In Bangkok werden in einem Luxushotel sechs Tote gefunden. Zunächst wirft der mysteriöse Fall viele Fragen auf – doch ein Detail hilft der Polizei, Licht ins Dunkel zu bringen.
Viele Stunden hat der mysteriöse Tod von sechs Menschen in einem Luxushotel in Bangkok die Ermittler vor ein Rätsel gestellt. Die Leichen der drei Männer und drei Frauen aus Vietnam waren am frühen Dienstagabend (Ortszeit) in einem Zimmer im fünften Stock des Hotels im Zentrum der Metropole von Angestellten entdeckt worden. Es gab aber keine Spuren von Gewalt, auch Raubmord wurde schnell ausgeschlossen.
Nun haben die Ermittlungen ergeben, dass eine 56-Jährige aus der Gruppe wahrscheinlich den anderen fünf ein sehr starkes Gift verabreicht und dieses anschliessend selbst getrunken habe. Grund sollen extrem hohe Schulden gewesen sein, sagte der zuständige Polizeichef Thiradej Thammasuthee.
Gift in Tassen gefunden
"Wir möchten bestätigen, dass einer der sechs Toten diesen Vorfall mit Zyanid verursacht hat", erklärte der stellvertretende Leiter der Ermittlungen, Noppasil Poonsawas. "Wir sind überzeugt, dass eine der sechs Personen dieses Verbrechen begangen hat." Befragte Angehörige der Toten hätten bestätigt, dass es zuvor Streit um Geld gegeben habe.
In Tassen hatten Beamte am Tatort Rückstände einer Substanz gefunden. Verschiedene Medien hatten bereits spekuliert, es habe sich möglicherweise um Zyanid (Blausäure) gehandelt.
Und ein Detail liess die Ermittler schnell aufhorchen: Die Tür war von innen abgeschlossen, so dass sich kein weiterer Täter Zugang zu dem Hotelzimmer verschafft haben konnte.
Raum von innen verschlossen – kein flüchtiger Täter
Eine siebte Person, nach der die Polizei zunächst gefahndet hatte, soll mit dem Fall nichts zu tun haben, hiess es. Laut Einwanderungsbehörde handelt es sich um die Schwester eines der Opfer. Sie sei bereits vor Tagen zurück nach Vietnam geflogen.
Der Fall hatte in Thailand für viel Aufsehen gesorgt. Zunächst war gar von einer Schiesserei die Rede gewesen – jedoch wiesen die Behörden diese Berichte schnell zurück. Vor allem die Regierung befürchtet, dass jede Art von schlechter Presse dem wichtigen Tourismussektor schaden könnte, der nach der Corona-Pandemie gerade erst wieder auf die Beine kommt.
Hyatt-Hotel wird zum Tatort
Das Luxushotel Grand Hyatt Erawan ist bekannt und liegt in einer beliebten Gegend mit mehreren Shopping-Malls. Ganz in der Nähe befindet sich auch der berühmte Erawan-Schrein, eine der heiligsten religiösen Stätten in Bangkok.
Sogar Ministerpräsident Srettha Thavisin sah sich veranlasst, sich umgehend einzuschalten und noch am Abend bei einer Pressekonferenz den Fragen Dutzender Journalisten zu stellen. "Es wird vermutet, dass sie seit etwa 24 Stunden tot sind. Bei der ersten Begehung des Tatorts gab es keine Anzeichen von Raub und Gewalt", erklärte er.
Disput um Geld endet tödlich
Ein Polizeisprecher hatte zuvor gesagt, die Gäste hätten am Dienstag nicht wie geplant aus dem Hotel ausgecheckt. Hotelpersonal habe die Leichen entdeckt, als es das Zimmer reinigen wollte. Nach Polizeiangaben wurden auf einem Tisch Teller mit Essen entdeckt, das grösstenteils noch in Folie verpackt war.
Zwei der Vietnamesen, die am Wochenende in das Hotel eingecheckt hatten, besassen auch einen US-Reisepass, darunter auch die mutmassliche Täterin. Die Gruppe bewohnte verschiedene Zimmer im siebten und im fünften Stock.
Schulden als Tatmotiv?
Die thailändische Zeitung "Khaosod" berichtete unter Berufung auf die Behörden, die mutmassliche Täterin habe zuvor ein Ehepaar aus der Gruppe überredet, in den Bau eines Krankenhauses in Japan zu investieren. Jedoch habe das Paar dabei umgerechnet rund 250.000 Euro verloren – und die 56-Jährige seither immer wieder aufgefordert, für den Verlust aufzukommen.
Schliesslich sollen beide Parteien vereinbart haben, sich für eine Aussprache in Japan zu treffen. Wegen Visaproblemen sei die Gruppe dann aber nach Thailand ausgewichen. (dpa/lag)
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