grössten Schwachstellen lauern und wie wahrscheinlich es ist, dass sich das Unglück wiederholt.

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Wie sieht es bei Germanwings mit der Wartung von den Passagierflugzeugen aus?

Ulrich Paulus: Billigflieger hin oder her, Germanwings ist eine Tochter von Lufthansa und unterliegt den gleichen Verfahren wie für die Lufthansa-Maschinen. Sie werden nach Vorschrift regelmässig gewartet und die entsprechenden Teile werden ausgetauscht - unabhängig davon, ob sie noch funktionsfähig sind oder nicht. Ausserdem gibt es die Pre-Flight-Checks bevor die Maschinen starten. Germanwings hat mit die am besten gewarteten und sichersten Flugzeuge, wie auch Lufthansa.

Wie sieht es mit gesetzlichen Vorschriften im Nicht-EU-Ausland aus?

In Deutschland und der EU gibt es sehr strenge Regularien. Bei der Sicherheit sind die USA wie auch die arabischen Staaten auf dem gleichen Stand wie Europa, aber für Asien habe ich Bedenken. Bei Billigfliegern aus diesem Raum ist das ganz anders. Da bezweifle ich, dass die gleiche Sorgfalt gilt wie bei Airlines in Europa, Amerika und den arabischen Ländern.

Was ist denn in Europa besonders streng?

Wichtig ist, dass bestimmte Teile nach einer bestimmten Anzahl von Flugstunden oder einer festgelegten Zeitspanne ausgetauscht werden - unabhängig vom Verschleiss. Das gilt für alle Komponenten wie etwa Reifen oder Elektronik, die für eine sichere Fliegerei notwendig sind.

Seit Einführung der "Fly by Wire"-Technik (computergesteuerter Flug) von Airbus kommt den Sensoren eine grosse Bedeutung zu. Die sind zwar dreifach abgesichert, sind aber trotzdem eine Schwachstelle. Wenn die Sensorik verrückt spielt, reagiert der Computer falsch. Wenn der Pilot plötzlich manuell fliegen muss, ist es wichtig, schnell zu handeln. Das kann aber zum Problem werden, weil die Piloten oft viele Jahre lang nur mit "Fly by Wire" fliegen.

Aber der manuelle Flug wird doch ständig geübt, oder?

Natürlich, in den Simulatoren wird das ständig geübt. Auch in der Ausbildung fangen die Piloten mit manueller Fliegerei an. Aber nach tausenden geflogenen Meilen mit Unterstützung der Elektronik wird manuelles Fliegen manchmal etwas unterschätzt. Im Simulator können Piloten zwar jede Flugsituation üben, jedoch nicht die psychische Belastung, wenn die Elektronik streikt.

Lassen Sie uns auf die Sensorik zurückkommen. Was sind das für Sensoren bei Passagierflugzeugen?

Die sind am Rumpf der Maschine angebracht und geben über viele Daten Aufschluss wie etwa Neigungswinkel, Geschwindigkeit oder Höhe. Nach diesen Daten wird der Computer gesteuert. Diese Sensorik ist anfällig, wenn sie etwa vereist, mechanisch beschädigt oder durch kleine Insekten verstopft ist. In Bilbao gab es einen Vorfall, ich meine das war 2014, dass die Sensorik vereist ist. Da sind die Piloten in einen Sinkflug geraten, den sie manuell abfangen konnten. Nach diesem Vorfall hat Airbus die Elektronik an der A320 gründlich überholt.

Nach dem Unglück in den französischen Alpen gibt es Passagiere, die grosse Angst vor einem Flug haben. Was sagen Sie diesen Reisenden?

Sie müssen überhaupt keine Angst haben. Fliegen ist immer noch das sicherste Transportmittel. Ausserdem ist der Airbus A320 eines der sichersten Flugzeuge der Welt. Er ist über 7.000 Mal im Einsatz. Es ist völlig unwahrscheinlich, dass sich das Unglück wiederholt. Ich kann jedem davon abraten, vor dem Fliegen besonders mit einer A320 unnötige Angst zu haben.

Ulrich Paulus ist stellvertretender Leiter der Luftfahrt-Akademie in Berlin.
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