Der Klimawandel ist 2019 besonders spürbar gewesen – in Deutschland und weltweit. In unserer Reihe "Das 'Klimajahr' 2019" beleuchten wir das Thema Klima in drei Dimensionen: Politisch, gesellschaftlich - und die Umwelt betreffend.

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Der deutsche Rekord fällt an einer unerwarteter Stelle: Das Emsland ist vor allem für Wasserläufe und grüne Wiesen bekannt, im vergangenen Sommer steigt das Thermometer dort aber in ungekannte Höhen: 42,6 Grad werden am 25. Juli 2019 im niedersächsischen Lingen gemessen – so viel wie zuvor noch nie in ganz Deutschland.

Der neue Rekord übertrifft den bisherigen nationalen Spitzenwert um mehr als zwei Grad. "Das geht in die meteorologischen Geschichtsbücher ein", teilt der Sprecher des Deutschen Wetterdienstes Ende Juli mit.

Kaum ein Thema hat die Menschen 2019 so beschäftigt wie das Klima. Ein Grund dafür ist die Hitzewelle zur Jahresmitte: Der Sommer 2019 ist der drittwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen 1881 – und damit ein weiteres Zeichen, dass sich der Planet aufheizt. Denn die einzigen noch heisseren Sommer verzeichneten Meteorologen 2003 und 2018.

Sommer mit Schattenseiten

Die Deutschen freuen sich 2019 über stabiles Freibad- und Grillwetter, Obst- und Weinbauern über gute Ernten. Doch die Erträge der Getreidebauern liegen 3,3 Prozent unter dem Durchschnitt der Jahre 2013 bis 2018, insgesamt macht die Wasserknappheit der Agrarbranche zu schaffen.

"Die Niederschläge reichten in vielen Regionen Deutschlands nicht aus, um die Bodenwasserspeicher aufzufüllen", heisst es im Erntereport des Bundeslandwirtschaftsministeriums.

Überall im Land macht sich die Hitze bemerkbar – und das schon im Juni: In Ostwestfalen bitten Gemeinden ihre Bürger, wegen der Wasserknappheit auf das Rasensprengen zu verzichten. In Sachsen-Anhalt werden wegen der Gefahr aufbrechender Fahrbahndecken auf mehreren Autobahnabschnitten Tempolimits verhängt. In Brandenburg stehen 100 Hektar Wald in Flammen.

Mehrere grosse Flüsse trocknen so weit aus, dass die Schifffahrt erschwert oder sogar eingestellt wird: Die Elbe zum Beispiel erreicht mit einem Pegel von 45 Zentimetern bei Magdeburg Ende Juli einen historischen Tiefststand.

Hinzu kommt, dass bereits der Sommer 2018 ungewöhnlich heiss war. Daten des Rückversicherungsunternehmens Munich RE zufolge forderte die damalige Hitzewelle in Deutschland 1.246 Todesopfer. Im Dezember schlägt auch die Organisation Germanwatch Alarm: Ihr Klima-Risiko-Index vergleicht, wie stark Länder von Wetterextremen wie Hitze, Dürre und Überschwemmungen betroffen sind. Deutschland steht demnach in der Rangliste für 2018 auf Platz drei hinter Japan und den Philippinen.

Feuer zerstören CO2-Speicher Regenwald

Doch es brennt – im wahrsten Wortsinne – auch an anderen Stellen: Allein im August stehen im Amazonasgebiet 471.000 Hektar Regenwald in Flammen.

Waldbrände sind generell nicht ungewöhnlich. 2019 nimmt ihre Zahl in Brasilien im Vergleich zum Vorjahr aber um mehr als 80 Prozent zu, viele Feuer gehen auf illegale Brandrodungen zurück. Die Brände in der Region sind doppelt gefährlich:

Sie bringen kurzfristig mehr Kohlendioxid in die Atmosphäre. Mit der Zerstörung des Regenwaldes verschwindet aber auch langfristig ein wichtiger CO2-Speicher – das den Klimawandel weiter anheizen könnte.

Von einem "Megafeuer" ist im Dezember auch im Osten Australiens die Rede: In der Nähe von Sydney verschmelzen Einzelbrände zu einer unkontrollierten Feuersbrunst. In den Bundesstaaten New South Wales und Queensland verzeichnen die Behörden rund 140 Brände.

Der australische Ökologe Stefan Arndt sieht in den Ereignissen eine klare Folge des Klimawandels. Seit den 60er-Jahren fassen Wissenschaftler in dem Land die Zahl der Waldbrände in einem Index zusammen, erklärt Arndt in einem Interview mit "Zeit Online". "50 von 70 Tagen mit den höchsten Werten, die in der ganzen Zeit gemessen wurden, traten nach dem Jahr 2000 auf", so Arndt.

Zyklone in Afrika, Land unter in Venedig

An anderen Orten der Welt macht das Wasser den Menschen zu schaffen: Im März zerstört der Zyklon Idai rund 90 Prozent der Hafenstadt Beira im afrikanischen Mosambik. Nur sechs Wochen später zieht mit Kenneth ein weiterer Tropensturm über die Region hinweg.

Das UN-Kinderhilfswerk UNICEF schätzt, dass in Folge von Sturmschäden und Überschwemmungen fast 1,4 Millionen Menschen im Südosten Afrikas auf humanitäre Hilfe angewiesen sind.

In Venedig ist das Winterhochwasser "Acqua alta" wiederum fast ein jährliche Tradition. Doch auch hier gibt es 2019 Höchststände zu vermelden: In der Lagunenstadt steht das Wasser Ende November so hoch wie seit 50 Jahren nicht mehr.

Im September erneuert auch der UN-Weltklimarat IPCC seine Warnungen: Wenn es beim bisherigen Ausstoss klimaschädlicher Gase bleibe, könne der Meeresspiegel bis zum Ende dieses Jahrhunderts um 60 bis 110 Zentimeter steigen. Wenn dieses Szenario eintritt, wären davon 680 Millionen Menschen betroffen, die weltweit in küstennahen Regionen leben.

Einen Vorgeschmack liefert die indonesische Hauptstadt Jakarta, in deren Grossraum rund 30 Millionen Menschen leben. Seit Jahren versinkt die Stadt buchstäblich im Meer, auch weil ein Teil der Bewohner Grundwasser abpumpt. Im August gibt die indonesische Regierung bekannt, in den kommenden Jahren Reissaus zu nehmen: Sie will die Hauptstadt auf die Insel Borneo verlegen – in ein Gebiet, das jetzt noch von Regenwald bedeckt ist.


Quellen:

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