- Am Samstag werden in einem Haus in Brandenburg fünf Leichen entdeckt: Vater, Mutter und die drei Kinder.
- Laut Polizei-Ermittlungen soll der Mann seine Familie und anschliessend sich selbst getötet haben.
- Nun sind neue Details zu den Hintergründen der Tag bekannt geworden – im Zentrum stehen dabei die Ansichten des Vaters zur Coronakrise und gefälschte Impf-Zertifikate.
Mehrere Tage nach der Entdeckung von fünf Toten in einem Haus in Brandenburg sind weitere Details zum möglichen Motiv des tatverdächtigen Familienvaters bekannt geworden: Wie der RBB am Mittwoch unter Berufung auf Ermittlerkreise berichtete, soll der 40-Jährige im grösseren Stil Corona-Impfpässe gefälscht haben, unter anderem auch den seiner Frau. Der genaue Umfang ist demnach noch nicht bekannt.
Laut des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) und der Beobachtungsstelle Center für Monitoring, Analyse und Strategie (Cemas), soll der Mann zudem seit Längerem in Querdenker-Kreisen aktiv gewesen sein und an Verschwörungserzählungen zu Corona-Impfungen geglaubt haben. Auch die Deutsche Presse-Agentur (dpa) konnte ihm die Mitgliedschaft und Nachrichten in mehreren Gruppen zuordnen, in denen Falschbehauptungen über die Corona-Impfung verbreitet wurden.
Auf Telegramm soll der Mann demnach geschrieben haben: "Ich bin bereit, mich mit allem, was ich aufzubieten habe, zu wehren, und bin brennender Unterstützer derjenigen, die gerade für Frieden, Freiheit und Grundrechte ganz vorne kämpfen."
Abschiedsbrief gibt Hinweise
Die Staatsanwaltschaft Cottbus hatte am Dienstag erklärt, der unter Tatverdacht stehende Familienvater habe in seinem Abschiedsbrief angegeben, er habe ein Impfzertifikat für seine Ehefrau fälschen lassen und Angst gehabt, dass er und seine Frau verhaftet würden. Die Arbeitgeberin der Frau habe von der Fälschung erfahren und dem nachgehen wollen. Deshalb habe das Ehepaar Angst vor einer Festnahme und dem Verlust der Kinder gehabt.
Wie der RBB am Mittwoch berichtete, soll ein Disziplinarverfahren oder sogar eine Entlassung der Frau durch die Arbeitgeberin, die Technische Hochschule (TH) Wildau, im Raum gestanden haben. In dem Abschiedsbrief äusserte der Vater laut RBB die Befürchtung, dass den Kindern nicht nur eine Heimeinweisung, sondern auch eine "Umerziehung und Zwangsimpfung" drohe.
Unklar ist aber nach wie vor, was das genaue Motiv der Tat ist und ob der mutmassliche Täter psychischen Störungen hatte. Die Äusserungen des Vaters würden zeigen, in welcher Gedankenwelt er sich bewegte, sagte Cemas-Geschäftsführung Josef Holnburger dem RND. "So etwas kann natürlich stark radikalisierend wirken. Aber wir kennen nur einen kleinen Ausschnitt." Der Experte warnte davor, "zu diesem Zeitpunkt zu viel Interpretation der Tat zu wagen". Man solle abwarten. Bislang hat die Staatsanwaltschaft zum Zusammenhang des Mannes mit der Querdenker-Szene nicht ermittelt.
Polizei entdeckte die fünf Toten am Samstag
Die Polizei hatte die fünf Toten am Samstag in einem Einfamilienhaus im brandenburgischen Königs Wusterhausen südöstlich von Berlin gefunden. Zeugen hatten leblose Körper in dem Haus gesehen und die Polizei alarmiert. Nach dem Ergebnis der Obduktion sollen die Leichen vermutlich bereits seit der Nacht zum Donnerstag dort gelegen haben, wie die Staatsanwaltschaft am Mittwoch mitteilte.
Nach bisherigen Ermittlungen soll der Vater erst die drei Kinder im Alter von vier, acht und zehn Jahren sowie seine Frau und anschliessend sich selbst mit einer Schusswaffe getötet haben. Die Leichen wiesen laut Fahndern Schussverletzungen auf. Der Staatsanwaltschaft zufolge war der 40-Jährige nicht im Besitz eines Waffenscheins. Demnach konnte er sich die Waffe nur illegal besorgt haben.
Die Gesetzgebung zum Anfertigen oder Vorlegen eines gefälschten Impfnachweises ist erst vor zwei Wochen verschärft worden. Seitdem ist der "Gebrauch unrichtiger Gesundheitszeugnisse" allgemein strafbar. Der entsprechende Paragraf des Strafgesetzbuchs sieht dafür eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr vor.
Welche Folgen ein gefälschter Impfpass hat
Aber hätten der Familie tatsächlich die vom Vater befürchteten Konsequenzen gedroht? "Die Vorstellungen des Mannes waren völlig verquer", sagte Oberstaatsanwalt Gernot Bantleon der dpa. Der 40-Jährige war weder polizeilich bekannt, noch war die Familie beim Jugendamt aufgefallen. "Eine Haftstrafe bei einem Ersttäter, das ist völlig undenkbar. Ebenso die Wegnahme der Kinder." Es komme in dem Brief zum Ausdruck, dass der Mann vermutlich eher psychische Probleme gehabt haben müsse, da seine Vorstellungen mit den Tatsachen nichts mehr zu tun hätten, so Bantleon.
Die Fahnder ermitteln derweil weiter zu den Hintergründen der Tat. Die schriftlichen Ergebnisse der Obduktion stünden noch aus – sie lägen erst in einigen Wochen vor, sagte Oberstaatsanwalt Bantleon am Donnerstag auf Anfrage. Auch sei noch nicht sicher, dass die gefundene Waffe auch die Tatwaffe gewesen sei.
Grosse Bestürzung bei Kollegen
Die TH Wildau habe "mit grosser Bestürzung und Fassungslosigkeit" vom Tod ihrer Mitarbeiterin, der Mutter der Familie aus Königs Wusterhausen, erfahren. "Die Hochschule verliert mit ihr eine langjährige, sehr geschätzte Mitarbeiterin und Kollegin. Unser Mitgefühl gilt in dieser schweren Situation den Hinterbliebenen."
Mit Blick auf die laufenden Ermittlungen und "aus Respekt vor der Privatsphäre der Opfer" wollte sich die Hochschule nicht weiter zu dem Fall äussern. Von Seiten der Stadt Königs Wusterhausen ist ein Gedenken geplant. Weitere Details will die Stadt am Donnerstag mitteilen. (dpa/afp/mf)
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