Der Titel schrumpft, der Einfluss wächst. Am Samstag tritt der ehemalige Weihbischof von Mainz, Ulrich Neymeyr, sein Amt als Bischof von Erfurt an. Mit seinem Titelwechsel ändert sich auch seine Position – vom Helfer zum Aufseher. Welche Freiheiten und Grenzen bringt das Amt des Bischofs mit sich?

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Was dürfen Bischöfe?

Als "Aufseher" (aus dem Altgriechischen abgeleitet) einer oder mehrerer Gemeinden achten Bischöfe qua Amtsbeschreibung darauf, dass das Leben der Mitglieder in geordneten Strukturen läuft. Als lokale Stellvertreter des Papstes sind sie für den Schutz der Einheit der Gesamtkirche verantwortlich. Dafür verfügen sie über die gesamte Verwaltungsmacht innerhalb ihrer Diözese oder Bistum – dem territorial abgegrenzten kirchlichen Verwaltungsbezirk. "Bischöfe besitzen sehr viel und zugleich sehr wenig Macht", behauptet der Theologe Prof. Klaus Müller von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Einerseits sind sie legislative, exekutive und judikative Gewalt in einem – ein laut Müller recht vordemokratischer Ansatz. Jeder Bischof kann seine eigenen Gesetze schreiben, verabschieden und kontrollieren, ohne Rechenschaft ablegen zu müssen. Andererseits können Bischöfe nicht immer tun und lassen, was sie wollen. Zumindest stehen sie unter Aufsicht des Papstes, dem sie regelmässig Berichte ihres Handelns innerhalb einer Diözese liefern müssen.

Wer kontrolliert sie?

Neben dem Papst als Oberhaupt gibt es weitere Kontrollstufen. Die erste Instanz ist der Erzbischof, dem in der Regel mindestens zwei Diözesen unterstellt sind. Demnach zählt zum Erzbistum München unter anderem Augsburg, Passau und Regensburg. In Deutschland gibt es folgende sieben Erzbistümer: Freiburg, München, Bamberg, Köln, Paderborn, Hamburg und Berlin. Eine weitere Kontrollinstanz bildet die Bischofskongregation des Vatikans – eine Art Behörde, die für die Neubestellung von Bischöfen und für die Fachaufsicht zuständig ist. Sie ist auch zur Stelle, wenn sich ein Bischof ein persönliches oder berufliches Fehlverhalten zuschulden kommen lässt. Bei dramatischen Vorfällen, wie bei Missbrauchsfällen, Vermögensbetrug oder schwerwiegenden Fehlern im Lehrbereich kann der Papst unmittelbar eingreifen und einen Bischof absetzen oder ihn nötigen – so die gängigere Variante – sein Amt selbst aufzugeben. Der ehemalige Papst Benedikt hat nach Müllers Schätzungen in den vergangenen sieben Jahren seines Pontifikats weltweit mehr als 70 Bischöfe abgesetzt.

Was geschieht mit Bischöfen, die abgesetzt werden?

Das Bischofsamt besteht in der Regel auf Lebenszeit. Die Weihe zum Bischof verfällt selbst bei einer Absetzung nicht. Allerdings verliert der Betroffene seine Verwaltungsmacht und darf in den meisten Fällen lediglich als einfacher Pfarrer arbeiten – vorausgesetzt die Gemeinde willigt ein. In manchen Fällen greift der Papst radikaler durch, indem er dem Bischof die gesamte Weihevollmacht aberkennt, ihn laisiert oder sogar exkommuniziert.

Wie vermögend sind Bischöfe?

Wie viel ein Bischof monatlich verdient, ist von Bistum zu Bistum unterschiedlich. In der Regel orientiert sich die Höhe der Bischofsgehälter an der Beamtenbesoldung für leitende Positionen des höheren Verwaltungsdienstes, der so genannte Besoldungsordnung B. Demnach verdient ein Erzbischof maximal rund 12.000 Euro brutto pro Monat, gut doppelt so viel wie ein Bischof.

Wo kommt das Geld her?

Ein Grossteil der Gehälter speist sich aus öffentlichen Mitteln der Bundesrepublik. Nach Recherche der Tageszeitung "taz" fliessen jährlich rund 481 Millionen Euro der zum Teil hoch verschuldeten Bundesländer an die katholische und evangelische Kirche. Grund für diese Ausgleichszahlungen sind Vereinbarungen, die im frühen 19. Jahrhundert als Reaktion auf die massive Enteignung von Kirchen und Klöstern während der Säkularisation festgelegt wurden. Ob die staatliche Zahlung auch weiter bestehen soll, wird derzeit diskutiert.

Das Gesamtvermögen der insgesamt 27 deutschen Bistümer, das sich zum Grossteil aus Kirchensteuer und Spenden begründet, unterliegt strengen kirchlichen und staatlichen Stiftungsgesetzen, die von Gremien kontrolliert werden. Nach Angaben der Deutschen Bischofskonferenz nahm die katholische Kirche 2013 rund 5,5 Milliarden Euro Kirchensteuer ein. Der Vermögensumfang einer Diözese schwankt je nach Bundesland. Das Erzbistum Köln etwa gilt als das reichste Bistum Deutschlands – möglicherweise ist es sogar das reichste weltweit. Auf rund 612 Millionen Euro beläuft sich nach eigenen Angaben allein der Buchwert seines Immobilienbesitzes. Berlin hingegen zählt zu den ärmeren Bistümern.

Wie viele Bischöfe gibt es weltweit?

Rund 4.400 deutsche Bischöfe arbeiten nach Worten von Professor Müller weltweit – auch im Vatikan in Rom. "Die Zahl der deutschen Bischöfe im Ausland nimmt ab", beobachtet der Theologe. Den einstigen deutschen Missionsbischöfen besonders in Afrika, Australien und Lateinamerika würden vermehrt einheimische Bischöfe vorgezogen.

Wer sind die bekanntesten?

Mal bescheiden, mal protzig. Folgende fünf Bischöfe fallen besonders auf:

1. Karl Kardinal Lehmann gilt als wohl profilierteste Figur in der katholischen Kirche. Der 78-jährige Bischof von Mainz erfüllt sein Amt bereits seit über 30 Jahren und wurde für sein Engagement mehrfach öffentlich ausgezeichnet.

2. Sehr mediengängig ist ausserdem Kardinal Reinhard Marx. Der Erzbischof von München und Freising ist Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und einer der unmittelbaren Mitarbeiter des Papstes.

3. Weniger positiv hat sich der ehemalige Erzbischof von Köln, Joachim Meisner, ins Rampenlicht gespielt. Mit fragwürdigen Immobiliengeschäften und Briefkastenfirmen schien er mehr die Nähe zum Geld als zu Bedürftigen zu pflegen.

4. Für Aufsehen sorgte auch der ehemalige Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, der in seinem ehemaligen Bistum Limburg über 30 Millionen teure Baukosten des Bischofssitzes zu verantworten hat. Der in den Medien kursierende Titel "Bischof Bling Bling" weist auf seinen protzigen Lebensstil hin.

5. Stefan Ostau ist mit seinen 49 Jahren der jüngste Bischof Deutschlands. Als Gegenprogramm zu Limburg gab Ostau kürzlich Einblick in seine bescheidenen, privaten Räumlichkeiten. Der Oberhirte von Passau gilt in einigen Kreisen als Kommunikationsgenie, anders als seine Vorgänger hat der Bischof das journalistische Handwerk gelernt.

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