Protz und Prunk, Luxus und Verschwendung - extravagante Bischofssitze und millionenschwere Grundstücke in Bestlage sorgen für Aufregung und werfen Fragen auf. Wie reich sind die Kirchen? Woher kommt ihr Geld und mit welchem Recht erhalten sie es? Ist es Zeit, ihr Finanzwesen durchsichtiger zu gestalten und das Verhältnis von Staat und Kirche auf neue Beine zu stellen?

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Wie reich die Kirchen in Deutschland sind, wissen sie wohl selbst nicht so genau - und an Transparenz waren sie auch oft nicht interessiert. Das Vermögen eines Bischöflichen Stuhls etwa war bis vor wenigen Wochen vertraulich. Erst unter dem Druck der Debatte um ihren vermeintlichen oder tatsächlichen Reichtum haben mehrere Bistümer die Zahlen offengelegt.

Vor mehr als einem Jahrzehnt hat sich der Politologe Carsten Frerk die Mühe gemacht, Zahl um Zahl zu recherchieren. Sein Ergebnis: Rund eine Billion Mark - 500 Milliarden Euro - betrug das Vermögen der beiden grossen Kirchen damals. Heute schätzt Frerk die Zahlen niedriger, zwischen 340 und 430 Milliarden Euro, was aber noch immer eine beträchtliche Summe ist.

Wie reich ist die Kirche wirklich?

Von der katholischen Deutschen Bischofskonferenz (DBK) hiess es beim Erscheinen der Studie Ende 2001, man könne die Zahlen "weder bestätigen noch dementieren". Die Zahlen, die seither von den Kirchen veröffentlicht wurden, legen aber einen deutlich niedrigeren Vermögensstand nahe als den von Frerk veranschlagten.

Den grössten Posten des kirchlichen Vermögens machen Immobilien und Grundbesitz aus - Frerk schätzte den Anteil auf mehr als 40 Prozent. Doch hier liegt das grösste Problem der Schätzung. Denn was ist etwa der Kölner Dom wert? Frerk stellte die These auf, dass die Kirche mit einer Ausgleichszahlung von 500 Millionen Mark (rund 250 Millionen Euro) rechnen könnte, würde sie das Gotteshaus einer Stiftung als Museum übereignen. Die Kirchen verweisen darauf, dass die historischen Gebäude ausser ein paar Münzen im Klingelbeutel nichts abwerfen - ganz im Gegenteil: Ihr Unterhalt ist teuer.

Im Erzbistum Köln werden sämtliche Kirchen mit einem Euro eingepreist - der Kölner Dom ist wegen einer Umstellung im Rechnungswesen noch nicht geschätzt. "Wenn das geschehen ist", zitiert die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" Dompropst Norbert Feldhoff, "wird er vermutlich auch mit einem Euro bewertet."

Kirchensteuer beruht auf Weimarer Verfassung

Die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle für die Kirchen ist die Kirchensteuer. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) erwartet im laufenden Jahr 4,77 Milliarden Euro, das sind 48 Prozent ihrer Gesamteinnahmen. Die Bischofskonferenz weist für das Jahr 2012 in ihrer Statistik 5,188 Milliarden Euro Steuereinnahmen aus. Eingezogen wird die Kirchensteuer in der Regel von den Finanzämtern. Den Verwaltungsaufwand bezahlen die Kirchen, indem sie zwischen zwei und vier Prozent der Steuer an den Staat abgeben.

Verankert ist die Kirchensteuer im Artikel 140 des Grundgesetzes, der noch auf der Weimarer Reichsverfassung beruht. Darin wird allen Religionsgesellschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechtes sind, das Recht eingeräumt, Steuern zu erheben.

Keineswegs alle Kirchenmitglieder entrichten diesen Beitrag. Kinder, geringverdienende Rentner oder Arbeitslose etwa zahlen nichts. Nach Angaben der DBK beträgt der Anteil der Kirchensteuer zahlenden Katholiken nur etwa 30 Prozent.

