Ein Mann stösst einen achtjährigen Jungen in Frankfurt vor einen einfahrenden ICE in den Tod - und schweigt. Die zweite tödliche Tat dieser Art an einem Bahngleis in nur zehn Tagen. Die politische Diskussion über die Sicherheit an deutschen Bahnhöfen nimmt Fahrt auf. Derweil werden weitere Informationen über den Täter bekannt.

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Nach der tödlichen Attacke am Frankfurter Hauptbahnhof geht die Suche der Ermittler nach dem Motiv des Tatverdächtigen weiter. Der 40-Jährige, der am Montag einen achtjährigen Jungen vor einen einfahrenden ICE in den Tod gestossen haben soll, wird laut Staatsanwaltschaft Frankfurt am Dienstag dem Haftrichter vorgeführt. Bislang hat er sich nicht zu dem Fall geäussert, wie eine Sprecherin der Ermittlungsbehörde sagte.

Die Frankfurter Staatsanwaltschaft teilte am Dienstagmittag einige Informationen über den Verdächtigen mit. Demnach handelt es sich um einen verheirateten Familienvater. "Er soll seit 2006 in der Schweiz leben, er soll verheiratet sein und Vater von drei Kindern sein", sagte Sprecherin Nadja Niesen. "Er hat angegeben, er sei vor wenigen Tagen von Basel mit dem Zug nach Frankfurt gefahren." In Deutschland sei er bislang nicht polizeibekannt.

Wie die Schweizer Polizei am Dienstag via Twitter mitteilte, lebte der Mann mit eritreischer Staatsbürgerschaft zuletzt im Kanton Zürich und war im Besitz einer sogenannten Niederlassungsbewilligung. Diese wird Ausländern in der Schweiz nach einem Aufenthalt von fünf oder zehn Jahren im Land ausgestellt. Niedergelassene haben damit laut dem Staatssekretariat für Migration ein unbeschränktes Aufenthaltsrecht.

Frankfurter Hauptbahnhof: Seehofer wird sich heute zu Fällen äussern

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will sich "angesichts mehrerer schwerwiegender Taten in jüngerer Zeit" derweil am Dienstag in Berlin mit den Chefs der Sicherheitsbehörden beraten. Die Ergebnisse wird er auf einer Pressekonferenz (15:00 Uhr) vorstellen.

Bei dem Treffen soll es nach dpa-Informationen neben der Attacke am Frankfurter Hauptbahnhof auch um Angriffe und Drohungen gegen Vertreter der Linkspartei gehen, um Bombendrohungen gegen Moscheen sowie den rassistisch motivierten Angriff auf einen Eritreer im hessischen Wächtersbach.

Ein achtjähriger Junge war im Frankfurter Hauptbahnhof von einem Mann vor einen einfahrenden ICE gestossen und so getötet worden. Die Polizei nahm einen Tatverdächtigen fest.

Debatte um Sicherheit an Bahnhöfen

Die Attacke im Frankfurter Hauptbahnhof löste auch eine Debatte über die Sicherheit an Bahnhöfen aus. Der CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Nach dieser furchtbaren Straftat braucht es jetzt rasche und spürbare Konsequenzen für den Täter. Zusätzlich zum Strafverfahren sollten auch aufenthaltsbeendende Massnahmen diskutiert werden. Darüber hinaus bin ich offen für eine Diskussion über bessere Sicherheitsvorkehrungen an unseren Bahnhöfen."

Der SPD-Verkehrsexperte Martin Burkert bemängelte in der "Bild"-Zeitung (Dienstag) eine unzureichende Aufsicht an den Bahnsteigen, ausserdem fehle es an den Bahnhöfen an Bundespolizisten.

Aus Sicht der Vorsitzenden der Verkehrsministerkonferenz, Anke Rehlinger (SPD), sind Taten wie in Frankfurt durch Sicherheitsmassnahmen allerdings nicht zu verhindern. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Dienstag) sagte die saarländische Verkehrsministerin: "Eine solche Tat offenbart keine Sicherheitslücke, sondern eine Menschlichkeitslücke."

Polizei warnt vor Nachahmungstätern

Der stellvertretende Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jörg Radek, warnte unterdessen vor Nachahmungstätern. Aus Grossstädten wie Berlin seien Fälle sogenannter S- und U-Bahn-Schubser schon länger bekannt. "Die Polizei versucht sich nach jedem Fall präventiv besser einzustellen. Bei Taten, die vorsätzlich geschehen, stösst sie jedoch an ihre Grenzen", sagte Radek dem RND. Angesichts von 5.600 Bahnhöfen und Haltestellen in Deutschland dürfe nicht mit schnellen Lösungen gerechnet werden. "Die sind alle so unterschiedlich strukturiert, dass es schwer sein dürfte, ein Konzept für alle zu entwickeln." Forderungen nach mehr Personal bezeichnete der GdP-Vize als unseriös.

In Frankfurt soll der tatverdächtige 40-Jährige am Montag auch die Mutter des getöteten Jungen ins Gleisbett gestossen und es bei einer weiteren Person versucht haben. Die Mutter habe sich auf einen Fussweg zwischen zwei Gleisen gerettet. Sie wurde mit Verletzungen ins Krankenhaus gebracht. Die dritte Person konnte sich in Sicherheit bringen, ohne in die Gleise zu stürzen.

Der Frankfurter Fall erinnert an eine Attacke, die sich vor gut einer Woche in Voerde in Nordrhein-Westfalen ereignet hatte: Dort hatte ein Mann eine Frau an einem Bahnhof vor einen Zug gestossen und so getötet. (mgb/hub/dpa)  © dpa

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