Ein junger Journalist stürzt im Hambacher Forst von einer Hängebrücke und stirbt. Nun ermittelt die Kriminalpolizei. NRW-Innenminister Herbert Reul appelliert unterdessen an die Aktivisten, ihre Baumhäuser zu verlassen.
Nach dem tödlichen Sturz eines Journalisten während der umstrittenen Räumungsaktion im Hambacher Forst ermittelt die Kriminalpolizei zur Unglücksursache. Beamte seien am Donnerstag im Wald vor Ort, sagte ein Polizeisprecher am Morgen.
Einen Anfangsverdacht für eine Straftat gibt es nach Angaben der Aachener Staatsanwaltschaft nicht. "Es sieht nach einem Unglücksfall aus", sagte Oberstaatsanwältin Katja Schlenkermann-Pitts der Deutschen Presse-Agentur.
In der Nacht zum Donnerstag war es im Hambacher Forst ruhig geblieben. Mit Kerzen erinnerten die Aktivisten an den Toten.
Wald ist seit sechs Jahren besetzt
Die Polizeiaktion, bei der Baumhäuser geräumt und abgerissen werden, hatte vergangene Woche begonnen. Bis Mittwoch waren den Angaben zufolge 39 von 51 Baumhäusern geräumt. Die Waldbesetzer protestieren gegen das Vorhaben des Energiekonzerns RWE, weite Teile des Hambacher Forstes abzuholzen.
Es soll Braunkohle gebaggert werden. Der Wald gilt als Symbol des Widerstands gegen die Klimabelastung durch Kohle. In bis zu 25 Metern Höhe haben die Aktivisten ihre Baumhäuser gebaut. Sie halten den Wald so seit sechs Jahren besetzt.
Der junge Journalist war am Mittwoch durch die Bretter einer Hängebrücke zwischen zwei Baumhäusern gebrochen und 15 Meter tief gestürzt. Rettungskräfte konnten nichts mehr für ihn tun.
Die Aachener Polizei sprach von einem tragischen Unglück. Der Journalist habe seit längerem das Leben der Aktivisten in den Baumhäusern dokumentiert.
Es habe zum Unglückszeitpunkt keine Polizeimassnahmen in der Nähe der Unglücksstelle oder am Baumhaus gegeben, erklärten die Beamten. Das Aktionsbündnis "Hambi bleibt" betonte, zu dem tödlichen Sturz sei es vermutlich gekommen, weil der Journalist einen SEK-Einsatz in der Nähe habe beobachten wollen.
Reul: "Leben jetzt auch alle damit"
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) appellierte an die Waldbesetzer, die Baumhäuser freiwillig zu verlassen. "Wir leben jetzt alle auch damit, mit der Hoffnung, so will ich es vielleicht sagen, dass diejenigen, die da in den Häusern sind, jetzt aus dem Wald rausgehen, aus den Häusern rausgehen, damit nichts passiert", sagte Reul dem Radiosender WDR2.
Die Landesregierung hatte die Räumung am Mittwochabend bis auf weiteres ausgesetzt. "Ich finde, es ist richtig, dass man jetzt unterbricht, weil wir können nicht einfach weitermachen", sagte Reul. "Ist doch klar: Da ist ein Mensch gestorben. Das geht auf keinen Fall. Auf der anderen Seite muss man wissen, die Richter haben entschieden, dass da Gefahr im Verzug ist." Die Baumhäuser müssten geräumt werden, weil sie gefährlich seien.
Der Arbeitsbühnen-Verleiher Gerken kündigte an, seine Geräte aus dem Hambacher Forst abzuziehen. Das Unternehmen sei von dem betreffenden Kunden, bei dem es sich nicht um die Polizei handele, zuvor nicht über den Einsatzzweck informiert worden.
"Da auch wir mit der Vorgehensweise im Hambacher Forst absolut nicht einverstanden waren und sind und wir auch den Einsatz unserer Bühnen dort nicht weiter rechtfertigen können, haben wir heute beschlossen, dass wir unsere Geräte dort stilllegen", schrieb die Geschäftsleitung am Mittwoch auf der Firmenhomepage.
In Düsseldorf übergaben Umweltschützer der Landesregierung am Donnerstag mehr als eine halbe Million Unterschriften für den Erhalt des Waldes und ein Ende des Kohleabbaus. (ank/dpa)
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