Seit ihrem tragischen Unfall am 26. Juni wird die Olympiasiegerin im Bahnradsport, Kristina Vogel, im Umfall-Krankenhaus in Marzahn behandelt. Am Freitag tritt die Querschnittsgelähmte die Heimreise nach Erfurt an.

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Aufbruchstimmung. "Es sieht chaotisch aus", beschreibt Kristina Vogel den Zustand ihres Zimmers auf der Station E1 im Berliner Unfall-Krankenhaus Marzahn (UKB) vor dem Auszug. "Es reicht jetzt langsam. Ich war sechs Monate im Krankenhaus. Ich freue mich auf so Kleinigkeiten, wie das eigene Bad, mal etwas kochen oder ein wenig Ruhe", sagte die querschnittsgelähmte Olympiasiegerin im Bahnradsport, die seit ihrem tragischen Unfall auf der Betonpiste von Cottbus am 26. Juni im UKB behandelt wird. Eines ihrer konkreten Ziele für 2019: "Einen Spaghetti-Topf vom Herd nehmen, ohne die Spaghetti in der Hand zu haben. Ich muss so stabil werden, dass ich den Alltag bestreiten kann."

Am Freitag tritt Kristina Vogel die Heimreise nach Erfurt an und wird sich 2019 nur noch stationär in der Reha bei den Spezialisten in Marzahn schinden. Dort profitierte sie vor allem vom Know-how Bodo Heidemanns, dem Trainer der Paralympics-Siegerin Marianne Buggenhagen. Im neuen Jahr will sie dann bei ihrem Lebenspartner und Berufskollegen Michael Seidenbecher wohnen, der ebenfalls bei der Bundespolizei beschäftigt, und bis September 2019 in der Sportschule Kienbaum stationiert ist.

Umbau ihres Hauses ist noch nicht fertig

Die ehemalige Ausnahme-Athletin freut sich jetzt auf Weihnachten in den eigenen vier Wänden mit der Familie und ihrem Freund ("Wir sind seit 13,5 Jahre ein Paar"). Der Umbau ihres Hauses ist noch im Gange. "Es geht auch um Fahrstühle und so weiter. Michael trägt mich momentan immer hoch ins Schlafzimmer. Da muss ich mit meinem Gewicht und dem Süssigkeiten-Konsum aufpassen". Ihre Wünsche zum Fest sind ganz banal: Zum Beispiel ein Rollkoffer mit vier Rädern und - perspektivisch - ein Therapiehund. Dressur-Olympiasiegerin Ingrid Klimke hat sie zu einem Ausritt eingeladen.

Kristina Vogel will auch in den Dienst bei der Bundespolizei zurückkehren. "Aber natürlich nicht im Streifendienst. Ich kann auch operative Sachen machen. Was Observation und Fahndung betrifft, bin ich wohl verbrannt. Ich denke, man würde mich erkennen", scherzte sie.

"Ich will meine Story erzählen"

Hohes Tempo war als Sportlerin immer ihre Maxime. Ebenso schnell scheint sie sich auch mit ihrem Schicksalsschlag arrangiert zu haben, wozu andere in ihrer Lage oft quälende Jahre brauchen. Die Erfurterin ist mit ihrer Verletzung und den Folgen offen umgegangen und glänzt wie zum Beleg mit flotten Sprüchen. "Ich will raus, meine Story erzählen, die Leute motivieren und auf der Reise mitnehmen", sagte Vogel, für die die bei der Wahl zum "Sportler des Jahres" vor ihr platzierte Wimbledon-Siegerin Angelique Kerber einfühlsame Worte der Bewunderung fand.

Mit der angekündigten Planung ihres Familienzuwachses hat es bei Vogel noch Zeit, "nicht morgen und nicht übermorgen", sagte die 28-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. "Ich muss erst einmal ankommen, mit mir und auch mit der Behinderung klarkommen. Fakt ist, es funktioniert auch auf natürlichem Weg. Wir müssen dann sehen, wie die Geburt stattfindet."

Täglich festes Programm

In der Reha hatte sie täglich ein festes Programm von 10.00 bis 16.00 Uhr: Schwimmbad, Krafttraining, Bogenschiessen, Rollstuhl-Fahrtraining, Physiotherapie. "Zwischendurch muss ich mich um Anträge kümmern. Ich musste meinem Lebensgefährten und meinem Manager einen Stundenplan schicken, wann ich überhaupt erreichbar bin".

Eine "Fahrüberprüfung" mit einem speziell ausgerüsteten Fahrzeug hat sie mit Erfolg abgelegt. Sie wartet auf ihren neuen Smart und hat keine Angst vor dem Einparken: "Ich habe den Vorteil, dass ich auf dem Behindertenparkplatz grosse Parklücken habe."

Was macht ihr Angst, wenn sie jetzt "in die richtige Welt" (Vogel) ohne medizinische Vollzeit-Überwachung entlassen wird? "Die Fünf-Jahrespläne sind weg. Da lachen mich alle aus - auch meine Schwester, die mit Behinderten arbeitet", erzählt Vogel. "Ich bin jemand, der klassisch überversichert ist. Und jetzt habe ich nur eine grobe Planung für das nächste halbe Jahr - das ist verrückt."

(dpa/af)

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