Kirche in Frankreich muss sich weitgehend selbst finanzieren

Blickt man über die deutschen Grenzen hinweg, so gibt es durchaus andere Modelle zur Kirchenfinanzierung - abhängig davon, wie das Verhältnis zwischen Staat und Kirche geregelt ist. Die Spannweite reicht von einer Staatskirche bis zur vollständigen Trennung aller Beziehungen zwischen Staat und Kirche. In Italien und Spanien etwa werden die Kirchen überwiegend aus Steuermitteln finanziert. Dagegen muss sich die Kirche in Frankreich weitgehend selbst finanzieren. Etwa 75 Prozent ihrer Einnahmen stammen dort aus Sammlungen und Spenden.

In Deutschland verweisen die Kirchen darauf, dass das praktizierte Modell sowohl die Unabhängigkeit der Kirche vom Staat und zugleich die von Gruppen- und Einzelinteressen gewährleistet - und sehen keine Notwendigkeit zur Änderung. Möglich ist aber, dass diese irgendwann von der Europäischen Union kommt. Eine europaweite Harmonisierungen des Einkommenssteuerrechts könnte sich auch auf das Kirchensteueraufkommen auswirken.

Bundesländer zahlen jährlich rund 480 Millionen Euro

Über die Kirchensteuer hinaus sind weitere finanzielle Leistungen des Staates an die Kirchen in den Blickpunkt gerückt. Wolfgang Kubicki, Jurist und Mitglied des FDP-Bundespräsidiums, verweist in einem Beitrag für "Focus Online" darauf, dass 14 der 16 Bundesländer jährlich Zahlungen in einer Grössenordnung von etwa 480 Millionen Euro leisten.

Die Grundlage dafür ist in den Staatskirchenverträgen verankert, teilweise begründet als Entschädigung für die Enteignungen zu Zeiten Napoleons. Das Geld fliesst den Kirchen zu, ohne dass diese für einen konkreten Zweck verwendet werden müssen - seit fast zwei Jahrhunderten, jährlich ansteigend und alles andere als transparent, wie Kubicki moniert.

Im Grundgesetz steht, dass die Staatskirchenleistungen "durch die Landesgesetzgebung abgelöst" werden sollen. Kubicki schlägt die Schaffung einer Kommission vor, die verstaatlichte Kirchengüter bewertet und die Summe der an die Kirchen geflossenen Entschädigungen ermittelt. Am Ende müsste der fällige Restbetrag abgelöst werden. "Die Steuerzahler haben es verdient, dass der Staat seiner im Grundgesetz verankerten Verpflichtung nachkommt und dieses Kapitel nun endlich abschliesst", fordert Kubicki.

Auch der Vatikan sieht Reformbedarf

Während er und andere Gegner dieser Zahlungen "die starke Kirchenlobby" in der Politik dafür verantwortlich machen, dass dies bislang noch nicht geschehen ist, heisst es von der EKD, die Kirchen würden sich einer weitergehenden Lösung nicht verschliessen: "Allerdings hat es bislang, nicht zuletzt wegen der damit verbundenen sehr erheblichen Kostenverpflichtungen, keine diesbezügliche Initiative des Staates gegeben."

Dass es beim Thema Besitz möglicherweise Reformbedarf gibt, hat man im Vatikan erkannt - schon bevor der neue Papst Franziskus damit begann, die von ihm gepredigte Armut und Bescheidenheit mit beeindruckenden Gesten vorzuleben. Papst Benedikt XVI. erklärte vor zwei Jahren, die Enteignung der Kirche vor zwei Jahrhunderten habe "zur Läuterung wesentlich beigetragen".

In Deutschland hat es möglicherweise etwas länger gedauert, bis man das verstanden hat. Generalvikar Wolfgang Rösch, Vertreter des umstrittenen Franz-Peter Tebartz van Elst in Limburg, fuhr beim Dienstantritt vergangene Woche nicht in einer Limousine, sondern mit dem Fahrrad vor. Ob das mehr als eine symbolische Geste in der Glaubwürdigkeitskrise war, müssen er und seine geistlichen Brüder nun unter Beweis stellen.

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