- Der frühere Reemtsma-Entführer Thomas Drach ist zurück in Deutschland.
- Mit einem Hubschrauber wurde der frühere Reemtsma-Entführer am Dienstag von den Niederlanden nach Köln geflogen.
- Dort erwartet ihn ein Prozess wegen mehrerer Raubüberfälle.
Mit einem Hubschrauber ist der frühere Reemtsma-Entführer Thomas Drach am Dienstag aus den Niederlanden nach Köln geflogen worden. Zuvor hatte am vergangenen Dienstag ein Gericht in Amsterdam Drachs Auslieferung nach Deutschland gebilligt. In Köln sitzt der 60 Jahre alte mutmassliche Serienräuber jetzt in der Justizvollzugsanstalt Ossendorf - einem Gefängnis mit Wachtürmen, stacheldrahtbewehrten Mauern und zahllosen Kameras.
Seit der Eröffnung 1969 wurden in Ossendorf schon viele berüchtigtste Straftäter inhaftiert. Der Stasi-Spion Günter Guillaume, der 1974 Bundeskanzler Willy Brandt zu Fall brachte, kam nach seiner Enttarnung hierher. Der "Kirmesmörder" Jürgen Bartsch, der nacheinander vier kleine Jungen in einem Luftschutzbunker missbraucht und getötet hatte, spielte in Ossendorf mit einem Justizvollzugsbeamten Halma. Die RAF-Terroristin Ulrike Meinhof wurde besonders streng überwacht. Zuletzt wartete die Rechtsterroristin Beate Zschäpe vom NSU in Köln auf ihren Prozess. Und nun also Drach.
Der in Erftstadt bei Köln geborene Drach soll mit Komplizen 2018 und 2019 drei Überfälle auf Geldtransporter in Köln und Frankfurt am Main begangen haben. Jahrelang blieben die Taten rätselhaft, die Polizei tappte scheinbar im Dunklen. Allerdings gab es eine Spur in die Niederlande, denn von dort stammten die eingesetzten Fluchtwagen. Sie wurden meist ausgebrannt zurückgelassen - ohne Spuren.
Doch bei dem Überfall am Flughafen Köln/Bonn im März 2019 galt das nur für eines der Autos - es war zusammen mit der Tatwaffe, einer Kalaschnikow, angezündet worden. Ein Augenzeuge hatte aber sowohl den Überfall als auch ein zweites Fluchtauto gefilmt. Unter erheblichem Aufwand und mit verdeckten Ermittlungen gelang es den Kölner Fahndern, den Wagen ausfindig zu machen - und so auch Drachs Aufenthaltsort: Amsterdam. Im Februar wurde er in der Wohnung eines Bekannten und mutmasslichen Komplizen festgenommen.
In der niederländischen Hauptstadt hatte Drach in der schicken Rivierenbuurt gelebt. Die liegt so weit ab, dass sich dort eher wenige Touristen hin verirren, aber doch zentral genug, um mit der Strassenbahn in einer Viertelstunde in der Innenstadt zu sein. Durch Zufall wohnte Drach in derselben Strasse, in der einst auch der Entführer des niederländischen Bierbrauers Freddy Heineken, Willem Holleeder, einen Stützpunkt hatte. Niederländische Medien tauften Drach denn auch prompt den "Deutschen Holleeder".
Festnahme in Argentinien nach zwei Jahren auf der Flucht
Im März 1996 hatten Drach und seine Komplizen den Hamburger Soziologen und Erben der Tabak-Dynastie, Jan Philipp Reemtsma, entführt und nach 33 Tagen wieder freigelassen - gegen 15 Millionen D-Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken Lösegeld. Zwei Jahre später wurde Drach in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires gefasst und Ende 2000 in Hamburg zu vierzehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Er kam im Herbst 2013 frei.
In Amsterdam lief Drach wohl keine Gefahr, erkannt zu werden, zumal er sich äusserlich stark verändert hat. Doch dieses Kapitel liegt nun hinter ihm - seine neue Adresse heisst Ossendorf. Drach könnte lange hinter Gittern bleiben. Denn offenkundig wird ihm auch vorgeworfen, bei dem Überfall in Köln mit einem Sturmgewehr einen Wachmann angeschossen und schwer verletzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat diesen Vorwurf bestätigt, ohne Drachs Namen zu nennen.
Wann sein Prozess in Köln beginnt, ist noch unklar. "Mit dem Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen wird binnen der nächsten Monate zu rechnen sein", sagte Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer. Mittlerweile wurde auch ein mutmasslicher niederländischer Komplize von Drach in Amsterdam vorübergehend festgenommen. Auch er soll in Deutschland vor Gericht gestellt werden. Eines steht fest: Wenn der Prozess beginnt, dürfte Thomas Drach ein weiteres Mal grösstes Medieninteresse auf sich ziehen. (mko/dpa) © dpa
"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.