- 3G? Gibt's nicht! Ausschluss von Ungeimpften? Steht nicht zur Debatte. Angst vor Omikron? Denkste!
- Obwohl auch in Madrid die Corona-Zahlen wieder steigen, macht Spaniens Hauptstadt ihrem Ruf als einschränkungsresistente Party-Hochburg wieder mal alle Ehre - ein Besuch vor Ort.
"Das ist ein anderer Planet hier!", sagt Heiko mit breitem Grinsen und glänzenden Augen. Während in Deutschland dieser Tage Adventsmärkte, Weihnachtsessen, Konzerte, Aufführungen und andere Events reihenweise abgesagt oder stark eingeschränkt werden, klappert der junge Tourist aus Hamburg mit drei nicht minder begeisterten Kumpels Discos und Kneipen in Madrid ab.
Restaurants und Clubs sind in der spanischen Hauptstadt derzeit oft so voll, dass sich draussen vor der Tür bei inzwischen kühleren Temperaturen auch mal lange Schlangen bilden. Das stört Heiko und seine Freunde jedoch nicht - nur bei der Frage nach einem Foto verziehen die vier das Gesicht: "Nee, nee, sonst heisst es zu Hause: diese Schwurbler wieder."
Obwohl die Corona-Zahlen auch in Madrid schon seit Wochen wieder steigen, macht die Metropole ihrem Ruf als einschränkungsresistente Party-Hochburg erneut alle Ehre.
Das Leben geht nahezu normal weiter
3G? Gibt's nicht. Ungeimpfte dürfen hier auch ohne Test oder Corona-Pass nahezu überall rein. Im Rest des Landes ist man teilweise vorsichtiger. In einigen Regionen wurde etwa die 3G-Regel in verschiedenem Umfang eingeführt. Mancherorts für Lokale mit grösseren Kapazitäten, wie etwa auf den Balearen mit des Deutschen liebster Urlaubsinsel Mallorca, oft aber auch nur für den Besuch von Krankenhäusern oder Seniorenheimen.
Nicht nur in Madrid, überall in Spanien geht das Leben nahezu normal weiter. Konzerte finden problemlos vor Tausenden Besuchern statt. Beim Fussball gibt es keine "Geisterspiele". Und in Madrid stehen sich die Menschen ebenso wie auf Mallorca, in Alicante und Barcelona trotz der 3G-Regel gegenseitig auf den Füssen, wenn sie vor Discos, Restaurants und Einkaufstempeln auf Einlass warten. "Wie am Ballermann, nur der Strand fehlt", scherzt Heiko.
Besonders hoch her geht es zurzeit bei den Firmen-Weihnachtsfeiern zu, die in Deutschland inzwischen als weitgehend tabu gelten. Die Nachfrage ist so gross, dass zahlreiche Restaurants die Preise zum Teil deutlich erhöht haben und Reservierungen von grösseren Gruppen ablehnen.
"El Pais" befindet: "Es gibt kaum Angst"
Es sind oft Treffen von 70, 80 oder noch mehr Menschen. "Die beliebtesten Lokale sind schon lange ausgebucht", zitierte die Zeitung "El País" vor einer Woche den Präsidenten des spanischen Gaststättenverbandes CEHE, José Luis Yzuel. "Es gibt kaum Angst", stellte das renommierte Blatt fest.
Die Omikron-Variante habe zwar zu Absagen geführt. "Es waren aber nur wenige", versichert Yzuel. Dass vor einigen Tagen knapp 70 Ärzte und Pfleger einer Klinik in Málaga nach einem Weihnachtsessen mit gut 170 Teilnehmern positiv getestet wurden, obwohl sie vor dem Treffen Antigentests gemacht hatten, vermiest nur wenigen die Partylaune. Ein Einzelfall, meinen viele - wie Alba Costa, die in einem Krankenhaus in Getafe südlich von Madrid arbeitet.
Die 29-jährige Ärztin erklärt: "Im vorigen Winter haben wir das nicht einmal in Erwägung gezogen, aber mit der Impfung und den PCR-Tests, die wir im Krankenhaus regelmässig machen, geht es. Deshalb wollen wir Mitte des Monats unser Weihnachtsessen doch veranstalten."
Die grossen Weihnachtsessen feiern bei Firmen und Familien eine Renaissance, nicht nur in Madrid. Die Zeitung "El Periódico" schrieb am Montag, in der Autonomen Gemeinschaft Extremadura an der Grenze zu Portugal seien "alle Restaurants ab Mittwoch fast zu 100 Prozent gebucht".
Vertrauen in die hohe Impfquote
Die meisten Spanier vertrauen der hohen Impfquote. Rund 90 Prozent aller Bürger, die älter als zwölf sind, sind bereits vollständig geimpft. Die Fünf- bis Elfjährigen werden ab Mittwoch gepikst. Zum Vergleich: In Deutschland gelten insgesamt rund 70 Prozent der Menschen als vollständig geimpft. Demos von Verschwörungstheoretikern und Impfgegnern gibt es in Spanien überhaupt nicht. Die Menschen geniessen das Leben in vollen Zügen.
Aber sie bleiben trotzdem vorsichtig: Auf der Strasse tragen zum Beispiel sehr viele, auch viele Jüngere, fast immer weiterhin Maske, obwohl dafür keine Pflicht mehr herrscht.
Ist Spanien ein "Corona-Paradies"? Nicht ganz: Die landesweite Sieben-Tage-Inzidenz kletterte vom 2021er-Tiefstwert von ca. 18 Mitte Oktober zuletzt auf 164. In Madrid lag dieser Wert bei 98. Damit liegt man trotz der jüngsten Anstiege immer noch deutlich besser als viele andere Länder Europas. In Deutschland betrug die Inzidenz am Montag knapp 390. In Spanien ist die Lage auf den Intensivstationen nach Beteuerungen der Behörden zudem weiterhin relativ entspannt, es gibt auch relativ wenige Todesfälle in Zusammenhang mit COVID-19 - gut 150 in der letzten Woche (Deutschland verzeichnete allein am Montag 473 Corona-Todesfälle).
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Heiko, seine Freunde und zahlreiche andere Touristen profitieren vom Highlife in Spanien und insbesondere in Madrid. Auch die Einheimischen freuen sich natürlich, erst recht Wirte und Ladenbesitzer. Aber den grössten Profit zieht eine 43-Jährige: Isabel Díaz Ayuso.
Mit ihrer lockeren Corona-Politik und dem Motto "Freiheit oder Kommunismus" avancierte die konservative Regionalpräsidentin noch vor Film- oder Sport-Stars zur wohl beliebtesten Person Madrids. Die "Kneipenkönigin", wie der TV-Sender RTVE sie taufte, oder die "Santa", die "Heilige", wie sie Wirte nennen, wird sofort lautstark gefeiert, sobald sie nur einen Fuss auf die Strasse setzt. "Einschränkungen bringen nur Chaos, wir in Madrid wollen Normalität", sagte sie erst wieder am Montag. © dpa
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