• Laut "Climate Action Tracker" (CAT) unternimmt nur Gambia genug, um auf 1,5-Grad-Kurs zu kommen.
  • Der Fokus liegt auf erneuerbaren Energien, Energieeffizienz und der Umstrukturierung der Landwirtschaft.
  • Bis 2030 muss weltweit mehr als eine Halbierung der Treibhausgase erfolgen, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen – bisher plant die Weltgemeinschaft nur, rund sieben Prozent einzusparen.

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Hitzewellen, Waldbrände, Überschwemmungen, Artenschwund – der menschengemachte Klimawandel hat uns schon jetzt fest im Griff. Damit sich die Lebensbedingungen auf unserem Planeten nicht noch deutlich extremer entwickeln, legen viele Länder selbstverpflichtende nationale Klimapläne vor. Das Ziel ist, die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 auf 1,5 Grad zu begrenzen – festgehalten im Pariser Klimaabkommen.

Kaum ein Land ist laut der unabhängigen Forschergemeinschaft "Climate Action Tracker" (CAT) aber derzeit auf dem richtigen Weg. Allein Gambia plant ausreichende Massnahmen, um das Klimaziel annähernd zu erreichen.

Das kleine Land Gambia liegt im Westen Afrikas. Seit einigen Jahren setzt es sich besonders ehrgeizige Klimaziele, obwohl 80 Prozent seiner Einwohner laut UN in Armut leben. Das Klimaengagement hat einen eigennützigen Grund: Dem Land drohen massive Einschnitte, sollte sich das Erdklima weiter erwärmen.

Was macht Gambia in Sachen Klimapolitik richtig?

Gambia verfolgt einen ambitionierten Plan beim Klimaschutz: Es will bis 2050 klimaneutral sein. Auf dem Weg dorthin hat es vor, seine Treibhausgasemissionen bis zum Ende dieses Jahrzehnts deutlich zu reduzieren. Zuletzt legte der Klimavorreiter dafür einen nationalen Klimaplan vor, den die Forscher des CAT als nahezu ausreichend einstuften, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.

Das Aktionspapier sieht den breiten Ausbau von erneuerbaren Energien vor – von riesigen Solarfeldern und zahlreichen netzunabhängigen Solaranlagen ist die Rede. Seine Stromsysteme sowie die Bereiche Gebäude, Verkehr und Abfall will Gambia energieeffizienter gestalten.

Weitreichende Aufforstung soll dazu beitragen, Emissionen aus der Luft zu binden. Zudem will das westafrikanische Land seine Treibhausgase in der Landwirtschaft reduzieren. Die Landnutzung macht in Gambia fast ein Drittel der Emissionen aus. Als Ziel will der Mini-Staat den Reisanbau und die Viehwirtschaft klimafreundlich grunderneuern.

Darüber hinaus setzt Gambia auf Aufklärung. Die Regierung unterstützt etwa das Klimaprojekt "Clean Earth Gambia", ins Leben gerufen von jungen lokalen Fridays-for-Future-nahen Aktivisten. Die Organisation klärt Bürger und Bürgerinnen über Klimaschutz auf, pflanzt Bäume und organisiert Müllsammel-Aktionen sowie Diskussionsrunden in den Gemeinden.

Der Klimawandel bedroht Gambia schon heute

Dass der Mini-Staat weltweit eine Vorreiterrolle im Klimaschutz einnimmt, liegt auch daran, dass er vom Klimawandel bereits besonders betroffen ist. Die voranschreitende Erderwärmung bedroht die ohnehin schon schwierige Lebensgrundlage der Menschen – Gambia muss handeln.

Wegen des steigenden Meeresspiegels droht dem Land am Atlantik eine schleichende Versalzung seines Hauptflusses Gambia. Die Folge: Fischsterben und eine erschwerte Bewässerung der landwirtschaftlichen Flächen. Die Hauptstadt Banjul an der Gambia-Mündung wird zudem bis zum Jahr 2100 zum grossen Teil im Meer verschwunden sein, selbst bei einer Erwärmung des Klimas von unter zwei Grad. Dort leben aktuell 30.000 Menschen.

Industrienationen müssen ihre Bemühungen zum Klimaschutz deutlich steigern

Doch selbst wenn Gambia all seine Massnahmen vorbildlich umsetzt – das Land hat nur einen Anteil von 0,01 Prozent an den weltweit ausgeschütteten Treibhausgasen. Die CO2-Emissionen pro Kopf betragen dort gerade einmal 0,25 Tonnen. Zum Vergleich: In Deutschland sind es laut "statista.com" rund acht Tonnen pro Einwohner.

Damit die Weltgemeinschaft ihr Klimaziel von 1,5 Grad bis 2100 erreicht, müssen deshalb vor allem auch alle anderen Staaten viel mehr für den Klimaschutz unternehmen. Das fordert die UN in ihrem "Emissions Gap Report 2021". Eine Versiebenfachung der Bemühungen zur Verringerung klimaschädlicher Gase bis 2030 sei notwendig, um auf Klimakurs zu sein. Mit den bisher geplanten Massnahmen würde die Weltgemeinschaft laut UN bisher nur 7,5 Prozent der Gase einsparen – mehr als eine Halbierung bis 2030 sei aber notwendig. Sonst drohe eine Erwärmung von 2,7 Grad bis zum Ende dieses Jahrhunderts – mit verheerenden Folgen.

Insbesondere die G20-Staaten, die für Dreiviertel der Emissionen verantwortlich sind, müssten hier nun ihrer Verantwortung gerecht werden, mahnt die UN. Das Problem: Die meisten Klimaschutzpläne begännen zu spät mit der Verringerung der Emissionen – und zwar weit über 2030 hinaus. Gerade die Nutzung von fossilen Brennstoffen und der Ausstoss von Methan in der Landwirtschaft müssten aber kurzfristig reduziert werden, um die Erderwärmung zu stoppen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit die G20-Staaten ihre Klimapläne nun noch einmal anpassen, um wie Gambia auf einen guten Klimakurs zu kommen.

Verwendete Quellen:

  • unep.org: Emissions Gap Report
  • The Gambia National Youth Council: Clean Earth Gambia
  • Climate Action Tracker – Gambia
  • tagesspiegel.de: Unerhört engagiert
  • Statista
  • Die Zeit: Wo steht die Welt beim Klimaschutz?
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