- Nach Ansicht von Greenpeace sind die Schuldigen für das Fischsterben an der Oder im vergangenen Sommer gefunden.
- Die Umweltorganisation hat das Abwasser dreier Bergwerke analysiert, das in Nebenflüsse der Oder geleitet wird.
- Die Ergebnisse sind verheerend.
Die Umweltorganisation Greenpeace hält zwei Kohle- und Bergbaukonzerne für die Verursacher des massenhaften Fischsterbens im vergangenen Sommer in der Oder. Ein deutsch-polnisches Team von Greenpeace habe an drei Zuflüssen zur Oder und sechs Zuflüssen zur Weichsel 57 Wasserproben genommen und analysiert, teilte die Organisation am Donnerstag mit.
Die "in Oberschlesien tätigen Bergbaukonzerne" seien die Verursacher der Umweltkatastrophe, erklärte die Umweltschutzorganisation in einem am Donnerstag in Warschau vorgestellten Bericht.
Bei drei Bergwerken der Konzerne könne die Belastung durch salzhaltige Einleitungen nachgewiesen werden. Demnach übersteigt der Salzgehalt des Wassers in den Nebenflüssen am Ausgang der Minen "um das Dutzendfache" den Salzgehalt, der in der Oder das Fischsterben ausgelöst hatte.
In der Oder hatte sich im August ein Fischsterben gewaltigen Ausmasses ereignet, das sich nach und nach bis zur Mündung des Flusses ins Stettiner Haff ausbreitete. Dafür machten Experten unter anderem einen hohen Salzgehalt verantwortlich, der das Auftreten einer für Fische giftigen Algenart begünstigt haben könnte und keines natürlichen Ursprungs war.
Auch Greenpeace ging damals davon aus, dass das salzhaltige Wasser giftige Algenarten wie Prymnesium parvum begünstigt, die bei hohen Wassertemperaturen allem Anschein nach das Fischsterben ausgelöst habe.
Greenpeace analysierte das von den Bergwerken weggeleitete Abwasser
Weder Warschau noch Berlin hatten zu dieser Zeit die polnischen Bergwerke für den erhöhten Salzgehalt verantwortlich gemacht. Der nun vorliegende Greenpeace-Bericht kommt jedoch zu einem anderen Schluss.
Für ihren Bericht untersuchten die Umweltschützer die Zusammensetzung des von den Bergwerken in Nebenflüsse der Oder geleiteten Abwassers. Flussabwärts verwandle sich das Wasser in einen "Abwasserkanal", sagte der Chemiker Leszek Pazderski von der Universität Torun am Donnerstag. Ohne "diese Chloride und Sulfate wäre die Katastrophe nie eingetreten", sagte der Greenpeace-Experte.
Die Umweltorganisation teilte weiter mit: "Nur durch ausreichende Überwachung durch polnische Behörden lässt sich verhindern, dass es jederzeit zu weiteren ökologischen Katastrophen im polnisch-deutschen Fluss kommt." Zugleich hiess es, die Weichsel sei durch Salzeinleitungen stärker belastet als die Oder.
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Das Unternehmen Jastrzebska Spolka Weglowa S.A. (JSW) teilte der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit, es wolle sich mit dem Greenpeace-Bericht befassen. Darüber hinaus äusserte sich der Kohleproduzent JSW am Donnerstag nicht dazu. Das zweite Unternehmen reagierte bislang nicht auf eine Anfrage, auch das polnische Umweltministerium nicht.
Deutschland hofft auf weitere Ermittlungen von polnischer Seite
Das Bundesumweltministerium teilte am Abend mit, die deutschen und polnischen Behörden seien weiter in Kontakt, um ein besseres Verständnis der Ursachen des Fischsterbens zu erlangen. "Wir gehen ausserdem davon aus, dass zur Aufklärung der Ursachen des massiven Fischsterbens auf der polnischen Seite weiter Ermittlungen durchgeführt werden." Inwiefern der Greenpeace-Report hierfür neue Anhaltspunkte gebe, müssten die polnischen Behörden bewerten.
Die Umweltkatastrophe hatte im August zu massiven Verstimmungen zwischen Berlin und Warschau geführt, unter anderem wegen ausbleibender Warnungen aus dem Nachbarland. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sprach im vergangenen Sommer von einer Umweltkatastrophe an der Oder.
Das Fischsterben war Ende Juli erstmals in der Region um die polnische Stadt Breslau aufgetreten und hatte sich in den folgenden Wochen den Fluss hinauf fortgesetzt. Die ersten Meldungen darüber kamen von polnischen Anwohnern und Anglern. Auf polnischer und deutscher Seite verendeten schätzungsweise 60 Tonnen Fische. Auch Monate nach dem Fischsterben waren erhöhte Salzwerte in dem Fluss gemessen worden. (AFP/dpa/ank)
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