Im Missbrauchsfall von Lügde ist noch vieles unklar. Aktueller Stand: Gegen sechs Personen wird ermittelt, drei von ihnen sind dringend tatverdächtig. Wurden auch noch schnell Daten gelöscht?
Im Fall des vielfachen Kindesmissbrauchs auf einem Campingplatz in Lügde in Nordrhein-Westfalen wird auch gegen eine Person wegen des Verdachts der Datenlöschung ermittelt. Geprüft werde, ob diese Person für einen der drei Hauptverdächtigen Daten vernichtet hat und ob damit eine Bestrafung verhindert werden sollte, sagte der Detmolder Oberstaatsanwalt Ralf Vetter am Freitag auf Anfrage. Gegen den Verdächtigen führe man ein Ermittlungsverfahren wegen Strafvereitelung.
Als Hauptverdächtige stuft die Staatsanwaltschaft weiterhin drei Männer im Alter von 33, 48 und 56 Jahren ein, die in Untersuchungshaft sitzen. "Ein dringender Tatverdacht wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern beziehungsweise der Beteiligung daran besteht nur gegen die in Haft befindlichen Beschuldigten", betonte Vetter.
"Hinweise auf Unterstützungsleistungen"
Daneben richteten sich die Ermittlungen gegen drei weitere Verdächtige, darunter die Person, die womöglich Daten löschte. Bei den zwei übrigen Verdächtigen hätten sich "Hinweise auf mögliche Unterstützungsleistungen" ergeben, erläuterte Vetter. In diesen zwei Fällen bestehe "allenfalls noch ein geringer Tatverdacht wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch von Kindern". Auch dieser Sachverhalt werde "weiter aufgehellt und ausermittelt". Zum Kreis der drei Personen machte Vetter aus "ermittlungstaktischen, aber auch aus Persönlichkeitsschutzgründen" keine genaueren Angaben. Sie sind auf freiem Fuss.
Auf dem Campingplatz in Lügde im Kreis Lippe sind nach den bisherigen Erkenntnissen der Ermittler über einen Zeitraum von zehn Jahren zahlreiche Kinder und Jugendliche sexuell missbraucht worden. Zwei der Hauptverdächtigen sollen die Gewalttaten verübt und gefilmt haben, einer soll Auftraggeber gewesen sein. Bislang sind 31 minderjährige Opfer identifiziert, darunter auch Kleinkinder. Der Fall war Ende 2018 aufgeflogen. Die Ermittler werten nach eigenen Angaben rund 13 000 Dateien mit Kinderpornografie aus.
Wurden Akten manipuliert?
Parallel dazu wird auch das Verhalten der Behörden untersucht. Der niedersächsische Landkreis Hameln-Pyrmont stellte einen Jugendamtsmitarbeiter wegen der Manipulation von Akten frei. Die Staatsanwaltschaft sei informiert worden, teilte Landrat Tjark Bartels am Freitag mit. Der Mitarbeiter habe eingeräumt, einen Vermerk nachträglich in Akten des Jugendamtes einsortiert zu haben. "Er wollte die Akte um einen fehlenden Vermerk ergänzen und so die Akte vervollständigen." Der Landkreis habe eine interne Prüfung eingeleitet. Welche Relevanz der Vermerk für den Fall hat, teilte der Landkreis nicht mit.
Das Jugendamt im niedersächsischen Hameln hatte als Pflegevater für ein kleines Mädchen einen der nun Verdächtigen eingesetzt. Auch dieses Kind soll auf dem Campingplatz missbraucht worden sein.
Die Staatsanwaltschaft in Detmold ermittelt zudem gegen zwei Polizeibeamte, die nach Hinweisen im Jahr 2016 zwar die Jugendämter informierten, aber sonst nicht tätig geworden sein sollen. Ausserdem wird bei mehreren Mitarbeitern der Jugendämter der benachbarten Kreise Lippe und Hameln-Pyrmont geprüft, ob sie ihre Fürsorgepflicht verletzten.
Die Generalstaatsanwaltschaft Hamm - Aufsichtsbehörde der Detmolder Staatsanwaltschaft - sieht in einer ersten Bewertung allerdings derzeit keine ausreichenden Gründe für Ermittlungen gegen die beiden Polizisten und Jugendamtsmitarbeiter. "Das ist aber ein vorläufiger Sachstand, es ist nichts in Beton gegossen", sagte ein Sprecher am Freitag in Hamm. Man habe in Detmold um einen weiteren Bericht gebeten und werde dann abschliessend bewerten.
(dpa/af)
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