Über ein Jahrzehnt herrschte Jacques Chirac im Élyséepalast. Selbstbewusst vertrat er auf internationaler Bühne sein Land. An der Seite von Gerhard Schröder verweigerte er sich dem amerikanischen Irakkrieg.

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Der Tod des früheren französischen Präsidenten Jacques Chirac hat weltweit Bestürzung und Trauer ausgelöst. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron würdigte seinen im Alter von 86 Jahren verstorbenen Vorgänger am Donnerstag in einer Fernsehansprache als "grossen Franzosen", "der uns genauso geliebt hat wie wir ihn geliebt haben". Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte, Chirac sei "ein grosser Staatsmann und Europäer" gewesen.

Chirac war am Donnerstagmorgen im Kreis seiner Familie "friedlich" gestorben, wie sein Schwiegersohn mitteilte. Beide Kammern des französischen Parlaments legten eine Schweigeminute ein. Am Abend wurde im Gedenken an Chirac die Beleuchtung des Pariser Eiffelturms abgeschaltet. Am Montag soll Chirac mit einer eintägigen Staatstrauer und einem Trauergottesdienst in der Kirche Saint-Sulpice in Paris geehrt werden.

"Er hat so viel für unser Land getan"

"Er trug die Liebe zu Frankreich und zu den Franzosen in sich", sagte Macron über Chirac. "Er hat so viel für unser Land, unsere Werte, die Brüderlichkeit und die Toleranz getan", sagte Macron, der nach seiner Ansprache mit seiner Frau Brigitte zu Chiracs Wohnung in der Pariser Rue de Tournon fuhr, um Chirac die letzte Ehre zu erweisen.

Chirac war 18 Jahre lang Pariser Bürgermeister, mehrfach Minister, zweimal Premierminister und zwölf Jahre lang - von 1995 bis 2007 - Präsident Frankreichs. Schon 2005 erlitt er einen Schlaganfall. Im Laufe der Jahre kamen andere Gesundheitsprobleme wie Gedächtnisverlust und Schwerhörigkeit hinzu, Ende 2013 musste er sich einer Nierenoperation unterziehen.

Merkel würdigte Chirac als "herausragenden Partner und Freund". "Wir verlieren einen grossen Staatsmann und Europäer", erklärte auch Bundesaussenminister Heiko Maas (SPD). "Sein Nein zum Irakkrieg und seine konsequente Aufarbeitung der Naziverbrechen auch durch französische Kollaborateure und die Vichy-Regierung ehren sein Andenken." Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte, auch Deutschland habe ihm "viel zu verdanken".

Schröder erinnert an gemeinsame Arbeit

Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) erinnerte daran, dass Deutschland und Frankreich während Chiracs und seiner Amtszeit 2003 zu dem "sinnlosen Krieg" im Irak gemeinsam "Nein gesagt" hätten. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigte sich durch die Todesnachricht "bewegt und am Boden zerstört". Russlands Präsident Wladimir Putin bescheinigte Chirac ein "hohes internationales Ansehen als weiser und visionärer Staatenlenker".

In der Aussenpolitik sah sich Chirac in der Tradition von Republikgründer Charles de Gaulle und vertrat den Kurs eines unabhängigen Frankreichs, insbesondere auch im Verhältnis zu Washington. Auf EU-Ebene setzte Chirac die enge Partnerschaft mit Deutschland fort - und vertrat auch immer wieder vehement die Interessen der französischen Landwirte.

Zum politischen Erbe Chiracs gehören daneben die Verkürzung der Amtszeit des Präsidenten von sieben auf fünf Jahre, die Abschaffung der Wehrpflicht und die Anerkennung der Mitverantwortung des französischen Staates für Nazi-Verbrechen während der deutschen Besatzung.

Chirac wurde 2011 verurteilt

Nach seinem sozialistischen Vorgänger François Mitterrand, der von 1981 bis 1995 Präsident war, kam Chirac auf die zweitlängste Amtszeit eines französischen Staatschefs nach dem Zweiten Weltkrieg. Er war aber auch der erste Präsident, der nach dem Ausscheiden aus dem Amt 2011 verurteilt wurde - wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder.

Seinen letzten grossen Auftritt in der Öffentlichkeit absolvierte Chirac 2014 in Paris am Musée du Quai Branly, das seither seinen Namen trägt. Chirac war für seine Leidenschaft für Kunstschätze aus fernen Ländern und für das Sumo-Ringen bekannt.

Chirac heiratete 1956 die Adelige Bernadette Chodron de Courcel, die er an der Elite-Hochschule Sciences Po kennengelernt hatte. Das Paar bekam zwei Töchter, Laurence und Claude. Chirac räumte aussereheliche Affären ein, die er jedoch "so diskret wie möglich" ausgelebt habe.

(afp/fra)

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