Im Juni nahm die Polizei eine Kölner Sängerin auf einer Wahlkampfveranstaltung der Opposition in der Türkei fest. Nun wurde Hozan Cane verurteilt. Hintergrund sind vor allem Facebook-Inhalte.

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Eine seit mehr als vier Monaten in der Türkei inhaftierte deutsche Sängerin mit kurdischen Wurzeln ist wegen Terrorvorwürfen zu sechs Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.

Das Gericht im westtürkischen Edirne sprach die Kölner Sängerin mit dem Künstlernamen Hozan Cane am Mittwoch nach Angaben ihrer Anwältin wegen Mitgliedschaft in der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK schuldig. Von den Vorwürfen der Volksverhetzung und der Beleidigung des Staatsgründers Mustafa Kemal Atatürk sprach das Gericht die Sängerin demnach frei.

Anklage stützt sich auf Facebook- und Twitter-Inhalte

Anwältin Newroz Akalin sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie werde Berufung einlegen. Ihrer Mandantin, die nur die deutsche Staatsbürgerschaft habe, gehe es "psychisch nicht gut". Es ist innerhalb von drei Monaten das dritte Urteil gegen deutsche Staatsbürger in der Türkei.

Hozan Cane war Ende Juni kurz vor den Wahlen in der Türkei in Edirne festgenommen worden. Sie hatte dort eine Wahlkampfveranstaltung der pro-kurdischen Oppositionspartei HDP unterstützt. Prozessauftakt war am 26. September. Die Anklage stützte sich unter anderem auf Inhalte, die die Sängerin zwischen den Jahren 2014 und 2018 auf ihrem Facebook- und Twitter-Profil geteilt haben soll.

In der Anklageschrift, die der dpa vorliegt, wird ihr etwa vorgeworfen, Fotos geteilt zu haben, auf denen der inhaftierte PKK-Chef Abdullah Öcalan zu sehen ist. Darunter sei auch eine Veranstaltung in Köln, auf der PKK-Fahnen und Öcalan-Poster zu sehen seien. Ähnliche Aufnahmen stammten von den Konzerten der Sängerin, so der Vorwurf.

Ausserdem sei Hozan Cane auf Bildern mit der Führungsriege der PKK zu sehen, wie etwa mit dem PKK-Kommandeur Murat Karayilan. Die PKK gilt in der Türkei, der EU und den USA als Terrororganisation.

Hozan Cane wurde per Video zugeschaltet

Die Sängerin gab beim Verhör jedoch an, dass die zwei in der Anklageschrift angeführten Facebook-Profile nicht ihre seien. Auf ihrem Twitter-Account seien Inhalte geteilt worden, von denen sie nichts wisse. Fotos von ihr und Karayilan bezeichnet die Sängerin laut Anklageschrift als Fotomontage.

Hozan Cane habe niedergeschlagen auf die Urteilsverkündung reagiert, sagte Anwältin Akalin. Die Sängerin, die in Istanbul inhaftiert ist, wurde per Video zur Verhandlung zugeschaltet.

In der Türkei werden immer wieder auch Ausländer wegen Inhalten in den sozialen Medien festgenommen. Vor kurzem verschärfte das Auswärtige Amt die Reisehinweise für die Türkei. Es warnt Deutsche deutlicher als zuvor vor regierungskritischen Meinungsäusserungen in sozialen Medien.

Kürzlich gab es auch zwei Urteile gegen deutsche Staatsbürger: Ende September war der Hamburger Ilhami A. wegen angeblich über Facebook verbreiteter Terrorpropaganda für die PKK zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt worden. A. ist auf freiem Fuss, weil das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Er darf jedoch nicht ausreisen.

Reihe von Festnahmen löste Krise aus

Ende Oktober wurde dann der 29-jährige Giessener Patrick K. wegen Mitgliedschaft in der YPG - dem syrischen Ableger der PKK - zu mehr als sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Er ist im osttürkischen Elazig inhaftiert. Nach Angaben seiner Familie war er zum Wandern in der türkisch-syrischen Grenzregion unterwegs.

Mehrere deutsche Staatsbürger sitzen zudem wegen Terrorvorwürfen in türkischer Untersuchungshaft. Darunter ist der Kölner Adil Demirci, dessen Prozess am kommenden Dienstag beginnt.

Im vergangenen Jahr hatte eine Reihe von Festnahmen deutscher Staatsbürger in der Türkei eine schwere Krise zwischen Berlin und Ankara ausgelöst. Die prominentesten Fälle sind der "Welt"- Reporter Deniz Yücel und der Menschenrechtler Peter Steudtner, die beide inzwischen entlassen wurden und ausreisen durften.

Auch die unter Terrorvorwürfen angeklagte deutsche Journalistin und Übersetzerin Mesale Tolu durfte Ende August das Land verlassen. Die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei haben sich zwar wieder entspannt, die Bundesregierung hat aber mehrfach betont, dass es keine Normalisierung geben werde, bevor nicht die verbliebenen Häftlinge frei seien.  © dpa

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