Für Schaulustige war es ein Spektakel: Ein funkelnagelneuer Containerriese, der tragkräftigste der Welt, macht in Bremerhaven fest. Doch die Gigantomanie im Schiffbau bereitet auch Probleme.
Das derzeit weltgrösste Containerschiff hat auf Jungfernfahrt aus Asien erstmals in Bremerhaven festgemacht. Die neue Bremer Hafensenatorin Claudia Schilling (SPD) freute sich über die Ankunft. "Wir können hier die grössten Schiffe abfertigen", sagte sie am Montag. Schaulustige konnten die Annäherung des 400 Meter langen und 61,5 Meter breiten Riesen vom Strand der Aussenweser verfolgen. Dann drehten Schlepper das vollgestapelte Schiff, bevor es in einem norddeutschen Regenschauer an die Kaimauer glitt.
Die "MSC Gülsün" kann nach Angaben der Schweizer Reederei Mediterranean Shipping Company (MSC) 23 756 Standardcontainer (TEU) tragen, darunter 2000 Kühlcontainer. Bislang fassten die grössten Containerschiffe rund 23 000 TEU.
Die "MSC Gülsün" wurde in Südkorea gebaut und im Juli ausgeliefert. Sie belegt den Trend zu immer grösseren Containerschiffen, die den Häfen aber auch Probleme bereiten. Weil die Längen derzeit auf 400 Meter begrenzt sind, ist die "MSC Gülsün" in die Breite gegangen. Auf ihr stehen nicht 23, sondern 24 Container nebeneinander.
Selbst Bremerhaven ist darauf nur teilweise vorbereitet. Von den vielen Container-Brücken am Kai legten bislang nur zwei so weit aus, dass sie die äusserste Kistenreihe erreichen können, sagte der Chef des Terminalbetreibers Eurogate, Michael Blach. Bis Ende 2020 würden weitere grosse Brücken angeschafft. "Insgesamt ist es klar, dass wir in Bremerhaven weiter investieren müssen", sagte Blach. Auch die Kaimauern müssten verstärkt werden, um die wachsenden Lasten zu tragen, sagte Robert Howe, Geschäftsführer der Hafengesellschaft Bremenports.
Mehr Schiffe, mehr Risiken
Einige europäische Häfen wie Hamburg machen Front gegen immer grössere Containerschiffe, weil sie für neue Kaianlagen sowie tiefere und breitere Fahrrinnen viel investieren müssten. Verbände fordern EU-Auflagen, wonach künftig kein Schiff mehr die europäischen Häfen anlaufen darf, das grösser ist als die bislang fahrende Flotte.
Mit den Schiffen wachsen auch die Risiken. Ein anderer Frachter der Reederei, die "MSC Zoe", hatte zu Jahresanfang bei einem Sturm in der Nordsee vor den niederländischen Wattenmeerinseln und Borkum etwa 350 Container verloren. Es war nur ein Bruchteil der Ladung, doch die Küsten der Region und der Meeresboden wurden mit Müll übersät. Ein Grossteil der verlorenen Ladung wurde bis Mai geborgen.
Etwa 3500 Container sollten bis Dienstag aus der "MSC Gülsün" entladen werden, sagte der Bremerhavener MSC-Vertreter Friedrich Stuhrmann. Die Jungfernfahrt sollte dann weiter nach Danzig in Polen und Kaliningrad in Russland gehen. MSC ist mit 520 Schiffen und 70 000 Mitarbeitern in 155 Ländern eine der grössten Reedereien der Welt. (br/dpa)
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