- Vor 13 Monaten ist in Deutschland die Impfkampagne gestartet; seither wurden 204,7 Millionen digitale Zertifikate über erfolge Impfungen ausgestellt.
- Tatsächlich wurden jedoch nur 162,1 Millionen Erst, Zweit- und Drittimpfungen gespritzt - also ein Drittel weniger.
- Die Differenz gibt Rätsel auf.
In Deutschland wurden seit Beginn der Impfkampagne vor 13 Monaten 42,6 Millionen mehr digitale Impfzertifikate ausgestellt als Corona-Impfdosen verabreicht. Bis zum vergangenen Freitag wurden 204,7 Millionen digitale Zertifikate über erfolgte Corona-Impfungen ausgegeben, wie das Bundesgesundheitsministerium auf Anfrage der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ, Donnerstagsausgabe) mitteilte. Allerdings wurden dem Ministerium zufolge bis zu diesem Montag "nur" 162,1 Millionen Dosen für Erst-, Zweit- und Drittimpfungen gespritzt, also 42,6 Millionen weniger.
Das Ministerium sieht dem Bericht zufolge in der Differenz weder einen Hinweis auf Fake-Impfpässe noch auf millionenfach nicht gemeldete Impfungen. Ein Ministeriumssprecher nannte auf NOZ-Nachfrage "verschiedene Gründe". Zum einen seien "insbesondere zu Beginn der Anwendung viele Zertifikate automatisch durch Impfzentren erstellt und an die geimpften Personen geschickt" worden, während die betroffenen Personen oftmals bereits ein Zertifikat in einer Apotheke ausgestellt bekommen hätten. Des Weiteren könnten Zertifikate "auch mehrfach ausgestellt werden, wenn beispielsweise eine Person ihr Zertifikat verliert".
Diskrepanz zwischen Zertifikaten und Impfungen erheblich gewachsen
Allerdings ist die Diskrepanz in den zurückliegenden Wochen noch erheblich gewachsen. So waren laut Ministerium bis zum 15. Dezember 162.397.255 digitale Impfzertifikate ausgestellt und nach Angaben des Robert-Koch-Institutes (RKI) 136.641.993 Impfdosen verabreicht worden. Mitte Dezember betrug der "Überhang" an Zertifikaten demnach "erst" knapp 26 Millionen gegenüber aktuell mehr als 42 Millionen.
Die Impfungen der niedergelassenen Ärzte werden von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) organisiert. Diese kann die Lücke laut NOZ nicht erklären. "Wir gehen auf Basis der vertragsärztlichen Abrechnungsdaten davon aus, dass eine Untererfassung durch das digitale Impfquoten-Monitoring (DIM) nicht generell gegeben ist und damit die dargestellte Lücke nicht erklären kann", sagte ein KBV-Sprecher der NOZ und ergänzte: "Um diese Lücke zu erklären, sind vertiefende Analysen der Daten zur Zertifikatsausstellung nötig, die aktuell nur das Robert-Koch-Institut durchführen kann."
Kritik kam aus der Opposition
Das RKI wollte sich nicht äussern und verwies auf das Bundesgesundheitsministerium. Kritik kam aus der Opposition. Die gesundheitspolitische Sprecherin der Linken-Fraktion, Kathrin Vogler, sagte der NOZ: "Das schreit nach weiterer Aufklärung. Die Bundesregierung muss dringend für Klarheit sorgen." Vogler gab zu bedenken, dass vermutlich längst nicht jeder Geimpfte auch ein digitales Zertifikat habe, gerade von den Hochbetagten. "Dann wäre bei mehr als jeder vierten Impfung etwas schiefgelaufen."
Irritiert gibt sich auch die AfD-Fraktion. "Die enorme Diskrepanz zwischen den Impfzahlen des RKI und den digitalen Impfzertifikaten zeigt einmal mehr das Daten-Chaos bei der Bundesregierung", sagte der Sprecher für Arbeit und Soziales, René Springer, der NOZ. (pak/AFP)
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