Unter grossen Sicherheitsvorkehrungen hat am Dienstag der Prozess gegen den Amokfahrer von Graz begonnen. Auffallend war das stark veränderte Äussere des 27-Jährigen.
Drei Tote und mehr als 100 Verletzte: So lautet die schreckliche Bilanz nach der Amokfahrt vom 20. Juni 2015 mitten in der Grazer Innenstadt. Seit Dienstag steht der Mann vor dem Straflandesgericht in Graz, der für die Tat verantwortlich sein soll. Allerdings: Der 27-Jährige wird als "Betroffener" und nicht als "Angeklagter" geführt. Hintergrund ist, dass er vorab als nicht zurechnungsfähig eingestuft wurde. Die Staatanwaltschaft stellte daher einen Antrag auf Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.
Staatsanwalt Rudolf Fauler schilderte zunächst den Ablauf der Amokfahrt: Mit bis zu 80 km/h sei der Betroffene in die Herrengasse und damit in Personenansammlungen gerast. Ein Passant starb gleich zu Beginn der Fahrt, kurz darauf seien eine Frau und ein Vierjähriger in den Tod gerissen worden.
Stark verändertes Äusseres
Der Betroffene sagte vor Gericht aus, er habe Panik gehabt, da er sich verfolgt gefühlt und Schüsse gehört habe. "Ich wollte niemanden überfahren, ich wollte nur weg, damit ich nicht erschossen werde", zitiert ihn steiermark.ORF.at.
Auf den Einwand des Richters "Auf mich macht es den Eindruck, als hätten Sie die Menschen gezielt anvisiert" wiederholte der Betroffene: "Ich habe mich verfolgt gefühlt".
Auffallend war das inzwischen stark veränderte Auftreten des 27-Jährigen: Er erschien im weissen Anzug, trug eine Brille und kurz geschnittenes Haar, der Bart war abrasiert. "Die Zeit in der Unterbringung hat Ihnen offenbar gutgetan", bemerkte Richter Andreas Rom. Ein Video von der ersten Einvernahme erinnerte daran, dass der Mann am Tag nach der Tat noch unwirsch und wenig kooperativ aufgetreten war.
Richter: "Der Tag war für Sie schrecklich"
Neben seinen Eheproblemen mit seiner mittlerweile geschiedenen Frau, die er gezwungen haben soll, eine Burka zu tragen, war ein geplantes Treffen mit einer anderen Frau Thema der Befragung. Die Internetbekanntschaft war zum verabredeten Termin am 20. Juni 2015 nicht erschienen. "Der Tag war für Sie schrecklich, und zwar nicht in Bezug auf die Fahrt. Ihre Frau und Ihre Kinder waren im Frauenhaus, beruflich lief nichts, und die Frau ist nicht erschienen. Da haben Sie sich ins Auto gesetzt und gedacht, ich habe doch noch die Macht", sagte Richter Rom laut ORF.at. Darauf der Befragte: "Nein, ich hatte ein erfülltes Leben".
Allerdings räumt er ein, mit den Frauen habe es "immer nur Stress gegeben". Der Richter hielt darauf fest: "Sie fühlen sich immer als Opfer, zuerst daheim in der Ehe, dann am 20. Juni und heute hier im Gerichtssaal." - "Ja", antwortete der Mann leise.
Zeugen sagten am Nachmittag aus, keine Schüsse vor der Amokfahrt in der Innenstadt gehört zu haben. In den Zeugenstand trat auch der Grazer Bürgermeister Siegfried Nagl. Auf die Frage, ob er meine, der Fahrer habe die Menschen gezielt angesteuert, sagte er: "Bei mir weiss ich es nicht, bei den anderen schon". (af)
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