Von dem vor mehr als einer Woche verschwundenem Flugzeug der Gesellschaft Malaysia Airlines fehlt weiterhin jede Spur. Es gibt Theorien über Sabotage, Entführung, Terrorismus – wer allerdings dahinter stecken könnte und welche Ziele damit verfolgt werden, bleibt weiterhin ungeklärt.
Eigentlich ist es unvorstellbar, wie eine Boeing-Maschine mit 239 Menschen an Bord verschwinden kann. Das letzte Signal der Maschine wurde am 8. März per Satellit registriert, über sieben Stunden, nachdem es gestartet war. Schon vierzig Minuten nach dem Abflug in Kuala Lumpur war das Flugzeug jedoch vom Radar verschwunden.
Rund 45 Minuten nach dem Verschwinden hatte das malaysische Militär hunderte Kilometer weiter westlich von der eigentlichen Flugroute ein nicht identifiziertes Flugzeug auf dem Radar entdeckt. Ob es sich dabei um den Flug MH370 handelte ist ebenso unklar wie die anfängliche Untätigkeit und Intransparenz des Militärs. Das gab erst nach zahlreichen widersprüchlichen Angaben zu, das Signal geortet zu haben.
Anfangs verdächtigten die Behörden zwei Iraner, möglicherweise an einem Terroranschlag auf das Flugzeug beteiligt gewesen zu sein. Die beiden Männer waren mit gestohlenen Pässen an Bord der Maschine gelangt. Sie hatten Anschlussflüge von Peking nach Amsterdam und dann nach Frankfurt am Main bzw. Kopenhagen gebucht. Doch die Theorie wurde wieder verworfen. Laut deutschen Ermittlern werden sowohl die Fluggesellschaft Malaysia Airlines als auch die gewählte Route häufig von Schleusern für iranische Flüchtlinge genutzt.
Auch die These, dass die Maschine bereits durch einen Anschlag zerstört wurde, ist kaum haltbar. Bei der weltweiten Überwachung des Luftraumes mit Satelliten hat das Pentagon keine Lichtblitze registriert, die auf eine Explosion hindeuten würden.
Offiziell Ermittlungen wegen Sabotage, Entführung und Terrorismus
Wollte einer der beiden Piloten Selbstmord begehen? Stürzte Flug MH370 gar wegen eines technischen Fehlers ab? Unwahrscheinlich. In beiden Fällen hätte es offenbar weder eine offensichtliche Änderung der Flugroute gegeben noch eine Fortsetzung des Flugs über mehrere Stunden. Auch ein Absturz wegen Turbulenzen ist eigentlich nicht möglich, da keine Wrackteile auf der ursprünglichen Route gefunden wurden und das Wetter gut war.
Die malaysischen Behörden ermitteln nun offiziell wegen Sabotage, Entführung und Terrorismus. Sie überprüfen die Lebensumstände der Crew, der Passagiere sowie der Techniker, die vor dem Start im Flugzeug waren. Weil das von seinem eigentlichen Kurs abwich, ist eine Entführung der wahrscheinlichste Fall. Zudem wurden die beiden Kommunikationssysteme zu Beginn der mutmasslichen Entführung ausgeschaltet. Hierzu ist Fachwissen nötig.
Sind also die beiden Piloten die Entführer? Beim letzten Funkkontakt beim Verlassen des malaysischen Luftraums gegen 1:30 Uhr meldeten sie nichts von Problemen oder dergleichen sondern wünschten nur eine gute Nacht. Bei der Durchsuchung des Hauses eines Piloten fand die Polizei einen Flugsimulator. Dies müsse jedoch kein Hinweis darauf sein, dass er tatsächlich in eine Entführung verwickelt ist, betonte der Polizeichef.
Strobe Talcott, der unter Bill Clinton der stellvertretende Aussenminister der USA war, glaubt an einen gescheiterten Terroranschlag. Er twitterte: "Richtung, Treibstoffmenge und Reichweite führen manche zum Verdacht, Entführer planten eine Attacke nach Art von 9/11 auf eine indische Stadt." Unterwegs sei die Maschine dann abgestürzt, mutmasst Talcott.
Sollte dies stimmen, könnte der Absturzort weit entfernt von der Stelle liegen, wo der Flieger zuletzt geortet wurde. Weil die Boeing je nach Geschwindigkeit auch über Vietnam, Laos und sogar Usbekistan, Kirgisistan oder Afghanistan hätte fliegen können, suchen mittlerweile 25 Länder nach dem verschollenen Flieger, und zwar nicht mehr ausschliesslich in den Meeren.
Eine abenteuerliche Theorie vertritt die britische Terrorexpertin Sally Leivesly. Sie vermutet, dass die Boeing Opfer der ersten "Cyber-Entführung" geworden ist. Ohne überhaupt an Bord gewesen zu sein, habe der Entführer die Kommunikationssysteme abschalten und einen neuen Kurs eingeben können.
Absturz von Malaysia Airlines Flug MH370 sehr wahrscheinlich
Mittlerweile haben Experten zwei Korridore errechnet, in denen sich das Flugzeug mit hoher Wahrscheinlichkeit bewegt hat. Die eine Route führt über Thailand, Birma und Pakistan bis nach Kasachstan, die andere über Indonesien hinaus auf den Indischen Ozean. Ein riesiges Gebiet, das unmöglich komplett abgesucht werden kann. Es gilt jedoch als unwahrscheinlich, dass eine Boeing 777-200 unbemerkt über militärisch überwachte Staatsgrenzen fliegen kann, was den Weg über den Indischen Ozean plausibler macht. Experten gehen deswegen davon aus, dass das Flugzeug abgestürzt ist.
Dennoch ziehen die malaysischen Behörden die Möglichkeit in Betracht, dass die Maschine ins von den Taliban kontrollierte Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan geflogen wurde. Flug MH370 könnte unter dem Radar fliegend auf einem Stützpunt der Islamisten gelandet sein. Eine weitere Theorie besagt, dass die Maschine im Radarschatten einer anderen Boeing geflogen und unbemerkt woanders gelandet sei. Spätestens eine Landung kann aber nur schwer geheim bleiben. Zum einen benötigt eine Boeing 777-200 mindestens anderthalb Kilometer, um zum Stillstand zu kommen. Zum anderen ist es wenig wahrscheinlich, dass eine Maschine landet, ohne von Überwachungssystemen erfasst zu werden.
Die Spekulationen um das mysteriöse Verschwinden von Flug MH370 reissen nicht ab. Es gibt zahlreiche Ungereimtheiten und wenige handfeste Spuren. Völlige Klarheit kann nur das Auffinden der Maschine oder deren Wrackteile bringen.
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