- Nach dem Absturz einer Seilbahn am Lago Maggiore sind laut italienischen Medienberichten drei Menschen festgenommen worden.
- Es handelt sich um Mitarbeiter der Betreiberfirma - darunter den Chef. Ihnen wird vorgeworfen an den Notbremsen manipuliert zu haben.
- Bei dem Seilbahn-Unglück waren am Sonntag 14 Menschen um Leben gekommen. Nur ein kleiner Junge überlebte.
Nach dem verheerenden Seilbahn-Unglück in Italien mit 14 Toten sind laut italienischen Medien drei Männer festgenommen worden. Sie sollen für eine absichtliche Abschaltung des Notbremssystems verantwortlich sein.
Bei den Verdächtigen handele es sich um den Chef und zwei weitere hochrangige Vertreter der Seilbahn-Betreiberfirma Ferrovie del Mottarone, teilte die italienische Polizei mit. Ermittler hätten festgestellt, dass ein Sicherheitsbremssystem "manipuliert" worden sei, um Verspätungen des Seilbahnbetriebs zu vermeiden, zitierte Ansa die ermittelnde Staatsanwältin Olimpia Bossi.
Geständnisse: Notbremse war absichtlich ausgeschaltet worden
"Es gab eine Störung an der Seilbahn, das Beförderungsteam hat das Problem nicht oder nur teilweise gelöst", sagte Carabinieri-Vertreter Alberto Cicognani nach Angaben italienischer Nachrichtenagenturen dem Sender Radiotre. "Um die Verbindung nicht zu unterbrechen, entschieden sie sich, die 'Gabel', die verhindert, dass die Notbremse in Kraft tritt, an Ort und Stelle zu lassen."
Firmenchef Gabriele Tadini und die anderen beiden Festgenommenen gaben nach Cicognanis Angaben zu, dass die Notbremse absichtlich ausgeschaltet worden war. Staatsanwältin Olimpia Bossi sagte italienischen Medien zufolge, die Beschuldigten hätten gewusst, dass dies seit dem 26. April, dem Tag der Wiederaufnahme des Seilbahnbetriebs, der Fall gewesen sei. Die Ausschaltung des Notbremssystems sei in der Überzeugung beschlossen worden, "dass das Kabel niemals reissen würde".
Carabinieri: Trümmer belegen, dass das Notbremssystem manipuliert war
Am Dienstag hatten die Carabinieri mehrere Menschen verhört und die vor Ort gefundenen Trümmer untersucht. Daraus ging hervor, dass "das Notbremssystem der abgestürzten Kabine manipuliert worden war", und dass die "Gabel", die Vorrichtung zur Deaktivierung der Bremse, eingesteckt worden war.
Laut den Ermittlern handelte es sich um einen "bewusst durchgeführten Akt", um "Unterbrechungen und das Anhalten der Seilbahn zu vermeiden", während "die Anlage Anomalien aufwies, die einen radikaleren Eingriff mit einem konsequenten Anhalten" der Anlage erfordert hätten. Laut Staatsanwaltschaft waren technische Eingriffe "angefordert und durchgeführt worden", darunter einer am 3. Mai, aber "sie haben das Problem nicht gelöst".
Die Staatsanwaltschaft hatte am Dienstag das Video einer Überwachungskamera beschlagnahmt, das den Unfall zeigt. Darauf sei zu sehen, wie sich die Gondel am Sonntag kurz vor der Bergstation am Monte Mottarone westlich des Lago Maggiore befunden habe, als plötzlich ein Seil riss und die Kabine talwärts abstürzte, hiess es.
14 Menschen kamen ums Leben bei Seilbahn-Unglück - Italien bangt um Jungen
Bei dem Absturz einer Seilbahn am Lago Maggiore waren am Sonntag 14 Menschen ums Leben gekommen. 13 Menschen - Italiener und eine israelische Familie - starben noch an der Unfallstelle. Zwei schwer verletzte Kinder wurden per Rettungshubschrauber in eine Klinik in Turin geflogen, wobei eines noch am Abend starb. Nur ein kleiner Junge, der bei dem Unglück seine Eltern verlor, überlebte. Um dessen Leben kämpfen die Ärzte weiter ohne Unterlass.
Am Mittwochmorgen hätten die Ärzte den Beatmungsschlauch entfernt, der Junge sei kurz bei Bewusstsein gewesen, sagte der Direktor des Krankenhauses am Mittwoch vor Journalisten. Dabei habe er auch kurz die Augen auf gemacht. Der Junge aus Israel habe aber noch unter dem Einfluss der Medikamente gestanden, erklärte der Direktor weiter. "Seine Tante und ein Psychologe waren bei ihm". In den kommenden Stunden solle er weiter aus dem künstlichen Koma aufwachen können.
Erst seit Samstag dürfen Seilbahnen in ganz Italien im Zuge von Lockerungen der Corona-Beschränkungen wieder Ausflügler transportieren. (ska/ank/mgb/dpa/AFP)
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