Fast 1.400 Menschen bangten am Wochenende auf einem norwegischen Kreuzfahrtschiff plötzlich um ihr Leben: Die "Viking Sky" war auf einer Nordsee-Route, die im Frühjahr als gefährlich gilt, nicht mehr zu manövrieren. Ermittlungen sollen trotz des glimpflichen Ausgangs nun die Schuldfrage klären. Ein Lotse nimmt den Kapitän in Schutz.
Nach dem glimpflichen Ausgang des Kreuzfahrtdramas in Norwegen hat - neben der Polizei und der Reederei Viking Cruises - auch die staatliche Havariekommission Ermittlungen eingeleitet.
"Die Gefahr für Passagiere und Schiff war hoch", sagte deren Vertreter Dag Sverre Liseth der Nachrichtenagentur AFP. 28 Menschen wurden verletzt, eine Person davon schwer.
Die Behörde werde unter anderem der Frage nachgehen, warum das Schiff trotz des stürmischen Wetters die gefährliche Route genommen habe. Die bekannte Linie "Hurtigruten" hatte sich am gleichen Tag dagegen entschieden.
Ein Schiff legte deshalb später als geplant ab, damit es erst am Sonntagmorgen durch die Hustadvika musste, eines blieb ganz im Hafen, wie ein "Hurtigruten"-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur sagte.
Lotse verteidigt Kapitän der "Viking Sky"
In der Kritik steht wegen seiner gegenteiligen Entscheidung auch der finnische Kapitän der "Viking Sky". Ein beteiligter Lotse aber verteidigt dessen Entschluss, trotz eines Sturms durch ein gefährliches Seegebiet zu fahren.
Ohne die Antriebsprobleme hätte es die "Viking Sky" problemlos geschafft, das berüchtigte Küstengebiet Hustadvika an der westnorwegischen Küste südwestlich von Trondheim zu durchqueren, sagte der Lotse Inge Lockert laut der Nachrichtenagentur NTB dem Online-Medium "Vesterålen Online".
Lockert war einer der beiden norwegischen Lotsen, die den Kapitän an Bord beraten hatten. "Jemand hat gesagt, das Schiff hätte nicht herausfahren sollen. Aber das ist ein Schiff, das über 200 Meter lang ist", sagte er. Alles sei mit der Besatzung überprüft worden und in Ordnung gewesen, bis es zu den Motorproblemen gekommen sei.
Sein Arbeitgeber, die norwegische Küstenwache, erklärte ebenfalls, nichts habe dagegen gesprochen, dass ein Schiff vom Format der "Viking Sky" bei dem Wetter durch das Gebiet habe fahren können.
Ein Professor der Technisch-Naturwissenschaftlichen Universität Norwegens, Svein Kristiansen, sagte dem Rundfunksender NRK dagegen, die Fahrt sei ein reines Glücksspiel gewesen.
Es sei skandalös, dass ein Kreuzfahrtschiff mit mehr als 1.300 Menschen an Bord bei Bedingungen herausgefahren sei, bei denen wegen des Wellengangs im Notfall keine eigenen Rettungsboote eingesetzt hätten werden können.
Glücklicher Ausgang
Der Ausgang der dramatischen Situation erleichtere Lockert. "Der Adrenalinspiegel war hoch. Es war eine gute Portion Glück dabei, zusätzlich dazu, dass alle Leute das gemacht haben, was sie sollten", sagte Lockert.
Das Drama endete glimpflich: Fast 500 Menschen wurden per Hubschrauber an Land geholt, die restlichen Passagiere und Besatzungsmitglieder erreichten - mehr als 24 Stunden nach dem abgegebenen Notruf - mit dem Schiff den Hafen der Stadt Molde. Zu dem Zeitpunkt hatte die "Viking Sky" ihren Antrieb wiedererlangt.
Die Antriebe des Schiffes stammen übrigens vom deutschen Hersteller MAN. Einem Sprecher des Unternehmens zufolge ist der Grund für den Ausfall noch nicht geklärt. Vier spezialisierte Ingenieure reisten deswegen an. (hau/dpa)
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