Rund ein Jahr nach dem Tod des wegen Sexualverbrechen angeklagten US-Geschäftsmanns Jeffrey Epstein nahm das FBI seine Ex-Partnerin Ghislaine Maxwell fest. Mitte Juli steht der nächste Gerichtstermin an. Wer ist die Frau - und was wird ihr vorgeworfen?
Seit der US-Unternehmer Jeffrey Epstein im vergangenen Sommer wegen Sexualverbrechen angeklagt wurde und kurz darauf im Gefängnis Suizid beging, geriet seine Ex-Partnerin Ghislaine Maxwell immer mehr in den Fokus der Ermittlungen. Zahlreiche Frauen, die Epstein Sexualverbrechen vorwarfen, beschuldigten auch Maxwell. Aber die 58-Jährige blieb weitestgehend stumm und verschwand aus der Öffentlichkeit.
Anfang Juli wurde sie schliesslich im Örtchen Bradford im nordöstlichen US-Bundesstaat New Hampshire festgenommen. Laut Medienberichten hatte sich die 58-Jährige dort im Dezember 2019 ein Anwesen für eine Million Dollar in bar (etwa 880.000 Euro) über eine Tarnfirma gekauft. Das Anwesen mit dem Namen "Tuckedaway" (auf Deutsch etwa: Versteckt) soll am Ende einer Sackgasse mitten in der Natur liegen - mit vier Schlafzimmern, vier Badezimmern und einem grossen Grundstück. Nun sitzt Maxwell in einer Gefängniszelle.
Das wird Ghislaine Maxwell im Epstein-Skandal vorgeworfen
Am 14. Juli steht der nächste Gerichtstermin für sie an, dann soll in New York offiziell die Anklage verlesen und über eine mögliche Freilassung auf Kaution entschieden werden. Maxwell werden sechs Anklagepunkte vorgeworfen, darunter Verführung Minderjähriger zu illegalen Sexhandlungen und Meineid. Auf die Anklagepunkte stehen jeweils Höchststrafen von fünf bis zehn Jahren im Gefängnis. Wann ein Prozess beginnen könnte, war vorerst nicht klar.
Die Anklagepunkte beziehen sich laut Staatsanwaltschaft auf die Jahre 1994 bis 1997. Der Missbrauch von Frauen und Mädchen, von denen eines nur 14 Jahre alt gewesen sein soll, habe hauptsächlich in Epsteins Anwesen in New York, Palm Beach und Santa Fe sowie in Maxwells Wohnsitz in London stattgefunden. Maxwell gehörte laut Staatsanwaltschaft zu Epsteins "engsten Verbündeten" und spielte eine "entscheidende Rolle" bei seinen Machenschaften. Der einschlägig vorbestrafte Geschäftsmann soll Dutzende Minderjährige missbraucht und zur Prostitution gezwungen haben.
Maxwells Vater starb unter mysteriösen Umständen
Maxwell hatte Epstein in den USA kennengelernt, aber eigentlich kommt sie aus Grossbritannien. Sie ist das neunte Kind von Medienzar Robert Maxwell und der französischstämmigen Holocaust-Forscherin Elisabeth Meynard.
Der Vater soll sein Nesthäkchen vergöttert haben und benannte sogar eine Jacht nach ihr. 1991 verschwand der bullige und fast 130 Kilogramm schwere Patriarch plötzlich vor den Kanaren von der "Lady Ghislaine"und wurde später tot im Meer treibend gefunden. War es ein Unfall, Herzinfarkt - oder ein Suizid? Das konnte nie abschliessend geklärt werden.
Nach seinem Tod wurde bekannt: Robert Maxwell hatte viel Geld aus der Pensionskasse seiner Verlage gestohlen, um einen Bankrott seines Imperiums abzuwenden. War er verzweifelt? Die Witwe war überzeugt: "Er war ein grosser Kämpfer. Suizid hätte seinem Charakter nicht entsprochen." Tochter Ghislaine hatte damals ihre eigene Theorie: Ihr Vater sei ermordet worden. Beweise dafür hatte sie allerdings nicht.
Geboren in Frankreich und aufgewachsen in der Nähe von Oxford siedelte Ghislaine nach dem Tod ihres Vaters in die USA über. In New York arbeitete sie für ein Wohnungsunternehmen und lernte auf einer Party den Investmentbanker Epstein kennen. Anfangs waren sie für einige Jahre ein Liebespaar, später sprach er von seiner "besten Freundin". Er war vermögend, sie hatte Kontakte bis hin zum Königshaus - nach Einschätzung britischer Medien eine Win-win-Situation.
Maxwell stellte Kontakt zwischen Prinz Andrew und Epstein her
Maxwell machte Epstein auch mit Prinz Andrew bekannt, der wegen seiner Flirts von der britischen Presse früher als "Randy Andy" (etwa: geiler Andy) verspottet wurde. Dem Herzog von York - so sein offizieller Titel - wird vorgeworfen, auch in den Missbrauchsskandal um den US-Geschäftsmann verwickelt zu sein. Eine Frau behauptet, Prinz Andrew habe sie als Minderjährige missbraucht. Mit einem BBC-Interview wollte der 60-Jährige sich zur Wehr setzen - und redete sich um Kopf und Kragen. Als Konsequenz gab er vorerst seine royalen Pflichten ab und lässt sich seitdem kaum noch in der Öffentlichkeit blicken.
Andrew will von den Machenschaften seines Freundes Epstein, den er mehrmals auf seinen Anwesen besuchte, nichts mitbekommen haben. Mit den US-Ermittlern liegt der Prinz inzwischen im Clinch. Sie möchten ihn vernehmen - als Zeugen und nicht als Angeklagten. Doch sie werfen ihm vor, nicht zu kooperieren. Andrews Anwaltsteam zeigte sich britischen Medien zufolge "verblüfft, angesichts dessen, dass wir zwei Mal mit der US-Justiz im vergangenen Monat kommuniziert haben".
Auch Maxwell hatte stets jedes Wissen über Epsteins Machenschaften und jede Beteiligung daran zurückgewiesen. (Christina Horsten/Silvia Kusidlo/dpa/mgb)
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