Die Demonstration gegen das Verbot des Portals "Linksunten.Indymedia" in Leipzig ist eskaliert. Auf die Polizei ging ein Steinhagel nieder. Auch Journalisten wurden bedroht - auf einer Demo für Pressefreiheit.
Die Androhung von Gewalt war in Leipzigs linksalternativem Stadtteil Connewitz vorab für jedermann zu lesen. "Rache für Linksunten 25.01. Bullen jagen" stand in Versalien zusammen mit einem Antifa-Zeichen an einer Hauswand. Am Samstagabend haben vermummte Randalierer die Drohung wahr gemacht.
Aus einer Demonstration gegen das Verbot der Plattform "Linksunten.Indymedia" heraus flogen Steine auf die Polizei. Autoscheiben und das Glas eines Wartehäuschens der Strassenbahn gingen zu Bruch. Journalisten berichteten von Bedrohungen. 13 Polizisten wurden nach Angaben der Polizei leicht verletzt, sechs Verdächtige festgenommen.
Indymedia-Demo eskaliert - Steinhagel auf die Polizei
Nach der Eskalation in der Silvesternacht am Connewitzer Kreuz steht Leipzig zum zweiten Mal innerhalb eines Monats wegen Ausschreitungen im Fokus. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) verurteilte die Gewalt auf das Schärfste.
"Wer Journalisten und Polizisten angreift, greift die Meinungsfreiheit und unsere friedliche Gemeinschaft an", erklärte der Minister. "Dem werden wir mit allen rechtsstaatlichen Mitteln entgegentreten."
SPD-Chefin Saskia Esken schrieb auf Twitter: "Gewalt gegen Menschen und Sachen ist inakzeptabel und muss ganz klar strafrechtlich verfolgt werden!" Den Polizistinnen und Polizisten dankte sie für ihr "besonnenes Verhalten".
Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt am kommenden Mittwoch über Klagen gegen das Verbot von "Linksunten.Indymedia". Das Bundesinnenministerium hatte 2017 ein Vereinsverbot erlassen, unter anderem weil auf der linksradikalen Seite auch Gewaltaufrufe publiziert wurden.
Die Demonstration, für die bundesweit mobilisiert worden war, hatte vor dem Gericht zunächst friedlich begonnen. Redner kritisierten das "Linksunten"-Verbot als Anschlag auf "linke, emanzipatorische Projekte".
Vermummte reissen Pflastersteine aus dem Fussweg
Danach setzte sich der Zug über die Südvorstadt in Richtung Connewitz in Bewegung und schwoll von 1.300 auf rund 1.600 Teilnehmer an. Die Aggressivität in Teilen der Demo nahm mit jedem gelaufenen Meter zu.
Erst wurden einzelne Bengalos gezündet, dann flogen Böller, Nebeltöpfe und Raketen - und schliesslich Steine. Vermummte rissen sie aus dem Pflaster des Fusswegs entlang der Demostrecke. Als an einer Kreuzung in der Südvorstadt ein regelrechter Steinhagel auf Polizeiautos niederging, stoppte die Demo.
Behelmte Polizisten mit Schutzschilden und Demonstranten standen sich nach den Steinwürfen eine ganze Weile gegenüber. Nach einigem Hin und Her wurde nach dem Stopp der ersten Demonstration eine Fortsetzung bis nach Connewitz angemeldet. Dort löste sich die Versammlung schliesslich auf.
Die Höhe des angerichteten Sachschadens könne noch nicht beziffert werden, sagte ein Stadtsprecher am Sonntag. Die Spuren der Eskalation waren auch am Sonntag noch deutlich zu sehen.
Neben dem Wartehäuschen wurden auch die Scheiben eines Sandwich-Imbiss' attackiert, zerbarsten aber nicht. An einer Konsum-Filiale überdeckten Pressspanplatten an der Tür und an einem Schaufenster die Schäden.
Polizei mit Grossaufgebot im Einsatz
Die Polizei war mit einem Grossaufgebot und Unterstützung aus mehreren Bundesländern im Einsatz - nicht zuletzt wegen der Eskalation in der Silvesternacht in Connewitz. Dabei waren nach Polizeiangaben mehrere Polizisten angegriffen und verletzt worden, ein 38 Jahre alter Beamter wurde tagelang im Krankenhaus behandelt.
Die Ermittler gehen von Linksextremisten als Tätern aus, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes gegen die unbekannten Angreifer.
Allerdings waren nach Silvester auch Vorwürfe eines rabiaten Vorgehens der Polizei laut geworden und sie musste ihre Darstellung des Geschehens nachträglich korrigieren. Diesmal setzte die Polizei betont auf Deeskalation und hielt sich lange im Hintergrund. Erst nach den Aggressionen aus der Demo heraus schritt sie ein. © dpa
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