Eine Psychiaterin ist unsicher, wie viel Glaubwürdigkeit hinter Tränen des verurteilten Rechtsterroristen Anders Behring Breivik bei einem Gerichtsverfahren in Norwegen steckt. Der Utøya-Attentäter hatte bei seiner Aussage im Zeugenstand in dieser Woche geweint, wie Bilder norwegischer Medien vor Ort zeigten. Für die Psychiaterin Janne Gudim Hermansen kam dies komplett unerwartet, wie sie der Nachrichtenagentur NTB zufolge am Donnerstag vor Gericht aussagte. Sie habe Breivik so noch nie zuvor gesehen - noch nie habe sie ihn weinen oder grössere Gefühle zeigen sehen, sagte sie demnach.
Breivik hatte am 22. Juli 2011 eine Autobombe im Osloer Regierungsviertel gezündet und im Anschluss auf der Insel Utøya ein Massaker unter Teilnehmern eines Sommerlager der Jugendorganisation der sozialdemokratischen Arbeiterpartei angerichtet. Insgesamt 77 Menschen wurden bei den Terroranschlägen getötet, die als die mit Abstand schlimmsten Gewalttaten der norwegischen Nachkriegszeit gelten. Breivik war 2012 zur damaligen Höchststrafe von 21 Jahren Sicherheitsverwahrung mit einer Mindestdauer von zehn Jahren verurteilt worden.
Hermansen ist Breiviks Psychiaterin und Gesprächspartnerin gewesen, seit dieser 2022 ins Gefängnis Ringerike verlegt worden ist. In der provisorisch zum Gerichtssaal umfunktionierten Turnhalle der Haftanstalt läuft seit Montag ein Verfahren zu einer erneuten Klage von Breivik. Vor Gericht soll zum zweiten Mal nach 2017 Stellung dazu bezogen werden, ob der norwegische Staat bei Breiviks Haftbedingungen wie von ihm angeführt gegen seine Menschenrechte verstösst.
Breivik hatte dazu am Dienstag teils mit brechender Stimme ausgesagt und geweint. Er sagte, er fühle sich wie ein Tier behandelt, sei tief deprimiert und halte das Leben nicht mehr für lebenswert. Dies könne seine Art gewesen sein, seine Verzweiflung zu zeigen, sagte Hermansen dazu. Sie sei aber nicht sicher, wie glaubwürdig dies gewesen sei. © dpa
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