Überraschend verkündet Grossbritannien eine Quarantäne-Pflicht für Reiserückkehrer aus Frankreich, Niederlanden und weiteren Staaten. Das ärgert nicht nur britische Touristen, sondern auch die betroffenen Länder.
Unzählige britische Urlauber haben am Freitag fieberhaft versucht, noch vor einer von ihrer Regierung überraschend verkündeten Quarantäne-Pflicht nach Hause zurückzukehren.
Diese gilt ab Samstagmorgen unter anderem für alle Einreisenden aus Frankreich und den Niederlanden, wie die britische Regierung am Donnerstagabend mitteilte. Allein in Frankreich hielten sich zum Zeitpunkt der Ankündigung nach aktuellen Schätzungen rund 160.000 Briten auf.
Quarantäne: Ankündigung überrascht die Briten
Neben Frankreich und den Niederlanden fallen auch Monaco, Malta, die karibischen Turks- und Caicosinseln sowie Aruba unter die neue britische Anordnung. "Wenn Sie nach 4:00 Uhr am Samstagmorgen aus diesen Gegenden im Königreich ankommen, müssen Sie für 14 Tage in Selbstisolation", erklärte Verkehrsminister Grant Shapps. Die aktuellen Daten zeigten, dass die neuen Quarantäne-Regeln für Reisende notwendig seien, schrieb Shapps bei Twitter.
Die britische Regierung hatte Ende Juni bereits Spanien von der Liste jener Länder gestrichen, aus denen eine Einreise ohne Quarantäne möglich ist. Vergangene Woche erklärte das Verkehrsministerium zudem, dass auch Reisende aus Belgien, Andorra und den Bahamas wieder in die Isolation müssten.
Viele britische Urlauber wurden von der neuesten Ankündigung kalt erwischt. Er habe sofort mehrere aufgeregte Nachrichten von Freunden bekommen, berichtete der in Frankreich urlaubende Brite Paul Trower der Nachrichtenagentur AFP.
Er habe daraufhin beschlossen, den Urlaub abzubrechen. "Wir haben geschaut und versuchen, eine Fähre zu buchen. Wir wollen nach Hause, um die Quarantäne zu vermeiden, weil meine Frau arbeiten gehen muss und ich mich immer um unsere Enkelin kümmere." Sein Landsmann Tony Samson kritisierte die Behörden: "Das kam sehr plötzlich. Ich finde, das hätte allmählicher passieren können."
Als "absoluten Albtraum" bezeichnete Claudia die Situation, eine 42-jährige Deutsche, die dauerhaft in London lebt und auf Urlaub in Südwestfrankreich ist. "Selbst wenn wir wollten, wir kommen nicht zurück. Alle Verbindungen durch den Eurotunnel sind ausverkauft."
Französische Regierung kündigt Gegenmassnahme an
Doch nicht nur Briten in Frankreich und den anderen betroffenen Ländern standen vor der Frage, ob sie bleiben oder schnell in die Heimat zurückreisen sollen - auch in Grossbritannien urlaubende Franzosen müssen sich vermutlich bald entscheiden: Die Regierung in Paris kündigte umgehend "entsprechende Gegenmassnahmen" an.
Wie genau die französischen Massnahmen aussehen sollen, führte der französische Staatsminister für EU-Angelegenheiten, Clément Beaune, zunächst nicht aus. Er betonte, seine Regierung hoffe, dass sich die Lage "so rasch wie möglich" wieder normalisiere.
Die Corona-Infektionszahlen nahmen in Frankreich zuletzt wieder deutlich zu. Am Donnerstag wurden fast 2.700 neue Ansteckungsfälle binnen eines Tages verzeichnet - der höchste Anstieg seit Mai. Die Situation habe sich verschlechtert und sei beunruhigend, sagte der Generaldirektor für Gesundheit, Jérôme Salomon, am Abend dem Radiosender France Inter. Aber der Verlauf der Pandemie "liegt noch immer in unseren Händen".
Grossbritanniens Corona-Bilanz ist schlecht
Grossbritannien hatte ursprünglich eine generelle Quarantäne-Anordnung für alle aus dem Ausland kommenden Reisenden verhängt. Später wurden bestimmte Länder davon ausgenommen. So können etwa Reisende aus Deutschland seit Anfang Juli wieder ins Vereinigte Königreich reisen, ohne dort in Quarantäne zu müssen. Auch Frankreich, die Niederlande und die anderen nun genannten Länder hatten zunächst von der Ausnahmeregel profitiert.
Grossbritannien ist das europäische Land mit der höchsten verzeichneten Zahl von Todesopfern der Pandemie. Mehr als 41.000 Menschen starben im Königreich nach Angaben der Behörden an den Folgen der Infektion mit dem Erreger. Premierminister Boris Johnson sieht sich wegen seines Krisenmanagements viel Kritik ausgesetzt. (AFP/awa)
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