Erneut wurde in München ein Camp mit Flüchtlingen, die in Hungerstreik getreten waren, geräumt. Worum es den Demonstranten geht und wie die Politik auf die anhaltenden Flüchtlingsdemonstrationen reagiert.

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Warum sind die Flüchtlinge in Hungerstreik getreten?

Die rund 30 Flüchtlinge kommen aus verschiedenen arabischen und afrikanischen Ländern und protestierten seit vergangenem Samstag im Münchner Zentrum am Sendlinger Tor vornehmlich gegen die Lebensbedingungen in den Flüchtlingsunterkünften. Zudem fordern sie die Anerkennung als politisch Verfolgte und damit für ein dauerhaftes Bleiberecht in Deutschland sowie eine Arbeitserlaubnis.

Der angemeldete Protest war zuvor unter Auflagen vom Münchner Kreisverwaltungsreferat (KVR) bis zum 1. Dezember genehmigt worden. Eine der Bedingungen: Ärzte sollten Zugang zum Camp haben. "Wenn die Mediziner feststellen, dass eine konkrete Gefahr für Leib und Leben besteht, sind wir berechtigt, diese Versammlung aufzulösen", sagte KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle der Münchner "Abendzeitung".

Wie kam es zur Eskalation der Lage in München?

Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter ging auf die Flüchtlinge bereits am Montag zu und führte vor Ort Gespräche. Zwar könne er nicht alle Forderungen erfüllen, wolle aber einerseits dafür sorgen, dass sie in der Bayernkaserne unterkommen. Dort, im Münchner Norden, sind derzeit über 1.000 Flüchtlinge untergebracht, obwohl sie eigentlich nur für 650 Personen ausgelegt ist. Andererseits bot er an, die Demonstranten, Vertreter der Stadt, des Landes Bayern und - wenn möglich - der Bundesregierung an einen Tisch zu bekommen. Das berichtete die "Abendzeitung" am Montag.

Die Flüchtlinge lehnten das Angebot jedoch als unzureichend ab. "Was sollen wir in der Bayernkaserne? Das ist ein Lager. Wir wollen nicht mehr in Lagern leben", sagte Flüchtlings-Sprecher Adeel A. der Zeitung und erklärte "Wir streiken weiter". Der Hungerstreik wurde fortgesetzt, seit Mittwoch verzichteten einige Flüchtlinge sogar auf das Trinken. Am Mittwochabend begann die Polizei auf Bitten des KVR dann, das Flüchtlingslager zu räumen. Laut KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle war für den Schritt die Einschätzung von Ärzten entscheidend, dass den Protestierenden bei den niedrigen Temperaturen Unterkühlungen drohten.

Wie geht es jetzt weiter?

An der Räumung waren etwa 300 Polizisten beteiligt, teilte die Polizei auf Anfrage mit. Die Aktion verlief ohne grössere Zwischenfälle, allerdings kletterten mehrere Flüchtlinge während der Räumung auf Bäume. Erst als am Donnerstagmorgen der Münchner Oberbürgermeister und die bayerische Sozialministerin Emilia Müller (CSU) zu dem Flüchtlingscamp kamen, endete der Protest endgültig. Anschliessend fanden erste Gespräche statt.

"Sie haben ihr Ziel erreicht: nämlich eine Diskussion anzustossen", sagte Reiter anschliessend. Münchens Rathauschef Reiter bot den Protestierenden an, noch vor Weihnachten einen Runden Tisch mit Vertretern von Politik und Verbänden zu organisieren. "Sie haben mit der Aktion überzeugend dargelegt, dass Sie bereit sind, für Ihre Ziele zu kämpfen", sagte Reiter. "Wir brauchen einen Plan, um Flüchtlinge in die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt zu integrieren."

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) begrüsste das Ende der Aktion. "Die Gefahr für Leib und Leben war zu gross, die Gesundheit der Menschen muss absolute Priorität haben", teilte er mit. Der Minister kritisierte aber erneut die Vorgehensweise und "unerfüllbaren" Forderungen der Hungerstreikenden.

Wie ist die gesetzliche Lage für Flüchtlinge?

Der aktuelle Hungerstreik reiht sich in eine lange Kette von Protestaktionen von Flüchtlingen. Auslöser war der Suizid eines iranischen Flüchtlings im Januar 2012 in einem Würzburger Flüchtlingsheim. Seitdem fanden bundesweit zahlreiche Demonstrationen und Hungerstreiks statt. Doch vor allem Aktionen in Bayern sorgten für Aufsehen. Im vergangenen Juni traten beispielsweise deutlich über 50 Flüchtlinge im Münchner Zentrum am Rindermarkt in den Hungerstreik und forderten die Anerkennung als politische Flüchtlinge. Nach den neuntägigen Protesten wurde das Camp Ende Juni geräumt. Im August kletterte in München-Sendling ein Syrer auf einen Kran und drohte zu springen. Die Forderung: Der Mann wollte seine Familie nach Deutschland holen.

Das bayerische Asylgesetz gilt im Bundesvergleich als streng - auch wenn Sozialministerin Müller zuletzt angekündigt hatte, es auf den Prüfstand zu stellen. Eine Regelung, die zuletzt nur noch in Bayern gegolten hatte, wurde in Folge des Hungerstreiks am Rindermarkt bereits im vergangenen Jahr abgeschafft: Statt Essenspakete bekommen Flüchtlinge nun Bargeld.

Doch bei der Frage der "Lagerunterbringung" gibt es noch keine Bewegung. Diese verpflichtet Flüchtlinge, in Gemeinschaftsunterkünften oder Aufnahmeeinrichtungen zu wohnen. Der bayerische Flüchtlingsrat forderte immer wieder eine Lockerung, die Pflicht müsste auf ein Jahr beschränkt werden, sagte Alexander Thal, Sprecher des Flüchtlingsrats in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk im September. Gut möglich, dass der aktuelle Flüchtlingsprotest sowie der geplante Runde Tisch nun Bewegung in diese Diskussion bringt.

Mit Material der dpa
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