Überforderte Eltern, vernachlässigte Kinder: In Notsituationen können Behörden die vorläufige Unterbringung in einer Pflegefamilie oder in einem Heim anordnen. Zuletzt geschah dies häufiger wegen Misshandlungen.
Mehr Verdachtsfälle von Kindesmisshandlung haben die Jugendämter im vergangenen Jahr beschäftigt. Die Zahl der sogenannten Inobhutnahmen aus diesem Grund stieg um ein Viertel auf mehr als 6150, wie das Statistische Bundesamt am Freitag in Wiesbaden mitteilte.
Erstmals seit Einführung der Statistik im Jahr 1995 seien Anzeichen für körperliche oder psychische Misshandlung mit 8,3 Prozent die dritthäufigste Ursache für das Einschreiten der Behörden gewesen. Dabei werden Minderjährige vorübergehend ins Heim oder in eine Pflegefamilie gebracht, um sie zu schützen.
Oft sich die Eltern überfordert
Am häufigsten wurden die Jugendämter jedoch wegen Überforderung eines Elternteils oder beider Elternteile aktiv, wie aus der Statistik hervorgeht. Dies geschah in rund 17.700 Fällen. Danach folgten Inobhutnahmen unbegleitet eingereister, minderjähriger Flüchtlinge. Dies beschäftigte die Jugendämter rund 12.200 Mal, das bedeutet einen Rückgang um 46 Prozent.
Dies sei der Hauptgrund, dass auch die Gesamtzahl der Massnahmen um 14 Prozent auf 52.590 sank, erklärte das Bundesamt. Jugendliche waren in rund 31.200 Fällen betroffen, Kinder in knapp 21.400. Jungen wurden knapp 29.500 mal in Obhut genommen, Mädchen rund 23.100 mal.
Die Massnahmen sollen als vorläufiger Schutz in akuten Krisen- oder Gefahrensituationen dienen. Diese können auf Bitte der betroffenen Kinder, bei einer dringenden Gefahr für das Kindeswohl oder bei unbegleiteter Einreise aus dem Ausland eingeleitet werden.
Im vergangenen Jahr kamen die Hinweise meist von sozialen Diensten und Jugendämtern (57 Prozent). In knapp jedem fünften Fall wandten sich die Betroffenen selbst an das Jugendamt. Weitere Hinweisgeber waren Polizei, Ordnungsbehörden, Eltern, Ärzte, Lehrer oder Verwandte.
In knapp jedem vierten Fall waren die Kinder oder Jugendlichen unmittelbar zuvor von Zuhause ausgerissen, also von ihrer Familie, ihrer Pflegefamilie oder aus einem Heim. In 36 Prozent der Fälle konnten sie zurückkehren. In 30 Prozent der Fälle mussten sie anderweitig untergebracht werden. © dpa
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