Elf Tage nach dem Sturz des kleinen Julen in einen Brunnenschacht in Andalusien schaut ganz Spanien weiter gebannt auf Bergungsarbeiten. Bergleute sollen sich zu der Stelle vorarbeiten, an dem der Kleine vermutet wird. Aber es gibt auch Zweifel. Werden sie ihn dort finden?

Mehr Panoramathemen finden Sie hier

Die Bergungsaktion des kleinen Julen aus einem tiefen Brunnenschacht in Südspanien geht in ihre entscheidende Phase.

Achtköpfiges Team startet den Einsatz

Ein achtköpfiges Team von Bergarbeitern startete am Donnerstagabend seinen Einsatz in einem etwa 80 Meter tiefen Rettungsloch. Die Männer sollen vom Grund des in den vergangenen Tagen gebohrten Parallelschachts einen waagerechten Tunnel zu der Stelle graben, an der der Zweijährige vermutet wird. Das kann Experten zufolge bis zu 24 Stunden dauern.

Wegen der extrem schwierigen Umstände hatte sich der Beginn der Arbeit der Spezialisten immer wieder verzögert. Gegen 18 Uhr wurden die ersten beiden Bergarbeiter in einer an einem Kran befestigten Kapsel in den Schacht im andalusischen Totalán herabgelassen, wie der Delegierte der Madrider Zentralregierung in Andalusien, Alfonso Rodríguez Gómez de Celiz, auf Twitter und Instagram mitteilte. Er postete auch Bilder, auf denen zu sehen ist, wie die Kumpel ihre Arbeit beginnen.

Die Kumpel sollten sich jeweils in Zweierteams für etwa 30 Minuten unter anderem mit Spitzhacken und Presslufthämmern vorarbeiten und dann abgelöst werden. Sie würden mit Sauerstoffmasken ausgerüstet und telefonisch mit den Kollegen aussen in Kontakt bleiben. Die Bedingungen seien extrem, wegen der Enge könnten die Männer nur kniend oder liegend graben, hiess es.

Kind war am 13. Januar in Bohrloch gefallen

Das Kind soll am 13. Januar bei einem Ausflug mit seinen Eltern in den 107 Meter tiefen, illegal gegrabenen Schacht gefallen sein. Weil das Loch nur einen Durchmesser von 25 bis 30 Zentimetern hat, hatten die Retter entschieden, einen parallelen Schacht auszuheben, um zu Julen vorzudringen. Er wird in einer Tiefe von 70 bis 80 Metern vermutet.

Allerdings gibt es schon seit elf Tagen überhaupt kein Lebenszeichen von Julen. Kein Wunder, dass in Kneipen, Cafés und Büros im ganzen Land immer wieder in die Runde gefragt wird: "Und wenn der Kleine nicht im Loch ist?". Es sind vorwiegend Laien, die Zweifel äussern. Aber nicht nur. "Ich halte es für nahezu unmöglich, dass der Junge in diesem Schacht drin ist", sagte in verschiedenen TV-Sendungen Luis Avial von der Geophysik-Firma Falcon High Tech. Normal wäre es gewesen, dass das Kind in dem winzigen Schacht ziemlich weit oben steckengeblieben wäre, ist Avial überzeugt.

"Das Kind hatte eine Winterjacke an, die Wände des Schachts sind nicht glatt, es gibt Wurzeln, Unebenheiten, das ist schon sehr komisch", meinte Avial. Auch der erfahrene Schachtbauer Francisco Barranquero hegt grosse Zweifel. "Ist es möglich, dass ein Kind da nicht steckenbleibt und bis ganz unten durchrutscht? Ich sage Dir, das ist sehr unwahrscheinlich", sagte er einem Journalisten der Onlinezeitung "El Español".

"Bin mir sicher, dass wir von hier nicht ohne Julen weggehen werden"

Diejenigen aber, die an der Suche beteiligt sind, wollen keine Diskussion aufkommen lassen. Die Vize-Delegierte der Madrider Zentralregierung in Andalusien, María Gámez, sagte mehrfach unter Berufung auf die verschiedenen Experten am Cerro de La Corona, man habe "Gewissheit", dass Julen unten im Loch sei. "Ich bin mir sicher, dass wir von hier nicht ohne Julen weggehen werden", betonte sie.

Zunächst hatte man sich auf die Aussagen des Vaters und einer Tante verlassen müssen, die nach eigenen Angaben gesehen haben, wie das Kind ins Loch fiel. Die Retter fanden im Schacht aber bald eine Tüte mit Süssigkeiten, die Julen bei sich gehabt hatte, und wenig später auch Haare des Jungen.

"Ich habe mich auf die Öffnung gestürzt und er war nicht mehr da. Ich habe ihn weinen hören, aber bald habe ich ihn nicht mehr gehört", sagte Vater José, ein arbeitsloser Marktverkäufer, vor Journalisten weinend. Im Interview der Zeitung "Diario Sur" beteuerte er: "Mein Sohn ist da (im Loch), das soll niemand anzweifeln."

Derweil war ab dem Abend eine Nachtwache geplant, "damit Gott dieses Wunder vollbringt und er den Bergarbeitern, Julen und seinen Eltern Kraft gibt", zitierte das spanische Fernsehen Juan José Cortés, der der Familie seit Tagen beisteht. Seine eigene fünfjährige Tochter war vor zehn Jahren nach wochenlanger Suche ermordet aufgefunden worden.  © dpa

JTI zertifiziert JTI zertifiziert

"So arbeitet die Redaktion" informiert Sie, wann und worüber wir berichten, wie wir mit Fehlern umgehen und woher unsere Inhalte stammen. Bei der Berichterstattung halten wir uns an die Richtlinien der Journalism Trust Initiative.