Es könnte kaum absurder sein: Auf dem Rettungsschiff "Open Arms" ist die Lage ausser Kontrolle. Migranten springen ins Wasser. Nun entscheidet die Justiz. Und stellt andere Pläne wieder auf den Kopf.

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Nach dem verzweifelten Sprung mehrerer Migranten ins Meer hat die sizilianische Staatsanwaltschaft die Anlandung des Rettungsschiffs "Open Arms" in Italien angeordnet. Ausserdem solle das Schiff beschlagnahmt werden, sagte Innenminister Matteo Salvini in einem Facebookvideo am Dienstag unter Berufung auf die Behörde von Agrigent. Zudem werde die Staatsanwaltschaft gegen unbekannt wegen Amtsmissbrauchs ermitteln - das könne nur er sein, sagte Salvini.

Das Schiff der spanischen Hilfsorganisation Proactiva Open Arms ist seit knapp drei Wochen auf dem Meer blockiert und liegt seit Tagen mit rund 80 Migranten vor der italienischen Insel Lampedusa. Einige Migranten waren am Dienstag über Bord gegangen und mussten aus den Fluten gerettet werden. Eigentlich hatte die spanische Regierung am Dienstag nach tagelangem Hin und Her angekündigt, ein Marineschiff nach Lampedusa zu schicken. Die "Audaz" solle die "Open Arms" von dort bis nach Palma de Mallorca begleiten. Allerdings dauert die Fahrt nach Italien etwa drei Tage.

Der Staatsanwalt von Agrigent, Luigi Patronaggio, habe die vorläufige Beschlagnahme und die Anlandung nach einem Besuch auf dem Schiff angeordnet, berichteten italienische Nachrichtenagenturen.

Auf der "Open Arms" sei die Lage "ausser Kontrolle", wie Proactiva Open Arms mitteilte. Mehr als ein Dutzend Migranten sprangen am Dienstag ins Wasser und versuchten, die einige Hundert Meter entfernt liegende Insel Lampedusa schwimmend zu erreichen.

Die Hilfsorganisation twitterte, zunächst seien neun Menschen ins Meer gesprungen. Später folgten ihnen mindestens fünf nach. Die italienische Küstenwache barg sie aus den Fluten. Alle seien nach Lampedusa gebracht worden, schrieb Proactiva. Ihr Fazit: "An Bord hat die Situation ihr Limit erreicht".

18 Tage in einer Eisenkiste eingesperrt

An Land seien die Migranten umgehend von Ärzten betreut worden, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Bereits am Wochenende hatten sich mehrere Migranten ins Meer gestürzt, sie waren aber von Helfern zurück aufs Schiff gebracht worden. Am Nachmittag wurden zudem zwei weitere Menschen mit gesundheitlichen Problemen von Bord gebracht, wie Medien berichteten. "18 Tage in einer Eisenkiste eingesperrt, Wasser und Lebensmittel rationiert... Die Situation ähnelt der eines libyschen Lagers, aber in italienischen Hoheitsgewässern", twitterte Proactiva-Gründer Oscar Camps.

Das spanische Marineschiff wurde seit dem Morgen in der Militärbasis von Rota in Andalusien für die Überfahrt vorbereitet und sollte am späten Nachmittag in See stechen. In drei Tagen soll es Lampedusa erreichen. Die Regierung in Madrid halte dies für die "angemessenste Lösung", hiess es.

Verteidigungsministerin Margarita Robles hatte bereits am Morgen eine Lösung in den "nächsten Stunden" in Aussicht gestellt. Angesichts der humanitären Notlage an Bord dürfe niemand wegschauen, sagte sie. Der italienische Innenminister Matteo Salvini kümmere sich nicht um Menschenleben, sondern nur um seinen Wahlkampf. Gegen Salvini hatte die Staatsanwaltschaft schon einmal in einem ähnlichen Fall Ermittlungen aufgenommen.

Obwohl die "Open Arms" seit Tagen direkt vor Lampedusa liegt und sich mehrere EU-Staaten zur Aufnahme der Menschen bereiterklärt hatten, wollte Salvini, der der rechten Lega angehört, die Menschen nicht an Land lassen. "Das, was Salvini im Zusammenhang mit Open Arms macht, ist eine Schande für die gesamte Menschheit", sagte Robles.

Zeitweise befanden sich rund 160 Migranten an Bord, jedoch waren mehrmals Menschen in prekärem Gesundheitszustand an Land nach Italien oder Malta gebracht worden. Mehrere Frauen hatten zuvor Panikattacken und Weinkrämpfe erlitten. Am Dienstagnachmittag waren Medienberichten zufolge noch 83 Migranten an Bord.

Die Regierung in Madrid hatte dem Schiff am Montag den nächstgelegenen spanischen Hafen angeboten - jedoch sah sich die NGO nicht in der Lage, in der prekären Lage an Bord noch tagelang quer über das Mittelmeer bis Mallorca oder Menorca zu fahren. (br/dpa)


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