Nach dem Absturz der Oldtimer-Maschine Ju-52, bei dem alle 17 Passagiere und drei Besatzungsmitglieder ums Leben kamen, dürfte es einige Zeit dauern, bis die Unfallursache geklärt ist. Die als "Tante Ju" bekannte 79 Jahre alte Maschine war am Samstagabend auf dem Rückflug vom Tessin nach Dübendorf (ZH) in den Bündner Alpen abgestürzt.
Die Reise mit dem Nostalgieflieger endete auf tragische Weise an der Westflanke des Piz Segnas. Die Ju-52 prallte nahezu senkrecht und mit hoher Geschwindigkeit auf den Boden. Die Fundstelle des Wracks liegt auf 2540 Metern, rund 100 Höhenmeter unter der Krete nach Norden Richtung Kanton Glarus.
Bei den 17 Insassen der Maschine handelt es sich nach Angaben der Kantonspolizei Graubünden um sieben Paare aus den Kantonen Zürich, Thurgau, Luzern, Schwyz, Zug und Waadt sowie um ein Paar und dessen Sohn aus dem Bundesland Niederösterreich. Die drei Besatzungsmitglieder – zwei Piloten und eine Flugbegleiterin – stammen aus den Kantonen Thurgau und Zürich. Die Opfer waren zwischen 42 und 84 Jahre alt.
Unklare Unfallursache
Der Absturz stellt das bekannte Oldtimer-Flugzeug in den Fokus. Die Ju-52 hat keine Black Box wie etwa ein moderner Airliner an Bord. Deshalb ist die Untersuchungsbehörde vor allem auf die Analyse des Wracks und der drei Motoren sowie auf Augenzeugen des Absturzes angewiesen. Laut Daniel Knecht von der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) kann bisher lediglich ausgeschlossen werden, was Unfallursache war, nämlich eine Kollision mit einem anderen Flugzeug oder einem Hindernis wie einem Kabel. Ein Feuer habe es nach jetzigem Wissensstand nicht gegeben, auch sei die Maschine nicht in der Luft auseinandergebrochen, sagte Knecht gegenüber verschiedenen Medien.
"Sicheres Flugzeug"
Aviatikexperte Hansjörg Bürgi sagte gegenüber Schweizer Radio SRF, das Flugzeug sei trotz seines Alters von 80 Jahren noch sicher.
Die Nostalgie-Flieger würden intensiv gewartet und nur von professionellen Piloten geflogen. Laut Bürgi könnte die Hitze eine Rolle gespielt haben. Bei diesen Temperaturen sinke die Leistungsfähigkeit der Flugzeuge mit zunehmender Höhe. Aber die Piloten sollten eigentlich damit umgehen können.
Nach ersten Erkenntnissen ist die Maschine senkrecht abgestürzt. Das deute darauf hin, dass das Flugzeug einen Strömungsabriss, einen sogenannten "Stall", erlitten habe. "Die Geschwindigkeit war zu gering, um weiterzufliegen und das Flugzeug fällt senkrecht zu Boden", spekuliert Bürgi.
Fliegende Legende
Die Ju-52 ist eine Legende der Luftfahrtsgeschichte, sowohl in Krieg wie in Frieden. Seit ihrem Erstflug 1932 hat sie viele Spitznamen erhalten wie "Tante Ju", "Emma", "Pablo" oder "Iron Annie". Laut der Zeitung "Tages-Anzeiger" wurde sie im Zweiten Weltkrieg zunächst auch als Bomber eingesetzt. Gemäss mehreren Dokumentationen deutscher Medien waren 1939 Ju-52-Flugzeuge zum Beispiel an der Bombardierung Warschaus beteiligt. Weil sie nicht schnell genug waren, wurden sie später aber ausschliesslich als Transportflugzeuge eingesetzt. Die Ju-52 gelte als ungewöhnlich robust, zudem könne sie auf kurzen Pisten starten und landen, schreibt die Zeitung.
Die Schweizer Armee habe 1939 bei den Deutschen drei Modelle dieses Flugzeugs bestellt. Die Schweizer Luftwaffe habe sie danach als sogenannt fliegende Hörsäle bei der Beobachterausbildung eingesetzt. Die drei Schweizer Maschinen hätten bis 1981 im militärischen Dienst gestanden.
"In den Jahren danach wurden die drei fliegenden 'Tanten' durch den Verein Ju-Air übernommen, den Aviatikfreunde 1982 gegründet hatten. Unter dem Motto 'Flieg weiter, Ju-52' waren bei einer Sammelaktion schweizweit Spenden von 600'000 Franken zusammengekommen, um die Überführung in den zivilen Flugbetrieb zu ermöglichen", so der Tages-Anzeiger. Ju-Air sei zunächst nur mit zwei Flugzeugen gestartet, doch weil die Nachfrage nach Nostalgieflügen grösser gewesen sei als erwartet, habe der Verein 1985 auch die dritte Ju-52 gekauft. Dabei handelte es sich um das Flugzeug mit dem Kennzeichen HBHOT, das am Samstag abgestürzt ist.
Absturz eines Kleinflugzeugs im Kanton Nidwalden
Bei Hergiswil (NW) stürzte ebenfalls am Samstag ein Kleinflugzeug ab. Dabei kam eine vierköpfige Familie ums Leben. Als Folge des Unglücks fing das bewaldete Absturzgebiet Feuer. Rettungsdienste und Löschhelikopter waren im Grosseinsatz.
swissinfo.ch (psi) © swissinfo.ch
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